Das Ziel der vorliegenden Arbeit bestand in der Offenlegung von Differenzen zwischen ost- und westdeutschen Wöchnerinnen hinsichtlich ihrer Lebenssituation. Hintergrund war die Verschmelzung zweier Gesellschaften im Zuge der Wiedervereinigung, die sich in ihren Einstellungen und Traditionen stark voneinander unterschieden. Es wurden daher zunächst die Unterschiede in der Familien- und Sozialpolitik beider deutschen Staaten vor der Wiedervereinigung aufgezeigt und auch die Neuerungen für die ostdeutschen Frauen im Zuge des Gesellschaftswandels näher beleuchtet. Die mitunter beträchtlichen Unterschiede im generativen Verhalten im Osten und Westen Deutschlands sind daraufhin ausführlich nachgezeichnet worden. Die sich aus den Rahmenbedingungen ergebenden Differenzen in den Einstellungsmustern wurden detailliert dargestellt. Weiterhin ist auf theoretischer Ebene beschrieben worden, welche mikro- und makrostrukturellen Faktoren die Realisierung eines Kinderwunsches bedingen. Anhand der Kinderwunschstudie von 1998 bis 2000 wurden die Differenzen empirisch getestet. Die Ergebnisse dieser Arbeit zeigen, dass die Einstellungen hinsichtlich der Familienleitbilder, der Vereinbarkeit von Mutterschaft und Berufstätigkeit oder des Kinderwunsches unterschiedlich gesehen werden. Diese Differenzen können mit den unterschiedlichen Kindheitserfahrungen erklärt werden, die heutige potenzielle Mütter erfahren haben. So favorisierte die Familienund Sozialpolitik der früheren Bundesrepublik eher die Hausfrauen- und Versorgerehe mit allein verdienendem Ehemann und nichterwerbstätiger Ehefrau. In der ehemaligen DDR dagegen zielte die Familien- und Sozialpolitik vielmehr auf die Förderung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Als Folge dieser differenzierten Familienleitbilder entstanden Unterschiede im generativen Verhalten, die sich bis heute nicht angeglichen haben. So ist in der Kinderwunschstudie eine Altersverteilung der Geburten nachweisbar, die im Osten Deutschlands mit 27,6 Jahren weitaus jünger ausgeprägt ist als im Westen Deutschlands mit 30,2 Jahren. In den neuen Bundesländern sind mehr Wöchnerinnen der Meinung, dass Berufstätigkeit und Mutterschaft leicht miteinander vereinbar sind als in den alten Bundesländern. Die Zufriedenheit mit dem Lebensstandard unterschied sich ebenso in beiden Teilen Deutschlands. Während ca. 82% der Wöchnerinnen in den alten Bundesländern insgesamt mit ihrem derzeitigen Lebensstandard zufrieden sind, sind dies in den neuen Bundesländern nur rund 72%. Aufgeschlüsselt nach der Kinderzahl steigt der Anteil der Unzufriedenen mit der Anzahl der Kinder beträchtlich an, in Ostdeutschland stärker als in Westdeutschland. Hinsichtlich der Zufriedenheit mit den Möglichkeiten der Kinderbetreuung sind kurioserweise kaum Unterschiede anzutreffen. In den alten Bundesländern sind 57% mit dem Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen eher zufrieden, in den neuen Bundesländern dagegen nur 55%. Diese Ergebnisse überraschen, da der Versorgungsgrad an Kinderbetreuungseinrichtungen sich im Ostteil Deutschlands auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung auf einem weitaus höheren Niveau befindet als im Westteil Deutschlands. Diese Einstellungsdifferenzen sind 73 erklärbar mit den unterschiedlichen sozial- und familienpolitischen Regelungen beider deutschen Staaten. Da die Möglichkeiten der Kinderbetreuung in den neuen Bundesländern sich im Vergleich zu der Zeit vor der Wende eher verschlechterten, ist eine Unzufriedenheit leicht nachzuvollziehen. Im Westteil Deutschlands sind die Möglichkeiten der Kinderbetreuung auf einem geringen Niveau stetig gestiegen. Somit ist eine Zufriedenheit trotz niedrigem Niveau verständlich. Insgesamt kann zusammengefasst werden, dass auch 15 Jahre nach der Wiedervereinigung beider deutschen Staaten immer noch Unterschiede in den Einstellungen hinsichtlich der Familienleitbilder ebenso wie in den Rahmenbedingungen existieren. Es ist zwar zu einer Annäherung des ostdeutschen generativen Verhaltens an westdeutsche Verhaltensmuster gekommen. Von einer Angleichung kann aber längst noch keine Rede sein. Vor allem in den Einstellungen hinsichtlich der Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Beruf und Familie sind weiterhin Differenzen zwischen den alten und neuen Bundesländern auszumachen, was unter anderem mit den immer noch unterschiedlichen Möglichkeiten der Ganztagesbetreuung von Klein- und Kleinstkindern zu erklären ist
In the course of the German Unification, two societies, which differed highly in their attitudes and traditions, merged into one. To investigate the differences in living conditions and personal circumstances, resulting from that background for East and West German women in childbed, was the aim of the dissertation. Therefore, initially the differences of the family and social policies of the former two German states were pointed out. Following, innovations for East German women in the course of the social change were elaborated. The partially substantial differences in the generative behaviour in East and West Germany were hereupon traced comprehensively. Those differences of attitudes, which arise from the different socio-political conditions, were presented in detail. Furthermore it is described which micro- and macrostructural factors are important for parents when deciding to have children. On the basis of the Kinderwunsch -study (study about peoples wish to have children) from 1998 to 2000, the existing differences were empirically tested. The results of the dissertation show that the attitudes towards family models (e.g. the wish to have children, how to combine motherhood and job) differ significantly. This is explained by the different experiences which were made by today s potential mothers when being a child themselves. The family and social policies of the former Bundesrepublik, for instance, rather favoured a family model featuring the employed husband earning a living for his unemployed housewife. On the contrary, the family and social policy in the former GDR rather aimed at encouraging women to have children while at the same time being employed. As a consequence of this different family models, differences in the generative behaviour emerged which are still present. For instance, in the Kinderwunsch -study, the average maternal age of East German women was much lower than that of West German mothers (East: 27.6 years; West: 30.2 years). In the East German states, more mothers of newborns than in the West German states believe that professional activity and motherhood are easily combinable. Likewise, the contentment of mothers with the standard of living differed in the two parts of Germany. Whereas approx. 82 % of the mothers in the West German states are generally content with their present standard of living, in the East German states there are only about 72 %. The number of discontent women correlates positively with the number of children they have. This effect is stronger in East Germany then in West Germany. Curiously enough, regarding the contentment with the supply of day-care facilities, there are little differences present. In the East German states are 57% rather content with the supply of day-care facilities, in the West German states, on the other hand, 55%. These findings surprise because day- care facilities are still by far better established in the Eastern part than in the Western part of Germany, even 15 years after the German Unification. These attitudes can be explained by the different family and socio-political regulations of the two German states. Since the day-care facility supply in the East German states has rather worsened compared to the time before the German Unification, a discontentment is easy to understand. In the Western part of Germany, day-care facilities are still limited but have increased steadily. This explains the contentment despite the low standard. Overall it can be summarised that different attitudes towards family models as well as the different underlying conditions still exist, even 15 years after the German Unification. The East German generative behaviour has converged to West German behaviour pattern. However, it is far from being identical. Particularly the different attitudes towards existing possibilities to combine work and family continue to be detectable which, among other reasons, can be explained by the still different day-care facility supply for toddlers and babies.