Thema dieser Untersuchung sind die pazifische Stachelauster Spondylus einerseits sowie Meeresschnecken der Gattung Strombus, die beide ein über Jahrtausende hinweg kontinuierliches Paraphernalium im Andenraum darstellen. Dieses findet sowohl Bestätigung im archäologischen Fundgut als auch anhand zahlreicher kolonialzeitlicher Aufzeichnungen und übermittelter Mythen aus vorspanischer Zeit. Aufgrund der Tatsache, dass in der Forschung erst in den letzten Jahrzehnten ein größeres Augenmerk auf beide Spezies gelegt wurde, existieren bislang nur wenige Untersuchungen bezüglich der Bedeutung der Mollusken im nordperuanischen Andenraum, insbesondere für die Zeiträume des ausgehenden Archaikums und dem Formativum (ca. 2400 – 100 v.Chr.). In dem Zusammenhang erörterte Themen beinhalteten überwiegend Fragen zur Herkunft und Gewinnung sowie damit in Verbindung stehende Aspekte wie Handel, Handelsrouten und Austauschmechanismen. Da beide Mollusken oftmals nicht genau spezifiziert wurden, beziehen sich vormalige archäologische Untersuchungen, die sich mit der Rolle von Spondylus und Strombus befassen, häufig nur auf bestimmte Textpassagen ausgesuchter Chronisten und/oder beispielhaft herangezogener archäologischer Funde, die räumlich begrenzt sind. Dies hat als Ergebnis, dass der Gebrauch von Spondylus und Strombus als unveränderbare Konstante sowohl räumlich als auch zeitlich dargestellt wurden und eine eingehende Untersuchung des Datenmaterials in der Gesamtheit nicht stattfand. Insofern beginnt die vorliegende Arbeit mit einer Vorstellung sämtlicher für den betreffenden Raum infrage kommender Spezies, gefolgt von einer Zusammenstellung von Hinweisen auf beide Mollusken, die aus frühen publizierten Aufzeichnungen entnommen sind. Diese Hinweise sind nach ihrem jeweiligen Kontext in Kategorien eingeteilt, beginnend mit ableitbaren und möglichen Definitionen aus verschiedenen Erklärungen, Wörterbüchern und kontextuellen Nennungen früher Aufzeichnungen. Dabei wird jede einzelne Textpassage untersucht, in ihrem Zusammenhang kommentiert und die Ergebnisse in Tabellenform festgehalten. Anhand der Summe der Überlieferungen war es möglich, die Ergebnisse in verschiedene Kategorien mit teilweise weiteren Unterkategorien zu klassifizieren und vorab generellen Fragestellungen bezüglich Gewinnung, Handel, Handelsrouten, Verarbeitung und Produktion, Arbeitseinsatz in Cusco, Tambos und Depots, Schifffahrt, Ortsbezeichnungen, Personennamen und Hinweisen zu unterziehen, die insbesondere für Spondylus die Nutzung als eine Art Währung vermuten lassen. Ebenso werden vor allem mit Hinsicht auf Spondylus die Wertschätzung und die Verwendung der Mollusken als Schmuck sowie der besondere Bezug zu Frauen herausgestellt. Im nächsten Schritt wird der Gebrauch von Spondylus in sakralen Kontexten untersucht, wozu in erster Linie Opferkontexte zählen, darüber hinaus aber auch Hinweise auf mögliche bestimmte Opferpriester sowie Zusammenhänge, die in Verbindung mit Heiligtümern, Götzen, Wahrsagerei, Beichte, Liebeszauber und Medizin stehen. Im Hinblick auf die genannten Kategorien ergibt sich für Strombusschnecken und daraus hergestellter Produkte eine andere Sachlage, die das wenig komplexe Bild der überwiegenden Nutzung als Musikinstrumente zeigt, welche offensichtlich zu bestimmten Anlässen und zum Teil wohl auch von offiziellen Personen gespielt wurden. Der zweite Schwerpunkt dieser Arbeit umfasst archäologische Funde und Befunde von Spondylus und Strombus aus der Zeit des ausgehenden Archaikums und dem Formativum. Dabei handelt es sich einerseits um ikonografische Darstellungen der Mollusken in Stein, Keramik, Knochen, Metall, Kalebassen, Textilien und Molluskenschale. In einer großen Zahl der Fälle stammen die Objekte aus nicht dokumentierten Raubgrabungen, zu denen keine oder nur vage Angaben existieren. Damit einhergehend werden aber auch wissenschaftlich dokumentierte Objekte aus archäologischen Untersuchungen mit einbezogen, welche in die Kategorien Grabfunde, Deponierung, Fußbodenstreuung, mögliche Werkstätten und Streufunde eingeordnet werden können. Diese Kategorien lassen sich wiederum in weitere Unterkategorien aufgliedern und beziehen sich beispielsweise auf die Art des Materials, der Fundlage oder auch den Verwendungszweck. In diesem Zusammenhang darf nicht unerwähnt bleiben, dass es auch in diesem Abschnitt zu Überschneidungen kommt und in zahlreichen Fällen mehrere Kategorien zutreffen können, da eine klare Trennung nicht immer möglich ist. Die Vorstellung aller Objekte erfolgt in Form von Katalogen mit anschließender Analyse und Festhalten der Ergebnisse in Tabellenform. Insgesamt wurde dabei versucht, eine anhand der Publikationslage möglichst umfassende Zusammenstellung vorzunehmen, jedoch kann generell kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben werden. Auch wenn archäologische und literarische Kontexte unterschiedlicher Art und zeitlicher Tiefe sind, ist es möglich, zahlreiche Parallelen herauszustellen. Hinsichtlich Spondylus sind beispielsweise eine überwiegende Verwendung als Schmuck, als Grabbeigabe sowie im Bereich von Opferungen, rituellen Kontexten und der starke Bezug zu Frauen ersichtlich. Auf der anderen Seite kann entgegen der weitverbreiteten Meinung, dass der Ausdruck „mullu“ gleichbedeutend mit Spondylus ist, nicht bestätigt werden. Vielmehr steht „mullu“ zusammen mit dem spanischen Ausdruck „chaquira“ eher als Synonym für Perlen verschiedenster Art und Materialien bzw. für Fertigprodukte, die vornehmlich als Kettenschmuck getragen wurden. Im Hinblick auf Strombus ergibt sich ein ähnliches Bild und zeigt, dass die Meeresschnecken anscheinend überwiegend als Musikinstrumente verwendet wurden, deren Nutzung offensichtlich bestimmten Personen oblag, welche möglicherweise mit gewissen Privilegien oder offiziellen Eigenschaften ausgestattet waren. Bei diesen Personen handelt es sich in der Regel um männliche Individuen, wobei jedoch teilweise Ausnahmen im Zusammenhang mit Funden aus Grabkontexten bestehen. Zusammenfassend kann insgesamt auch eine hohe Wertschätzung beider Mollusken konstatiert werden, was sich nicht nur auf spätere Zeiten bezieht, sondern auch für frühe Epochen nachvollziehbar ist. Ersichtlich ist dies sowohl aus den frühen spanischen Aufzeichnungen als auch aus den archäologischen Befunden des ausgehenden Archaikums und dem Formativum. Auf der anderen Seite konnten jedoch keine Hinweise darauf gefunden werden, die beispielsweise auf eine Nutzung von Spondylus als Bioindikator schließen lassen, um ein möglicherweise bevorstehendes ENSO-Phänomen vorherzusagen. Ebenso wenig ergab die Auswertung Hinweise darauf, dass der Verzehr von Spondylusmuscheln im Sinne einer Rauschdroge ausgeübt wurde und beispielsweise Schamanen die toxischen Substanzen in abgemilderter Form über den Urin eingenommen hätten. Abschließend muss gesagt werden, dass die vorliegende Arbeit darauf abzielte, eine nach Publikationslage möglichst umfassende Zusammenstellung literarischer, archäologischer und ikonografischer Kontexte zu erfassen und diese als Ganzes gewissen Fragestellungen zu unterwerfen, wobei der Anspruch auf Vollständigkeit nicht erhoben werden kann. Insofern bleiben zahlreiche Fragen offen bzw. haben sich neue ergeben, deren Beantwortung weiteren Untersuchungen obliegt, für welche diese Arbeit Anreize auf Grundlage einer größtmöglichen Datenbasis schaffen soll.
Subject of this research are the pacific spiny oyster Spondylus and marine snails of the genus Strombus, both constituting paraphernalia over a long temporal sequence of several millennia in the Andean region. This evidence is confirmed by archaeological findings as well as by numerous colonial notations and transmitted myths from prehispanic times. Due to the fact that research turned more attention to the animals quite in the last decades, only few studies do exist concerning the role of these mollusks in the northern Peruvian Andes, especially in late archaic and formative times (around 2400 – 100 B.C.). Discussed themes mostly comprehended questions about the origin and procurement of the animals as well as aspects of trade, trade routes and exchange mechanisms. Disregarding the fact that both mollusks frequently are not exactly specified, early archaeological research dealing with the role of Spondylus and Strombus in Peru predominantly rely on single text passages of chosen chroniclers and/or exemplified archaeological findings and are often spatially limited. As a result, the use of Spondylus and Strombus was pointed out as inalterable in space as well as in time, and that a more detailed examination of the data did not take place at large. Therefore, this paper first starts with a listing of all species of Spondylus and Strombus that can or could be considered for the respective area, followed by a compilation of hints of both mollusks, extracted from publications of early records. These references are arranged in categories according to their contexts, beginning with deducible and possible definitions gathered from different dictionaries, as well as contextual and explanatory notes from early records. In this aspect, every text passage is examined and commented within its context and the evaluated results are recorded in tables. Taking into all notes, it was possible to classify and arrange the contents into different categories with subcategories that first comprise general questions relating to procurement, trade, trade routes, manufacture and production, employment of labor in Cusco, tambos and storage, shipping, toponymy, personal names and indications for the use of Spondylus as a sort of currency. Additionally, and in particular with regard to Spondylus, the valuation and usage of the mollusks as jewelry or adornment, together with references to women are pointed out. The next step examines Spondylus in sacral contexts that cover different kinds of offerings, possible designated offering priests, sanctuaries, idols as well as relations with fortune-telling, confession, spell of love and medical application. In view of these categories, the situation for Strombus and finished products manufactured of the marine snails shows a different picture. All the indications concerning Strombus or possibly Strombus display a less complex picture and show that fighting-conchs mainly have been used as musical instruments, apparently played by official persons and for different purposes and occasions. The second focus of this work comprises archaeological findings and records of Spondylus and Strombus pertaining to late archaic and formative times. Included are on one hand objects with iconographic depictions of the mollusks, containing representations in stone, ceramic, bone, metal, gourd, textiles and shell. Along with these items, in some extent originating from illegal excavations without or poor documentation, this work examines also findings and records of scientific archaeological investigations which can be classified into the categories of burial findings, depots, scattering on ground floors, possible workshops and stray finds. These categories can be divided in further subdivisions that are relating e.g. to material, location or purpose of use. In this context it has to be pointed out that overlaps occur and a clear differentiation is not always possible. The presentation of all the items is carried out in form of catalogues with subsequent analysis and listing in tables. It was intended to provide a compilation as much as possible comprehensively but a claim for completeness cannot be demanded. Although archaeological and literary contexts are of different nature and chronological depth, it is possible to establish numerous parallels. With regard to Spondylus there is a predominant use as ornament or jewelry and in contexts of grave furniture, offering and in ritual contexts. At the same time, a certain reference to female persons is apparent. However, and in opposition to the widely held belief that Spondylus is synonymous with the term “mullu”, this equation cannot be accepted as tenable. The term together with the Spanish expression “chaquira” rather stands as a synonym for “pearls” that could also be of different kinds and materials and were primarily worn as chains. Referring to Strombus a similar situation can be pointed out and shows that the large marine snails evidently were used for the most part as musical instruments and obviously restricted to designated persons of higher standing, perhaps endowed with certain privileges or of official character. These persons mainly are male individuals with the exception of findings that partly could be discovered in grave-contexts. All in all, a high valuation of both mollusks can be stated, not only in later times but also for early periods. This is the case in early written documents and also visible in archaeological records concerning late archaic and formative ages. On the other hand, no indications could be found for example, that Spondylus could have served as a bioindicator in order to predict a forthcoming ENSO phenomenon. Neither do the results reveal any hint of the practice that Spondylus could have served as a possible hallucinogenic drug for shamans by means of a softened intake of the toxins through drinking urine. At the end, this work aimed at a compilation of literary, archaeological and iconographic contexts as extensive as possible to submit altogether to certain questions. It is also obvious that a claim for completeness cannot be stated. With simultaneous consideration of all the questions that keep unanswered and that have emerged newly, this work should provide an incentive to further explorations on the basis of a combined and as much as possible exhaustive data base.