Zielsetzung: Beleuchtung des Reformprozesses der Charité unter übergreifenden Gesichtspunkten (hochschulpolitisch, gesundheitspolitisch, wirtschaftswissenschaftlich) sowie aus der Sicht des Querschnittsfaches Radiologie/Neuroradiologie der Charité (CharitéCentrum 6), im Zeitraum 2007-2008. Methoden: Hierzu wurden die Rahmenbedingungen und Zielsetzungen des Reformprozesses definiert und deren Niederschlag in Vorschaltgesetz, Universitätsmedizingesetz und Satzung der Charité evaluiert. Stand und Dynamik des Reformprozesses wurden anhand von Interviews mit Entscheidungsträgern auf der Ebene des Vorstandes (einschließlich Klinikleitung und Fakultätsleitung), der Zentrumsleitung des CC6, der Abteilungsleitung Neuroradiologie und der Leitung des Unternehmenscontrolling analysiert. Ergänzend wurde die Fremdwahrnehmung der Charité während des Reformprozesses aus Sicht der Trägerorgane sowie der Medien erhoben. Ergebnisse: Vor dem Hintergrund der Haushaltslage des Landes Berlins, des Investitionsstaus im Bereich der Universitätsklinika, der Existenz von redundanten Strukturen in der Berliner Hochschulmedizin nach der Wiedervereinigung und der Vergütungsreform in der stationären Patientenversorgung erließ das Land Berlin Vorgaben für eine Neustrukturierung der Berliner Hochschulmedizin. Diese Vorgaben wurden umgesetzt durch die Fusion der medizinischen Fakultäten und Universitätsklinika der Freien Universität und der Humboldt-Universität, durch die Errichtung der „Charité-Universitätsmedizin Berlin“ als Körperschaft des öffentlichen Rechts, sowie durch die Erstellung einer Satzung und eines Unternehmenskonzeptes. Die im Unternehmenskonzept der Charité aufgeführten Ziele beinhalten die Entwicklung zu einem wirtschaftlich erfolgreichen, wettbewerbsfähigen Unternehmen, zu einem Exzellenzzentrum im Bereich der Grundlagenforschung sowie der klinischen Forschung und darüber hinaus zu einem nationalen und internationalen Innovationsstandort. Zur Zielerreichung wurde die Charité in 17 CharitéCentren mit Entscheidungskompetenz und Ergebnisverantwortung untergliedert. Durch Verlagerung von Kompetenzen im Bereich der Personal- und Sachressourcen auf die Ebene der Zentrumsleitung ist als ein Sekundäreffekt des Reformprozesses eine eingeschränkte Selbständigkeit und Gestaltungsfreiheit nachrangiger Organisationseinheiten des Zentrums (Kliniken, Institute, Abteilungen) entstanden. Das zum Zeitpunkt der Promotion noch im Ausbau befindliche Controlling mit limitiertem Durchdringungsgrad führte zu relevanten Einschränkungen bezüglich Durchführung und Steuerung von budgetären Zielvereinbarungen und Maßnahmen der betriebswirtschaftlichen Effizienzsteuerung auf allen Ebenen und hatte auch zur Folge, dass sich die Budgetverhandlungen teilweise bis in das laufende Geschäftsjahr verzögerten. Limitationen auf der Ebene der Unternehmensleitung bestanden in einer eingeschränkten Autonomie bei Entscheidungen auf dem Gebiet der Investitionen, der strategischen Ausrichtung und der eigenen Verfassung. Versorgungsmängel im Bereich von Bausubstanz und Großgeräten, bedingt durch Investitionsstau und Großgeräteüberalterung wurden auf allen Unternehmensebenen als zentrale Probleme beschrieben. Positiv bewertet wurden aus Vorstandssicht die erfolgreiche Umsetzung der Dezentralisierung, zahlreiche Projekte zur Prozessoptimierung und Effizienzsteigerung, die Halbierung des Ergebnisverbesserungsbedarfs bereits im Jahre 2005, das Erreichen der Bundes- und Landesbasisfallwerte der Krankenversorgung, sowie ein positives Jahresergebnis in den Jahren 2005 und 2006. Aus Sicht der Fakultätsleitung wurde die Spitzenposition im Bereich des Forschungsrankings der DFG, die erfolgreiche Teilnahme am Exzellenzwettbewerb des Bundes sowie die hohe Anzahl von Studienbewerbern an der Charité in den Vordergrund gerückt. In den Interviews mit den Entscheidungsträgern auf Vorstands-, Fakultäts- und Klinikleitungsebene wurden als große Herausforderungen der Zukunft für die Charité der wachsende Wettbewerb auf den Gebieten von Forschung, Lehre und Krankenversorgung, der spezifische Ergebnisverbesserungsbedarf der Charité, die Entwicklung einer Corporate Identity und Gesundheitsmarke sowie die Vermeidung eines „brain drain“ durch Abwanderung wissenschaftlicher Exzellenz auf Grund nicht wettbewerbsfähiger Gehälter im öffentlichen Dienst genannt.
Aim: Characterizing the process-defining factors and the current status of an unprecedented reorganisation process of one of Europe’s major university hospitals, the Charité, Berlin, both from a general perspective and the perspective of the cross-sectional subject radiology/neuroradiology (CharitéCentrum 6) in the years 2007-2008. Methods: Based on public health framework, budgetary issues of the city of Berlin, academic policies, and operational issues of the Charité, major and specific reform goals are defined. The methodological concept is described and the current achievement level as well as major reform obstacles are highlighted by structured interviews with key personalities such as the CEO, dean and others. Finally, the external reform perception is illustrated by assessing the institution’s coverage in leading German print and electronic media. Results: Redundant academic structures in the city of Berlin, an emergency state of the city’s budget and the DRG refund system introduction were identified as major process-defining factors. The view of actors on various levels of the Charité differed with respect to the achievement level, i.e. the budgetary independence of the various so called profit-centres, the power of steering these centres in the context of the whole university, the instruments for re- compensating or sanctioning centres depending on the level of performance as well as the reliability of the Charité’s book-keeping and controlling. Major points of criticism were raised by the directors of the centre and department, especially focussing on unreliable controlling figures, delayed budgetary negotiations and a lack of central strategic management. Academic achievements, such as being Germany’s most popular university among students and the biggest fund raising medical faculty in Germany were described as positive performance indicators. Conclusion: The process-defining factors are unique and unprecedented, the level of achievement assigned varied according to the cooperate function of the rater. Limited reliability of basic business figures and deficient strategic management were named as major shortcomings. Budgetary deficit reduction, transparent hierarchies and specified academic achievements were noted as success markers.