Zielstellung: Kinderwunschbehandlungen werden von Patientinnen und ihren Partnern als stressreich erlebt. In der vorliegenden Arbeit wurden psychologische Mechanismen analysiert, die dem Stressprozess bei Paaren in Kinderwunschbehandlung zugrunde liegen. Dazu wurde die Arbeit in den theoretischen Rahmen eines dyadischen (partnerschaftlichen) Stress- und Copingmodells und in die aktuellen Erkenntnisse der sozialen Unterstützungsforschung eingebettet. Methoden: Die Arbeit ist publikationsbasiert. Die Daten, die den Publikationen zugrunde lagen, wurden in einer längsschnittlichen Fragebogenbogenstudie erhoben. Die Stichprobengröße betrug in einer ersten Erhebungsphase N = 66 Paare und in einer zweiten N = 82 Paare. Beide Partner wurden zu 3 Messzeitpunkten zwischen der Follikelpunktion und dem ersten Schwangerschaftstest mit Hilfe von standardisierten Tests u.A. zu den Bereichen aktueller Affekt, depressive Symptome, stress-relevante Situationsbewertungen und partnerschaftliche Unterstützung befragt. Ergebnisse: Zur Entstehung partnerschaftlichen Stresses während der Behandlung wurden Hinweise auf eine Übertragung depressiver Symptome von den männlichen auf die weiblichen Partner gefunden, die durch die stressrelevanten Situationsbewertungen der Partnerinnen vermittelt wurde. Zur partnerschaftlichen Stressverarbeitung durch soziale Unterstützung wurden Assoziationen zwischen geleisteter sozialer Unterstützung und höherem Wohlbefinden des unterstützungsgebenden Partners gefunden. Der jeweilige Unterstützungserhalt hingegen war mit ausgeprägteren Stresssymptomen beim Empfänger verbunden, selbst wenn der gebende Partner die Stressbewertungen des Empfängers präzise einschätzte. Dahingegen zeigten sich direkte Assoziationen zwischen der Genauigkeit, mit der die Situationsbewertungen eines Partners vom anderen erfasst wurden, und Wohlbefindensmaßen des ersteren Partners. Diskussion: Für Paare in Kinderwunschbehandlung erwies sich ein dyadisches Stress- und Copingmodell als geeigneter Rahmen zur Vorhersage der Stressentwicklung. Die Befunde zur geschlechtsspezifischen Übertragung depressiver Symptome von Männern auf Frauen können erklärt werden durch unterschiedliche Bedingungen, auf die die Partner die depressiven Symptome des anderen Partners attribuieren. Eine generelle Empfehlung an Kinderwunschpaare, sich während der Behandlung verstärkt gegenseitig zu unterstützen, um den jeweils anderen Partner dadurch zu entlasten, kann durch die Befunde dieser Arbeit nicht fundiert werden. Dies kann von den behandelnden Ärztinnen und Ärzten und den Paaren bei der Inanspruchnahme eines psychosozialen Hilfs- und Beratungsangebot berücksichtigt werden.
Objective: Undergoing assisted reproduction treatment is a stressful experience for many female patients and their male partners. Psychological processes underlying the development of stress and coping had been analyzed in the present study. This analysis was embedded in the theoretical framework of a theory of dyadic coping and results of social support research. Method: The dissertation comprises publications based on data collected in a longitudinal study. In a first data collection wave N = 66 couples and in a second wave N = 82 couples filled in questionnaires at three measurement points. The standardized questionnaires tested affect, depressive symptoms, stress related appraisals and social support. Results: Results indicate a transmission of depressive symptoms from male to female partners only. This transmission was mediated by the female partner’s stress related appraisals. Furthermore associations between well-being and provided social support were solely found for the partner who provided support. The receipt of support however was associated with elevated stress symptoms in the support receiving partner. This association even existed when the providing partner accurately detected the receiving partner’s stress appraisals. However, direct associations between accurate appraisal detection of one partner and the well-being of the other partner were found. Discussion: A model of dyadic stress and coping proved to be an adequate framework for predicting onset and development of stress in couples undergoing assisted reproduction treatment. The results demonstrating gender differences in transmission of depressive symptoms may be explained by different attributions male and female participants made to their partner’s depressive symptoms. On the basis of this research no general recommendations to support each other during the treatment can be given to couples undergoing assisted reproduction treatment. Medical practitioners might take note of note this when counselling couples before or during treatment.