Das Tumor-Kachexie-Syndrom stellt eine häufige Begleiterscheinung maligner tumoröser Erkrankungen dar, verschlechtert deren Prognose zusätzlich und führt bei bis zu 22% der Patienten zum Tode. Bislang bestehende therapeutische Strategien sind keineswegs befriedigend, ebenso wenig wie die neueren Therapieansätze. Klinische Studien an herzinsuffi-zienten Patienten mit kardialer Kachexie zeigten, dass der Einsatz des β-Blockers Bisoprolol einen positiven Einfluss auf die Gewichtsentwicklung genommen hat. Auch der Wachstumsfaktor IGF-1, ein Mediator des Wachstumshormons (GH), wird nicht nur aufgrund seiner anabolen Eigenschaften als ein möglicher Bestandteil bei der Therapie der Tumor-Kachexie in Betracht gezogen. Der erste Teil dieser Studie war darauf ausgerichtet, die effektive Dosis der beiden Monotherapien (Bisoprolol: 5 mg/kg/d oder 50 mg/kg/d bzw. IGF-1: 0,3 mg/kg/d oder 3 mg/kg/d) zu ermitteln. In der zweiten Phase des Versuchs ist die kombinierte Gabe von jeweils 75% und 25% der effektiven Dosierungen von Bisoprolol und IGF-1 untersucht worden. Ziel dieser Studie war es, den Einfluss von Bisoprolol und IGF-1 einzeln und im Zusammenwirken miteinander bei tumortragenden Ratten auf die nachfolgend aufgelisteten Kriterien herauszuarbeiten: · Mortalität · Gewichtsverlauf, Körperzusammensetzung, Organgewicht · spontane Aktivität, Futteraufnahme · Herzfunktion Dazu wurden in dieser randomisierten Doppelblindstudie 105 männlichen Wistar- Ratten 108 Zellen des AH-130 Yoshida Hepatoms (=Tumortiere, n=97) bzw. eine entsprechende Menge physiologischer Kochsalzlösung (=Shamtiere, n=8) intraperitoneal appliziert. Alle zwei Tage wurde das Körpergewicht bestimmt und Daten zur Körperzusammensetzung erhoben. Die Aufzeichnung der spontanen Aktivität sowie der Futteraufnahme über einen Zeitraum von 24 Stunden erfolgte sowohl zwei Tage vor, als auch zehn Tage nach Inokulation der Tumorzellen resp. Kochsalzlösung. Die Messung funktionaler Herzparameter im Rahmen der echo-kardiographischen Untersuchung fand an Tag 0 und Tag 11 des Versuchs statt. Die Therapie entsprechend der Gruppenzuteilung mit den jeweiligen Medikamenten bzw. einem Scheinmedikament (Placebo) begann 24 Stunden nach Applikation der Tumorzellen resp. Kochsalzlösung und erfolgte einmal täglich. An Tag 16, dem letzten Tag des Versuchsprotokolls, wurden alle, auch die nicht terminal kranken Tiere getötet. Der Vergleich der Shamgruppe mit der Placebo-Tumorgruppe brachte eindeutig die Kachexie- erzeugende Wirkung des angewandten Tumormodells hervor und ermöglichte somit eine Feststellung vorhandener anti-kachektischer Effekte der eingesetzten Medikamente. Weder die Monotherapien, noch deren Kombinationen miteinander hatten einen begünstigenden oder hemmenden Einfluss auf die Eigenschaften des Tumors (Zellzahl, Volumen). Bezug nehmend auf die Entwicklung der Körperzusammensetzung und damit die Gewichtsentwicklung erzeugte die Behandlung mit Bisoprolol den größten antikachektischen Effekt, gefolgt von der Gruppe der Kombination 75%, bei der sich im Gegensatz zur Gruppe der Kombination 25% eine positive Dosis-Wirkungs- Beziehung andeutete. Die alleinige Behandlung mit IGF-1 vermochte es nicht der Tumor-Kachexie besser entgegen zu wirken, verglichen mit der Gruppe der höher dosierten Kombination, wohl aber im Vergleich zur Gruppe der Kombination 25%. Die tumorinduzierte Anorexie wurde unter der Behandlung mit Bisoprolol und wenngleich etwas schwächer, durch IGF-1 am deutlichsten abgemildert. Auch der Aktivitätsrückgang war in diesen Gruppen am geringsten ausgeprägt. Die Kombinationen der beiden Monotherapien waren im Vergleich dazu nicht so erfolgreich, obwohl die Unterschiede diesbezüglich nicht signifikant ausfielen. Die Ejektions- und Verkürzungsfraktion spiegeln die Verbesserung der Herzfunktion durch die Gabe von IGF-1 wider, auch wenn keine Signifikanz gegenüber den verbleibenden Versuchsgruppen zustande kam. Nachfolgend zeigte sich die Gruppe der niedrigen Kombinationsbehandlung bezüglich der Herzfunktionsparameter der Bisoprololgruppe und der Gruppe der Kombination 75% überlegen. Eine deutlich verbesserte Überlebensrate, verglichen mit der Placebogruppe, hatten die mit Bisoprolol behandelten Tiere. Auch unter der Behandlung mit der höher dosierten Kombination, IGF-1 und der Kombination 25% war die Mortalität reduziert, obwohl die Unterschiede nicht signifikant ausfielen. Der ausbleibende Erfolg bei der Erhaltung der fettfreien Masse und damit dem Körpergewicht seitens der IGF-1-Behandlung lässt sich möglicherweise mit der Tatsache erklären, dass rhIGF-1 nicht stabil genug ist, um ausreichend hohe Wirkspiegel zu erreichen. Eine Kombination aus rhIGF-1 und IGFBP-3 (SomatoKine®) könnte aufgrund der verlängerten Halbwertszeit die Einstellung eines höheren und beständigeren IGF-1- Serumspiegels ermöglichen. Auch die Konzentration im Gewebe könnte sich aufgrund der Stabilisierung durch den ternären Komplex und der damit reduzierten Clearance erhöhen. Die überraschend schlechten funktionellen Herzparameter der Bisoprololgruppe sind vermutlich auf die negativ chrono- und inotropen Eigenschaften des β-Blockers zurück zu führen. Mit großer Wahrscheinlichkeit benötigt es einige Monate bis eine Verbesserung der funktionellen Herzparameter zu sehen ist, wie klinische Langzeitstudien belegen, obwohl es bereits ab der ersten Behandlung mit Bisoprolol zu einer Absenkung der Herzfrequenz kommt. Generell ist zu sagen, dass die höher dosierte Kombination der beiden Monotherapien (75%) deutlich bessere Ergebnisse erzielte, verglichen mit der niedrigen Dosierung (25%), ohne dass von Synergien gesprochen werden kann.
The impact of bisoprolol and IGF-1 in particular as monotherapy as well as in combination on the development of body weight, body composition, spontaneous activity and cardiac function in a rat model of cancer cachexia Cachexia is a frequent co-morbidity of malignant cancers and drastically affects patients’ outcome. Up to 22% of the patients die as a results of cachexia. So far, existing as well as experimental therapeutic strategies are not satisfactory. Studies in a sub-group of chronic heart failure patients with cardiac cachexia showed that the application of the β-blocker bisoprolol positively influenced body weight development. The growth factor IGF-1, mediator of growth hormone (GH) and an anabolically active messenger has been taken into consideration as one possible component of cancer-cachexia treatment. The first part of this study was desingned to find out the more effective dosage of both mono- therapies (bisoprolol: 5 mg/kg/d or 50 mg/kg/d resp. IGF-1: 0,3 mg/kg/d or 3 mg/kg/d). In the second part of the study the combined administration of respectively 75% and 25% of the more effective dosage of bisoprolol and IGF-1 was analyzed. In this study, the impact of bisoprolol and IGF-1 in particular as mono-therapy as well as in combination on the following endpoints were assessed in a rat model of severe cancer cachexia: · mortality · body weight development, body composition, organ weight · spontaneous activity, food intake · cardiac function For that purpose male Wistar 105 rats were inoculated with 108 AH-130 tumor cells (=tumor, n=97) resp. saline solution (=sham, n=8) into the peritoneal cavity. The study was performed in a randomized double-blind fashion. Every other day, rats were weighed and body composition data were assessed. Spontaneous activity and food intake were documented two days before as well as ten days after inoculation of tumor cells resp. saline solution over a period of 24 hours. The measurement of cardiac function by echocardiography was performed on day 0 and 11 of the study. Twenty four hours after inoculation of the tumor cells resp. saline solution, daily treatment with the corresponding compounds resp. placebo was started. Animals were killed either on day 16 (maximum duration of the protocol) or prematurely if ethical endpoints were met. The comparison between the sham group and the tumor-bearing untreated animals clearly displayed the cachexia-inducing impact of the tumor-model, hence, it is suitable for the detection of anti-cachectic effects of the used drugs. Neither mono-therapy nor combination-therapy had any impact on the characteristics of the tumor (cell number, volume). With regard to body weight and composition, the treatment with bisoprolol displayed the best anti-cachectic effect, followed by the group receiving a combination of 75% of the most effective single treatments. This group suggested a positive dose-effectrelationship compared to the group receiving a combination of 25% of the most effective single treatments. IGF-1 mono-therapy was not able to counteract tumorcachexia better than the group receiving high dose combination, but the group receiving low dose combination. The cancer-induced anorexia was most efficiently attenuated by the treatment with bisoprolol, followed by treatment with IGF-1. Also, the activity-level was best preserved in these groups. The combination of both drugs was not successful although there were no significant differences to respective mono-therapies. An improved ejection fraction and fractional shortening reflect the enhancement of cardiac function by treatment with IGF-1, although it did not reach significance. Subsequently the low dose combination appeared superior with regard to cardiac function compared to the groups treated with bisoprolol and the high dose combination. The animals treated with bisoprolol demonstrated a significantly improved survival rate in comparison to the tumor-bearing untreated animals. The mortality also reduced under the treatment with the high dose combination, IGF-1 and the low dose combination, but did not reach significance. Perhaps, the treatment failure of IGF-1 on body weight and particularly lean mass can be explained by the fact that rhIGF-1 was not stable enough to achieve effective levels. A combination of rhIGF-1 and IGFBP-3 (SomatoKine®) could adjust superior and constant IGF-1 levels because of the prolonged half life. The concentration in the tissue could also be increased because of the stabilization by the ternary complex and therefore the reduced clearance. The negative chrono-and inotropic properties are most likely responsible for the poorer functional parameters of the bisoprolol-treated group in the present study. Perhaps some months under treatment are needed until an improved cardiac function becomes apparent, as shown in clinical long-term studies, although heart rate reduction is noticed from the first application of bisoprolol. The combination of both drugs did not lead to synergistic effects, although the high dose combination was more effective than the low dose combination, but failed to show an improvement compared to bisoprolol. Further studies on dosing are needed, if IGF-1 alone or in combination with bisoprolol are to be considered a therapy option for cancer cachexia.