Die Fragestellung, ob die präventive Behandlung Frühgeborener unter 1500 g mit Escherichia coli Stamm Nissle 1917 eine Protektion vor infektiösen Ereignissen bewirken kann, ist anhand der vorliegenden Pilotstudie nicht abschließend zu beantworten. Dies begründet sich durch verschiedene Limitationen des Studiendesigns und der Stichprobengröße. Die Studie zeigt jedoch Tendenzen, auf welche Weise EcN das Auftreten von Infektionen und das weitere Gedeihen von Frühgeborenen unter 1500 g beeinflusst: So konnte die Möglichkeit, dass EcN-Patienten häufiger Spätinfektionen erleiden, zunächst nicht ausgeschlossen werden. Die Untersuchung des maximalen IL-6 als Endpunkt erlaubte dagegen in dieser Studie keine Aussage zum Outcome. Die Therapie mit EcN scheint sich auf die Gewichtsentwicklung zwischen dem 10. und 30. Lebenstag weder positiv noch negativ auszuwirken. Für EcN-Patienten kann die Notwendigkeit einer längeren Betreuung auf der Intensivstation und einer längeren antibiotischen Behandlung von Spätinfektionen aktuell nicht ausgeschlossen werden. Die Methode des Propensity Score Matchens als überlegenes Verfahren im Vergleich zur Adjustierung mittels Regressionsanalysen zeigte, dass EcN hinsichtlich des Auftretens von Spätinfektionen sowohl protektive als auch negative Einflüsse haben könnte. Zur Notwendigkeit einer antibiotischen Therapie von Spätinfektionen ergab das Propensity Score Matchen die Möglichkeit, dass sich diese in der EcN- und Kontrollgruppe nicht unterscheiden könnte. Zur Beeinflussung der Mortalität und des Auftretens einer NEC durch EcN erlaubt die vorliegende Studie keine Aussage. Bezüglich der Sicherheit des Probiotikums EcN ergab diese Studie Hinweise, dass eine atypische Besiedlung des Trachealsekrets und septische Infektionen möglich sind. Es konnte jedoch keine Identifikation dieser E. coli als EcN erfolgen. In Anbetracht eines aktuellen Fallberichts zu einer Sepsis durch EcN sollten diese Beobachtungen zu einer genauen Identifikation von Infektionserregern probiotisch behandelter Patienten führen. Diese Pilotstudie zeigte wichtige Aspekte auf, welche in Folgestudien zur Erhöhung der Repräsentativität der Ergebnisse beitragen können: So ist es ist zu empfehlen, Folgestudien als randomisierte, kontrollierte, doppelblinde Studien zu planen. Um adäquate Probandenzahlen zu erreichen, wäre eine Multicenterstudie mit vorher angepassten Lokalbedingungen der einzelnen Standorte zu realisieren. Bisher gibt es auch für andere Probiotika kaum Einzelstudien mit ausreichend großen Probandenzahlen, um Aussagen bezüglich der möglichen Prävention einer NEC treffen zu können. Dies ist dadurch bedingt, dass Frühgeborene unter 1500 g in den meisten Perinatalzentren eine kleine Patientengruppe darstellen. Sowohl in Studien als auch in Anwendungsbeobachtungen der Therapie mit EcN müssen mögliche Infektionen durch das probiotische Bakterium aufmerksam beobachtet und genau identifiziert werden, denn bisher ist die Relevanz der geschilderten Sepsisfälle kaum eindeutig zu beurteilen. Die Durchführung regelmäßiger Kolonisationsanalysen könnte sicherstellen, ob die Patienten intestinal mit EcN besiedelt sind. Variationen des Therapieschemas innerhalb einer Studie müssten vermieden werden. Zusammenfassend ist festzustellen, dass EcN aktuell für die Anwendung bei Frühgeborenen noch unzureichend untersucht wurde bzw. die Hinweise für mögliche nachteilige Effekte nicht ausreichend überprüft werden konnten. Auch wenn experimentelle Studien Hinweise ergeben haben, dass sich EcN positiv auf das Immunsystem auswirken kann, so muss die Übertragbarkeit auf die Therapie beim Patienten in klinischen Studien geprüft werden. Da nachteilige Effekte auf Frühgeborene unter 1500 g aktuell nicht ausgeschlossen werden können, wäre es empfehlenswert, dass Untersuchungen zur Sicherheit dieses Präparates zunächst bei älteren Kindern erfolgen. Bevor solche Studien jedoch geplant werden, ist die Auswertung von Anwendungsbeobachtungen hinsichtlich septischer Infektionen sinnvoll. Nicht zuletzt gibt es zahlreiche Studien zu anderen Probiotika (z. B. Laktobazillen, Bifidusbakterien). Diese Präparate sollten mit der gleichen Sorgfalt und Aufmerksamkeit verwendet werden. Sie erlauben jedoch aufgrund der Studienlage eine größere Sicherheit für die Anwendung bei Frühgeborenen unter 1500 g. Weiterhin gibt es für diese Probiotika im Unterschied zu EcN konkrete Hinweise, dass sie sich protektiv auf die Entwicklung einer NEC auswirken.
The main question of this study was, if prophylactic treatment with Escherichia coli strain Nissle 1917 helps to prevent infection in VLBW infants. Because of different limitations of this pilot study this issue can not be entirely clarified. The study illustrates the influence of Escherichia coli strain Nissle 1917 (EcN) on the clinical course of VLBW infants: The treatment with EcN was indifferent for the weight increase between the 10th and 30th day of life. One can not rule out the possibility that patients who have been treated with EcN have a higher relative risk to fall sick with late onset sepis. It is possible that EcN-patients need to stay longer in intensive care and require longer antibiotic treatment of late onset sepsis. The propensity score matching as a statistical method is outstanding in this study compared to regression analysis: The propensity score matching showed that treatment with EcN could be preventative as well as favouring for late onset sepis in VLBW. The requirement of antibiotic treatment of late onset sepsis was indifferent in EcN-patients and controls. The influence of treatment with EcN on mortality and NEC was not evaluated because of the limited number of patients. Concerning the security of EcN as a drug in VLBW infants we found evidence that an atypical colonisation of tracheal secretion and septical infection with EcN is possible after prophylactic treatment with EcN. For this reason pathogens should be exactly identified if infection occurs after probiotic treatment. In summary it can be stated that research concerning the effects of probiotic treatment with EcN on late onset sepsis in VLBW is insufficient. Indications for possible negative influence of EcN on VLBW are not adequate evaluated. Therefore the use of EcN as a probiotic in VLBW is actually inadvisable. The use of any probiotic in VLBW should be carefully considered because of possible negative effects.