Die im Kontext einer kritischen Erkrankung erworbene Muskelschwäche ist eine schwerwiegende Organdysfunktion, welche in aller Regel zu einem protrahierten intensivmedizinischen Verlauf führt und die körperliche Leistungsfähigkeit auch noch Jahre nach Entlassung von der Intensivstation erheblich beeinträchtigen kann. Die Entwicklung präventiver und therapeutischer Maßnahmen stellt eine Herausforderung an die Intensivmedizin dar und steht im Fokus intensivmedizinischer Forschung. Aufgrund einer häufig notwendigen Analgosedierung ist die Muskelschwäche zum Zeitpunkt der klinischen Diagnosestellung, wenn die Patienten aus der Analgosedierung erwachen, oft schon voll ausgeprägt. Die Bewegungslosigkeit der Patienten wird nicht selten als verminderte Vigilanz verkannt. Früherkennung und Differentialdiagnose der neuromuskulären Dysfunktion sind zur verbesserten Einschätzung der klinischen Situation, das Verständnis der pathophysiologischen Zusammenhänge und die Entwicklung präventiver und therapeutischer Maßnahmen unverzichtbar. Wir konnten einen elektrophysiologischen Untersuchungsgang entwickeln, der die Früherkennung einer Muskelschwäche sowie die klinische Einschätzung hinsichtlich der Rekonvaleszenz einer neuromuskulären Dysfunktion ermöglicht. Untersuchungen an Muskelbiopsien von Intensivpatienten bestätigen den elektrophysiologischen Befund einer CIM nach histologischen Kriterien mit dem Befund einer Myopathie. Histologie und Elektrophysiologie zeigen übereinstimmend, dass sich eine Myopathie schon sehr früh im Verlauf einer kritischen Erkrankung entwickelte. Die frühe elektrophysiologische Befunderhebung ermöglichte es uns, den zeitlichen Rahmen der Entwicklung der Myopathie einzugrenzen und gezielte Untersuchungen der Risikofaktoren, die eine neuromuskulären Dysfunktion insbesondere die CIM begünstigen, durchzuführen. So konnten wir zeigen, dass weder Muskelrelaxantien noch niedrig dosiertes Hydrokortison im Rahme der Sepsistherapie an der Entwicklung der Myopathie beteiligt sind, sondern eher eine metabolische Dysfunktion im Sinne einer schweren Insulinresistenz an der Entwicklung der CIM ursächlich beteiligt sein kann. Untersuchungen des Insulinsignalweges sowie der metabolischen Homöostase und Katabolie des Skelettmuskels sind Gegenstand der eigenen laufenden Forschung im Kontext der klinischen Forschergruppe 192/0. Die in dieser Arbeit vorgestellten Ergebnisse fokussieren auf die Untersuchung der Myopathie in der Frühphase der kritischen Erkrankung. Dieses soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass bei sehr schwer kranken Patienten, eine später hinzutretende Neuropathie die neuromuskuläre Dysfunktion aggraviert. In Zukunft wird es nötig sein, die pathophysiologischen Zusammenhänge die zu einer Critical Illness Neuropathie führen näher zu untersuchen.
Acquired muscle weakness in the context of critical illness, critical illness myopathy (CIM), is a severe comorbidity which requires a prolonged intensive care treatment. Physical abilities are still limited many years after discharge from intensive care unit. Development of preventive and therapeutic measures is a challenge for intensive care medicine and in focus of today’s intensive care medical research. Due to the necessity of anxiolysis and sedation of critically ill patients the clinical diagnosis of CIM is done when patients emerge from analgesics and sedation and almost as ever when the muscle weakness is fully developed. The motionless of patients is sometime misinterpreted as reduced vigilance or delir. Early and differential diagnosis is essential for estimating the clinical situation, understanding the pathophysiology and for development of preventive and therapeutic measures. We could develop an electrophysiological examination to achieve an early diagnosis of muscular dysfunction and to anticipate the possibility of recovery from muscular dysfunction. Electrophysiological and histological analysis of muscle tissue of affected patients showed concordantly that CIM develops very early after onset of critical illness. Early electrophysiological examination made it possible to time the onset of CIM and to evaluate risk factors predisposing for CIM. Therefore we could show that neither neuromuscular blocking agents nor low dose hydrocortisone therapy is involved in development of myopathy. The identified metabolic dysfunction in terms of a severe disturbance of the insulin signal pathway and the metabolic homeostasis of the skeletal muscle is subject of further investigation within a clinical research group (KFO 192/0). The presented results focus on development of critical illness myopathy during early course of critical illness. But nevertheless an additional neuropathy can aggravate the neuromuscular dysfunction. In the future it is important also to investigate the pathophysiological context leading to critical illness neuropathy in critically ill patients.