In der vorliegenden Untersuchung wurde bei 1400 kieferorthopädisch unbehandel- ten Kindern/Jugendlichen im Alter von 5,5 bis 18 Jahren (12,7 ± 2,9 Jahre) eine manuelle Funktions- und Strukturanalyse (MFA/MSA) nach BUMANN und LOTZMANN (2000) durchgeführt. Die gewonnenen Daten wurden zunächst mit Methoden der deskriptiven Statistik analysiert und anschließend im Hinblick auf Zusammenhänge zum Alter, zur Dysgnathieform und zu weiteren okklusalen Pa- rametern ausgewertet. In der Gesamtgruppe aller Kinder/Jugendliche zeigten sich bei 6,4% der rechten und 7,0% der linken Kiefergelenke Knackgeräusche, als deren Ursachen mit Hilfe der weitergehenden MFA-Untersuchungen Diskushypermobilitäten und –verlagerungen und Kondylushypermobilitäten differenziert werden konnten. Durch Anwendung von Gelenkspieltechniken zeigte sich, dass von 285 Kindern mit Schmerzbefunden 96,1% Schmerzen mindestens im dorsolateralen und 84,2% im dorsokranialen Areal aufwiesen. Eine kompensierte Kapsulitis wurde insgesamt bei 11,0% (rechts) beziehungsweise 9,6% (links) der Kiefergelenke festgestellt. Eine dekompensierte Kapsulitis trat sieben Mal rechts (0,5%) und sechs Mal links (0,5%) auf. Eine unphysiologische dynamische Okklusion in dorsolateraler Rich-tung bestand bei 60,4% (rechts) beziehungsweise 58,9% (links) der Gelenke. Die Auftrennung der Kinder/Jugendliche in drei Altersgruppen (bis 10 Jahre, 11-13 Jahre, über 13 Jahre) belegte eine altersabhängige Zunahme der Befunde der manuellen Funktionsanalyse, so dass mit zunehmendem Alter auch der Anteil an Kindern mit gewebespezifischen Diagnosen anstieg. Dekompensierte Kapsulitiden traten ausschließlich in der Altersgruppe ab 13 Jahren auf. Diese Altersklasse war auch besonders häufig von Diskusverlagerungen, einer funktionellen Kapselhy- pomobilität und einer Sklerosierung des Lig. laterale betroffen. Eine statistische Auswertung zu Zusammenhängen zwischen Dysgnathie und Funktionsbefunden wurde durch eine schiefe Verteilung der Patienten innerhalb der Angle-Klassen erschwert (Angle-Klasse I: n = 640, Klasse II: n = 676, Klasse III: n = 84). Jedoch waren die Kinder/Jugendlichen mit einer Angle- Klasse II überproportional häufig von kompensierten Kapsulitiden und Diskusverlagerungen betroffen, und 12 der insgesamt 13 diagnostizierten dekompensierten Kapselentzündungen waren ebenfalls in Klasse II zu finden. Vorbehaltlich der nicht ausgeglichenen Patientenverteilung konnte kein spezifisches Dysfunktionsmuster für Patienten mit einer Angle-Klasse III aufgezeigt werden. Weitere okklusale Parameter waren besonders häufig mit bestimmten gewebe-spezifischen Diagnosen assoziiert: Patienten mit einem Distalbiss wiesen generell häufiger Störungen – besonders eine dekompensierte Kapsulitis – auf. Ein Mesi-albiss ging oft mit einer Diskushypermobilität einher, ein lateraler Kreuzbiss mit gleichseitiger kompensierter Kapsulitis, Mittellinienverschiebungen mit Verände-rungen auf der gleichgerichteten Seite und ein Overjet mit einer funktionellen Kapselhypomobilität. Die Häufigkeit von Funktionsstörungen stieg mit dem Aus-maß des Overjet und Overbite. Für einen Engstand konnte kein Zusammenhang zu bestimmten Störungen nachgewiesen werden. Mit Hilfe der manuellen Funktionsanalyse können vermutlich bisher unbekannte Zusammenhänge zwischen okklusalen Parametern und Dysfunktionen aufgedeckt werden, so dass die Durchführung weitergehender Studien zu diesem Themenkomplex sinnvoll erscheint. Die in der Literatur jedoch sogar mehrheitlich vertretene Auffassung, dass bei Kindern/Jugendlichen nur selten Symptome einer Funktionsstörung zu finden sind, lässt sich allerdings durch die Ergebnisse der Untersuchung nicht bestätigen. Vielmehr spricht einiges dafür, dass mit dem Abschluss des Wachstums die Adaptations- und Kompensationsfähigkeit des craniomandibulaeren Systems deutlich abnimmt und dadurch die Symptomhäufigkeit zunimmt. Um jeglichen Missverständnissen vorzubeugen, sei dargelegt, dass Symptome und Symptomhäufungen nicht mit dem Vollbild einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD bzw. TMD) gleichzusetzen sind. Es geht allerdings aus den Ergebnissen dieser Arbeit hervor, dass eine Untersuchung des Kiefergelenks und der mit seiner Funktion verbundenen Strukturen, mit Hilfe des standardisierten Verfahrens der manuellen Funktions- und Strukturanalyse nach Prof. Bumann (MFA/MSA), vor jeder kieferorthopädischen Intervention bei Kindern und Jugendlichen als unabdingbar erscheint.
In this study an examination of the temporomandibular joint of 1400 individuals, aged between 5,5 to 18 years, who had never been undergone any orthodontic treatment, took place according to the protocol of Manual Functional Analysis (MFA) developed by Prof. Dr. A. Bumann. The results were statistically analyzed and the intercourses regarding the age, the existing type of Angle's orthodontic classification and some other occlusal parameters, were evaluated. On 6,4 % of the right and 7,0% of the left TMJ's, clicking occurred during the ex-amination, of whom the aetiology, as occurred by the MFA protocol, was defined as hypermobility of the disc, disc displacement with reduction and condylar hy-permobility, among which differential diagnosis took action. After testing the TMJ of these children/adolescents it also arised, that from 285 children who mentioned feeling pain, 96,1% had to do with painful dorsolateral area of the billaminar zone and 84,2% with painful dorsocranial area of the retrodiscal tissue. A compensated capsulitis was observed on the whole to the 11% of the right and 9,6% of the left TMJ's. A decompansated capsulitis appeared altogether in 7 cases right (0,5%) and in 6 cases left (0,5%). A dynamic occlusion with a dorsolateral vector was ob- served in 60,4% on the right side and 58,9% on the left side. The discission of children/adolescents in 3 subgroups according to their age (till 10 years, 10-13 years, over 13 years) showed that the symptomatology of existing temporomandibular dysfunction was related to the age of the individuals, in order to have a progressive increase in symptomatology by raising the age of children. Decompansated capsulitis appeared exclusively and only in the subgroup of over 13 years old. Furthermore in this subgroup a disc displacement with reduction, a capsular hypomobility and a lateral ligament clicking was observed in a greater ratio. The statistical analysis to distinguish the relation between the existing Angle's classification and the finding of the TMJ examination is difficult, because of the asymmetric allocation, as far as it concerns the Angle Class III (Angle Class I:640, Class II:676, Class III:84). Though it emerged that children with Angle-Class III had rationally more compensated capsulitis and disc displacement with reduction findings, while 12 over 13 in total decompensated capsulitis appeared in individuals with Angle-Class II. Because of the unequal allocation of children, it was not possible to create a specific relation of TMJ findings to Angle-Class III. Further occlusal parameters were associated with specific TMJ findings: On pa-tients with a distal occlusion more TMJ dysfunction findings occurred, e.g. a de-compensated capsultis. A mesial occlusion was often associated with a disc hy-permobility; a lateral crossbite was related to an ipsilateral compensated capsu-litis. Midline discrepancies were associated with ipsilateral TMJ findings and a large overjet was related to a capsular hypomobility. The quantity of temporoman-dibular dysfunction findings were correlated to the amount of overjet and overbite, while no correlation could be found between crowding and TMD. The Manual Functional Analysis according to Prof. Bumann is a diagnostic tool with great significance for the diagnosis of temporomandibular dysfuction and its relation to occlusal parameters (static and dynamic). Further investigation is nec-essary to study all associations of TMD and existing occlusion.