Die vorliegende Arbeit sollte herausfinden, welche Rolle interne und externe Ressourcen für die energetische Herausforderung von Hochträchtigkeit und früher Hauptlaktationsphase für zwei europäische Wildwiederkäuer spielen, die eine ähnliche Körpergröße aber unterschiedliche Reproduktionsstrategien und Ernährungstypen unter saisonal schwankenden Umweltbedingungen aufweisen. Die Deuteriumoxid-Verdünnungsmethode (DVM) wurde angewendet, um sowohl Körperreserven als auch Milchaufnahmeraten bei dem Income Breeder und Browser Europäisches Reh (Capreolus capreolus) und dem Capital Breeder und Intermediate Feeder mit Tendenz zum Grazer, Europäisches Mufflon (Ovis orientalis musimon) zu bestimmen. Die DVM war dazu geeignet, Ergebnisse wenig invasiv, individuell und wiederholt unter Gehegebedingungen zu ermitteln. Körperreserven wurden bei Mufflonschafen (n=4) ein Jahr lang monatlich und bei Rehen während der Hochträchtigkeit (n=6) und Laktation (n=3) gemessen. Die Investition in die Laktation wurde indirekt über die Milchaufnahme von Mufflonlämmern (n=8) und Rehkitzen (n=8) bestimmt. Die Wachstumsraten der Jungtiere wurden zur Bestimmung des postnatalen Investments herangezogen. Die Ergebnisse zeigten hohe saisonale Schwankungen der Fettreserven bei individuellen Mufflonschafen (mit 4,0±2,5% während der Hauptlaktation und bis zu 24,8±3,5% im Winter). Es gab keine signifikanten Änderungen zwischen Hochträchtigkeit (25,8±6,5%) und Laktation (29,8±12,8%) bei Ricken, die vergleichsweise hohe Fettreserven aufwiesen. Die Ergebnisse zeigten auch, dass das mütterliche Körpergewicht als Indikator für die Körperkondition (Körperreserven) und als Basis für Aussagen zum maternal investment für Mufflon und Reh ungeeignet ist. Stattdessen sollte mit den individuell erhobenen Körperreserven bei Fragestellungen zur Körperkondition gearbeitet werden. Der Bedarf für die Laktation pro kg metabolischem Körpergewicht lag für das Mufflon mit 0,29±0,03 MJ GE/kg0,75*d-1 im unteren Bereich des für Ungulaten erwarteten Spektrums von 0,19-0,59 MJ GE/kg0,75*d-1 und war für Rehe an der oberen Grenze (0,56±0,18MJ GE/kg0,75*d-1). Dies wird hier hauptsächlich auf die Aufzucht von Zwillingen zurückgeführt. Das hohe Niveau des Energieaufwandes für die Laktation unterstreicht die Bedeutung der Synchronisation wesentlicher Reproduktionskosten mit dem Beginn der Vegetationsperiode beim Income Breeder Europäisches Reh, das als Browser auf qualitativ hochwertige Nahrung angewiesen ist. Europäische Mufflons hingegen benötigen Körperreserven während der späten Trächtigkeit und beginnenden Laktation für eine erfolgreiche Reproduktion noch vor Einsetzen der Vegetationsperiode. Die vorliegenden Ergebnisse zur Reproduktionsenergetik demonstrieren die Relevanz unterschiedlicher Anpassungen an die Saisonalität des Nahrungsangebotes der beiden Wildwiederkäuerarten. Saisonalität ist eine wesentliche treibende Kraft bei der Ausformung von Anpassungen in der Ernährung und/oder Fortpflanzung. Vorausblickend wird es interessant sein, diese Sachverhalte bei den Modelltierarten im größeren Umfang und auch im Freiland zu untersuchen. Dabei ist die Einbeziehung weiterer Wildwiederkäuerarten für das Verständnis des evolutionsökologischen Zusammenhangs wünschenswert, die in einem Gradienten von Umweltbedingungen leben, der von saisonal stark schwankend bis zu geringer Schwankung reicht. Besonders spannend ist dabei die Betrachtung der Strategien zwillingsgebärender Arten.
The aim of this thesis was to evaluate the role of internal and external resources to meet the energetic challenge of late pregnancy and early main lactation in two European wild ruminant species of similar body size but different reproductive strategies and feeding types under highly variable environmental conditions. The deuterium oxide dilution technique was employed to determine body reserves as well as lactation effort in the income breeder and browser European roe deer (Capreolus capreolus) and the capital breeder and intermediate feeder (with a tendency to being a grazer) European mouflon (Ovis orientalis musimon). This study was the first to do so in these species. The technique was appropriate for a sampling design that involves repeated individually accurate and little invasive sampling under enclosure conditions. Body reserves were assessed in female mouflon (n=4) monthly during the course of one year and in roe deer during late pregnancy (n=6) and lactation (n=3). Lactation effort was measured indirectly through the quantification of milk intake rate by mouflon lambs (n=8) and roe deer fawns (n=8). Growth rates were used to estimate postnatal maternal input. Results showed high seasonal variation of body fat reserves in individual mouflon females (between 4.0±2.5% of empty body weight in spring and up to 24.8±3.5% in winter) but no significant changes of such in roe deer does between late pregnancy (25.8±6.5%) and lactation (29.8±12.8%). Roe deer does showed unexpectedly high fat reserves. The results indicated that body weight is unsuitable as an indicator of body condition (in terms of body reserves) to estimate maternal input. It is suggested that individually estimated body reserves should be used when body condition forms part of the topic of a scientific study. Energy output at peak lactation was at 0.29±0.03MJ GE/kg0.75*d-1 in mouflon, within the lower part of the expected range in ungulates of 0.19-0.59MJ GE/kg0.75*d-1. Roe deer input into lactation was close to the upper limit of this range (0.56±0.18MJ GE/kg0.75*d-1), mainly a consequence of simultaneously raising twin fawns. The observed high level of energy input into lactation underlines the necessity to synchronise the main female reproductive effort with the flush of vegetation in the income breeder European roe deer, which need highly digestible forage. In contrast, European mouflon utilise body reserves during late pregnancy and early main lactation to successfully reproduce prior to the onset of the vegetation period. The present results emphasize the importance of different adaptations to seasonality of forage availability in the two wild ruminant species. Seasonality is one major driving force for the development of nutritional and/or reproductive strategies. Future questions of interest will be to confirm the conclusions of the present study by conducting follow-up studies with higher sample sizes in free-ranging animals. From an evolutionary ecology perspective, other wild ruminants should be included which live in a gradient from seasonally highly variable environmental conditions to those with little variation. A closer look at strategies of species giving birth to twins might be especially rewarding.