HINTERGRUND: Ein zusätzlicher Weichteilschaden bei Fraktur führt zu einer verzögerten Frakturheilung. Eine akkurate Quantifizierung ist bislang nur unzureichend geschehen. Ziel der Untersuchung war daher die genaue histomorphometrische Analyse der Kallusbildung nach geschlossenem traumatischen Weichteilschaden, Unterschenkelfraktur sowie ihrer Kombination am Modell der Ratte. METHODE: Es wurden 48 Sprague-Dawley-Ratten in zwei Standzeiten von 3 und 6 Wochen aufgeteilt. Pro Standzeit wurde je eine Gruppe mit isoliertem Weichteilschaden (n=6), isolierter Unterschenkelfraktur (n=6), kombinierter Verletzung (n=6) sowie eine Kontrollgruppe unverletzter Tiere gebildet (n=6). Zur Erzeugung des standardisierten Weichteilschadens wurde die CII-Technik verwendet. Für die Frakturierung wurde auf ein etabliertes Frakturmodell der geschlossenen Unterschenkelfraktur zurückgegriffen; die Kombination beider Modelle erfolgte sequenziell. Zur Untersuchung der Ossifizierung wurde den Tieren der 6 Wochen-Gruppe am 6. postoperativen Tag Xylenolorange, am 20. Tag Calceingrün und am 40. Tag Tetracyclin gewichtsadaptiert injiziert. Die 3 Wochen-Gruppe erhielt keine Fluorochrome. Nach Tötung wurden von den linken Tibiae Hartschnitte angefertigt und nach Masson-Goldner, v.Kossa/Safranin-O bzw. Safranin-O/Lichtgrün gefärbt. Von den Fluorochrom-behandelten Tibiae wurden zusätzlich 80µm dicke Schliffe angefertigt. Alle Schnitte und Schliffe wurden mit einem elektronischen Bilderfassungssystem (AxioVision©/ KS 400, beide Fa. Zeiss / Mikroskop: DMRB, Fa. Leica) vermessen. Als Parameter wurden Kallusfläche, mineralisierte Kallusfläche, Kallusdichte (jeweils periostal/endostal/gesamt), Kortikalisdichte bzw. Xylenolfluoreszenz, Calceinfluoreszenz und Tetracyclinfluoreszenz (jeweils periostal/endostal/gesamt) bestimmt. ERGEBNISSE: Das Fluoreszenzverhalten zeigt von den Kontrollen über Weichteilschaden, isolierter Fraktur bis zur Kombinationsverletzung generell ansteigende Signale als Ausdruck einer jeweils intensivierten Osteoblastenaktivität. Die frühe Heilungsphase demonstrierte die stärkste Markierung, gefolgt von Mittel- und Spätphase. Die Standardfärbungen zeigten nach 6 Wochen generell geringere Kallusflächen als nach 3 Wochen. Einheitliche Tendenzen bei der Betrachtung von isolierter Fraktur gegenüber der Kombinationsverletzung waren im gewählten Tiermodell nicht darstellbar. Nach 3 Wochen war für die Kombinations-Gruppe ein größerer Gesamtkallus festzustellen als nach isolierter Fraktur; nach 6 Wochen war jedoch das betroffene Areal der Frakturgruppe größer und der Kallus der Kombinationsgruppe kleiner. Für die Kallusdichte galt entsprechendes; sie lag nach 3 Wochen bei der Kombinations- Gruppe im Vergleich zur Fraktur-Gruppe auf niedrigerem Niveau. Nach 6 Wochen kehrte sich dieses Verhältnis um. INTERPRETATION: Ein additiver Weichteilschaden moderater Stärke zusätzlich zu einer Fraktur scheint nicht zwangsläufig mit einer Verschlechterung der Kallusqualität einherzugehen. Im vorliegenden Modell ist nach 3 Wochen histomorphometrisch eine Heilungsverzögerung durch den additiven Weichteilschaden festzustellen; nach 6 Wochen kann jedoch von einer leichten osteoblastären Stimulation durch den gewählten Weichteilschaden ausgegangen werden. Eine weitere Untersuchung mit einer Abstufung der Weichteilschädigung könnte einen Hinweis geben, ab welcher Stärke ein zusätzlicher Weichteilschaden eine histomorphometrisch messbare Verzögerung auch in der Spätphase der Frakturheilung bewirkt.
BACKGROUND: An additive soft tissue trauma along with a fracture results in impaired fracture healing. An accurate quantification has not completely been performed so far. Aim of the study was the exact histomorphometric analysis of callus formation following closed soft tissue trauma, a fracture of the lower leg and their combination in a rat model. METHODS: 48 Sprague-Dawley rats were divided in two groups (3-week-branch and 6-week-branch). For each branch a sub-group with isolated soft tissue trauma (n=6), isolated fracture of the lower leg (n=6), combined injuries (n=6) and a sham group (n=6) was arranged. For a standardized soft tissue trauma the CII technique was used. For the closed fracture of the lower leg a well established model was adapted. The combined injuries were performed sequentially. For analysis of ossification the rats of the 6-week-branch received an intraperitoneal injection of xylene orange (day 6 po), calcein green (day 20 po) and tetracycline (day 40 po) according to their weight. The rats in the 3-week-branch did not get fluorochromes. After sacrification the left tibiae were explanted and underwent staining (Masson-Goldner, vKossa/SafraninO, SafraninO/light green) as well as grinding (80µm) of the tibiae of the 6-week-branch. Measurements were taken with an opto-electronic divice (AxioVision©/ KS 400, Zeiss/Germany, DMRB microscope, Leica/Germany). Entire callus area, mineralized callus area, callus densitiy (all periosteal/endosteal/combined), cortical density and fluorescence of xylene, calcein and tetracycline (all periosteal/endosteal/combined) were determined. RESULTS: Fluorescence intensity increased from sham, soft tissue trauma, isolated fracture to combined injuries as a result of increased osteoblast activity. Early fracture healing showed the strongest signal, followed by mid- and late healing phase. The standard stains demonstrated generally smaller callus areas after 6 weeks compared to 3 weeks. A clear tendency in the comparison of isolated fracture and combined injuries could not be detected. After 3 weeks the entire callus area of the combination group was bigger than the one with the isolated fracture. However, after 6 weeks this area was bigger in the fracture group than in the combination group. Callus density showed the same phenomenon. It was lower in the combination group than in the fracture group after 3 weeks, but after 6 weeks a reciprocal situation occurred. INTERPRETATION: An additive soft tissue trauma does not forcingly lead to decreased callus quality. In our model we saw a delayed healing process after 3 weeks in the histomorphometric analysis following an additive soft tissue trauma. After 6 weeks a slight osteoblastic stimulation by the soft tissue trauma could be detected. A further investigation with an extended range of soft tissue traumata might be helpful to determine the level of an additive soft tissue trauma needed to result in decreased fracture healing during the late phase in histomorphometry, too.