Das Leben im Kibbuz hat in den letzten 20-30 Jahren einen Wertewandel durchmachen müssen. In einer empirischen Untersuchung wurden die familialen uns individualistischen Werte und die Stellung der Frau unter dem Gesichtspunkt der Emanzipation untersucht. Um zu erfahren, wie es um die kibbuzischen Grundprinzipien hinsichtlich des Lebens der Familien und insbesondere der Frauen im Kibbuz steht, habe ich 1992 in zwei Kibbuzim Befragungen durchgeführt, die die Grundlage der vorliegenden Arbeit sind. Zunächst aber werden in einem theoretischen Teil die normativen Grundlagen des Kibbuz vorgestellt, dann die allgemeine Entwicklung des Kibbuz und schließlich die Entwicklung der Stellung von Frau und Familie im Kibbuz von den Anfängen bis heute dargestellt. Im empirischen Teil werden zuerst Hypothesen aufgestellt und die Struktur der für die Untersuchung ausgewählten Kibbuzim beschrieben. Anschließend werden die Untersuchungsverfahren erläutert und die Ergebnisse mit Blick auf die Hypothesen - ausgewertet. Das Grundprinzip der Kibbuzim der klassischen sozialistisch-kommunistischen Idee folgt der folgenden Maxime: Jeder nach seinen Fähigkeiten jedem nach seinem Bedürfnis. Das heißt, die ursprüngliche kibbuzische Idee stand unter einem starken Einfluss des Sozialismus auf die jüdischen Gemeinden in Europa, dessen Resultat die egalitären und kollektiven Prinzipien der Kibbuzgemeinschaft sind. Zweifellos war die Familie in der Frühzeit des Kibbuz den kollektivistisch-sozialistischen Lebensvorstellungen untergeordnet. Mit der Zeit trat jedoch das Verlangen insbesondere der jungen Mütter nach einer engeren Bindung zu den Kindern in den Vordergrund. Dadurch wurde der "Familialismus" gestärkt, nicht zuletzt durch die in der Kibbuzdiskussion heiß umstrittene - allmähliche Abwendung der Frauen von der Vorstellung, unbedingt gleichharte Arbeit wie die Männer leisten zu wollen. Man kann sagen, dass eine Gleichstellung der Geschlechter und Emanzipation der Frau im Kibbuz nicht gelungen ist. Diesen Tatbestand und vor allem seine Rückwirkung auf den Wertewandel bzw. -verfall im Kibbuz wird in der empirische Erhebung in ausgewählten Kibbuzim Givat Haim Ichud und Tuval, mit dem Ziel aufgezeigt, welche Veränderungen im kibbuzischen Leben sich insbesondere in Hinblick auf die Stellung und das Leben der Frauen und Familien ergeben haben. Die aufgezeigten Untersuchungsergebnisse zeigen, dass die Grundprinzipien trotz des starken Wandels immer noch anerkannt werden, dass aber erhebliche Bestrebungen bestehen diese Prinzipien anzupassen. Ob diese Anpassungen auf eine inhaltliche Aushöhlung hinauslaufen, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht abschließend beantworten. Der Prozess ist jedoch sehr weit fortgeschritten. Die kibbuzische Gemeinschaft wird aber in der überwiegenden Mehrheit von den Kibbuz-Mitgliedern noch immer als die "bessere Alternative" zu der sie umgebenden israelischen Gesellschaft empfunden.
The values governing life in the kibbutz have changed in the course of the past 20 to 30 years. An empirical study was conducted to examine how emancipation has affected family and individual values and also the situation of women within the kibbutz. In order to investigate what effect these changes have had on fundamental kibbutz principles in relation to family life and, in particular, the lives of women, I carried out surveys in two kibbutzim in 1992 which form the basis of this study. The study commences with a theoretical section which first explains the normative bases of kibbutz life. It then examines the general development of the kibbutz, looking finally at how the situation of women and the family has changed from the beginnings of the kibbutz movement up to the present day. The second, empirical section begins by positing hypotheses and describing the structure of the kibbutzim selected for the study. It then explains the investigation procedures used and evaluates the findings with reference to these hypotheses. The classical kibbutz, based on socialist or communist ideas, is governed by the principle: from each according to his abilities, to each according to his needs. In other words, the original idea for the kibbutz clearly reflected the strong influence of socialism on Jewish communities in Europe, as is manifested by the egalitarian and collectivist principles of the kibbutz community. In the early days of the kibbutz the family was undoubtedly subordinate to collectivist and socialist notions of life. In the course of time, however, young mothers, in particular, started to demand a closer relationship with their children. This strengthened the importance of the family, not least because, controversially, women gradually started to move away from the idea of necessarily doing work that was as hard as that done by men. It has to be admitted that the kibbutz movement never brought about gender equality and the emancipation of women. This fact and, in particular, its impact on the change and decline in the values of the kibbutz is documented in the empirical survey carried out in the Givat Haim Ichud and Tival kibbutzim, thereby illustrating how kibbutz life has changed, particularly with reference to the situation and life of women and families. The findings of the study reveal that however much the kibbutz movement has changed, the fundamental principles are still recognised today, although considerable efforts are being made to modify them. It is too early to be certain whether these efforts will ultimately leave the kibbutz devoid of substance, but the process is clearly heading in that direction. The overwhelming majority of kibbutz members, nevertheless, believe that the kibbutz community continues to be a "better alternative" to mainstream Israeli society.