Hintergrund: In Deutschland bemüht sich eine Reihe von staatlichen und nichtstaatlichen Organisationen seit vielen Jahren darum, das Stillen zu fördern und Stillhindernisse abzubauen, um langfristig die Dauer des (ausschließlichen) Stillens zu erhöhen. Da es in den bislang durchgeführten Studien keine Konsistenz in der Verwendung von Methoden und Definitionen der verschiedenen Formen der Säuglingsernährung gab, kann bis heute keine zuverlässige Einschätzung über die bestehende Situation und die Entwicklung des Stillverhaltens im Verlauf der Zeit getroffen werden, was die Einführung von effektiven Stillfördermaßnahmen erschwert. Ziel: Vor diesem Hintergrund war es primäres Ziel dieser Arbeit, die aktuelle Stillsituation in Berlin zu beschreiben (Stillbeginn, Stillraten und Stilldauer) sowie mögliche Faktoren, die einen Einfluss auf das Stillverhalten haben, zu identifizieren. Darüber hinaus diente die Arbeit dazu, die Machbarkeit und Akzeptanz von Stilldatenerhebungen in Geburtskliniken und -häusern sowie im Rahmen des Früherkennungsprogramms bei Kinderärzten zu untersuchen. Zu diesem Zweck wurden in den Jahren 2004 bis 2006 in Berliner Geburtskliniken und Kinderarztpraxen drei Studien über das Stillverhalten (Stillraten, -dauer und -intensität) durchgeführt. Methoden: In zwei Berliner Geburtskliniken wurden bei Mutter-Kind-Paaren longitudinal vom Zeitpunkt der Geburt bis zum Ende des 6. Lebensmonats quantitative und qualitative Daten über das Stillverhalten erhoben und Einflussfaktoren auf eine Stilldauer von 4 und 6 Monaten ermittelt. Weiterhin wurden in 116 Berliner Kinderarztpraxen im Rahmen der Früherkennungsuntersuchungen U3 bis U6 quantitative Daten über die Stillhäufigkeit und -intensität gesammelt. Schließlich wurden in einer dritten Studie über einen Zeitraum von drei Monaten in 19 Berliner Geburtskliniken und 4 Geburtshäusern quantitative Daten über das erste Anlegen und das Stillverhalten von Mutter-Kind-Paaren bei der Entlassung gesammelt. Die verwendeten Methoden wurden darüber hinaus mit Blick auf deren Eignung und Akzeptanz für Monitoringzwecke untersucht. Ergebnisse: Insgesamt konnten etwa 5.000 Mutter-Kind-Paare in die Studien einbezogen werden, von denen 807 auch zu qualitativen Faktoren, die einen Einfluss auf die Stilldauer haben können, befragt wurden. Die Ergebnisse zeigen, dass die überwiegende Mehrheit der Mütter (96%) mit dem Stillen begann. Die Zufütterung von anderen Flüssigkeiten neben Muttermilch ist in den ersten Tagen nach der Geburt weit verbreitet (55%). Die Ergebnisse deuten jedoch darauf hin, dass zum Zeitpunkt der Entlassung bzw. eine Woche nach der Geburt mehr Säuglinge ausschließlich gestillt wurden (65–73%). Säuglinge in Geburtshäusern wurden signifikant häufiger innerhalb der ersten Stunde nach der Geburt angelegt (p < 0,05) und zum Zeitpunkt der Entlassung sowohl überhaupt (p < 0,05) als auch ausschließlich gestillt (p < 0,01) als in Kliniken. Das Stillmanagement in den Geburtskliniken (wie zum Beispiel die Befolgung der „Zehn Schritte zum erfolgreichen Stillen”) war weder mit dem frühen ersten Anlegen noch mit der Gesamtstillrate, wohl aber positiv mit der ausschließlichen Stillrate bei der Entlassung (p <0,001) assoziiert. Im Alter von 2, 4 und 6 Monaten wurden noch 73,1, 64,1 bzw. 57,0% der Kinder gestillt, davon 49,2, 44,2 bzw. 16,7% ausschließlich. Einfluss darauf, ob ein Kind kürzer oder länger als 4 Monate gestillt wurde, hatten der Schulabschluss der Mutter in Wechselwirkung mit ihrem Alter und früheren Stillerfahrungen sowie die Einstellung des Partners zum Stillen und der Zeitpunkt des ersten Anlegens des Kindes. Einflussfaktoren auf eine Stilldauer von 6 Monaten waren das Alter und Schulabschluss der Mutter, das Zusammenleben mit dem Partner und der Zeitpunkt des ersten Anlegens sowie das Geburtsgewicht des Kindes. Mit Abstand den stärksten Einfluss auf die Stilldauer hatte die Stillabsicht der Mutter. Schlussfolgerungen: In Berlin beginnen die meisten Mütter zu stillen. In den ersten 2 Monaten nach der Geburt ist – ähnlich wie in früheren Studien – der stärkste Abfall der Stillrate zu verzeichnen, wenngleich dieser allmählicher verläuft als noch Ende der 1990-er Jahre. Auch ist im Vergleich zu früheren Stilldatenerhebungen ein leichter Anstieg der (ausschließlichen) Stilldauer zu verzeichnen. Ob diese Tendenz auch auf nationaler Ebene besteht, müsste in einer für Deutschland repräsentativen Erhebung verifiziert werden. Stillhindernisse und -probleme der in Berlin befragten Frauen sowie Einflussfaktoren auf die Stilldauer unterscheiden sich nicht wesentlich von denen, die aus anderen Studien bekannt sind. Mit Blick auf die Eignung und Akzeptanz der Methoden für Monitoringzwecke ist zu sagen, dass in Geburtskliniken und -häusern mit Hilfe eines kurzen Fragebogens zuverlässige Daten über den Stillbeginn erhoben werden können, so dass eine systematische, flächendeckende Datenerhebung über den Stillbeginn in diesem Rahmen machbar und als Instrument für ein nationales Stillmonitoring geeignet erscheint. Die Kinderfrüherkennungsuntersuchungen U3 bis U6 wären dagegen für die Datenerhebung in einem Monitoring über das Stillen nur eingeschränkt geeignet. In diesem Rahmen wäre es nur möglich zuverlässige Daten zu sammeln, wenn die Erhebung fester Bestandteil der Untersuchungen würde, Mutter-Kind-Paare regelmäßig an den Untersuchungen teilnehmen würden und die gelben Vorsorgehefte zur Dokumentation der Daten genutzt werden könnten. Eine regelmäßige zentrale Datenverarbeitung und -auswertung ist in jedem Fall sicherzustellen.
Background: In Germany, government departments and nongovernmental organisations are active in efforts to promote and support breastfeeding, in order to increase (exclusive) breastfeeding duration. However, it is difficult to compare and interpret data on breastfeeding behaviour and changes over time because methods and definitions used to conduct studies on breastfeeding differ. This also delayed implementation of effective means of breastfeeding support. Objective: In view of this, the primary aim of this dissertation was to gain insight into the current situation on breastfeeding (initiation, rates, and duration) in Berlin and to analyse the impact of individual and hospital factors on breastfeeding behaviour and duration. In addition, the practicability and acceptance of the methods used to collect data on breastfeeding in hospitals, birth centres and within the child health screening programme in paediatric practices was assessed. For this purpose, three studies were undertaken in Berlin hospitals, birth centres, and paediatric practices from 2004 to 2006. Methods: A longitudinal cohort study with mother-child-pairs from two maternity units was conducted using questionnaires to collect quantitative and qualitative data on breastfeeding behaviour from the first days after birth until 6 months of age and to identify factors associated with breastfeeding at 4 and 6 months. Furthermore, quantitative data on breastfeeding rates and intensity were collected from mother-child-pairs who participated in the child health screening programme (U3 to U6) in 116 paediatric practices in Berlin. Finally, a three-month observational study was conducted in 19 maternity units and 4 birth centres, using a short questionnaire to collect quantitative data on the timing of first suckling and breastfeeding from mother–child pairs on the day of discharge. Methods were assessed with respect to practicability and acceptance for monitoring purposes. Results: In total, about 5,000 mother–child pairs were included in the three studies. Of these, 807 women were interviewed to determine factors associated with breastfeeding duration. Data indicate a breastfeeding rate of 96% at discharge. Although supplementary feeding was common within the first days after birth (55%), the rate of exclusive breastfeeding increased up to and within the first week after hospital discharge (65–73%). Data also show that infants born in birth centres were significantly more likely than in hospitals to be put to their mothers’ breast within the first hour after birth (P <0.05). Also, the prevalence of total (P <0.05) or exclusive (P <0.01) breastfeeding at discharge was higher in birth centres than in all other hospital categories. Hospitals’ breastfeeding policies (i.e. following the ‘Ten Steps to Successful Breastfeeding’) were not associated with a higher prevalence of early first suckling and any breastfeeding at discharge, but with exclusivity of breastfeeding (P <0,001). Two months after birth, 73.1% of infants were still breastfed, 49.27% of them exclusively. After 4 months, breastfeeding rates dropped to 64.1% (44.2% exclusively) and after 6 months to 57% (16.7% exclusively). Breastfeeding duration of 4 months was significantly associated with maternal education interdependent with age, breastfeeding experience, partner’s attitude towards breastfeeding, and timing of first suckling after birth. Factors associated with breastfeeding up to 6 months were again maternal education mutually dependent with age, family status, timing of first suckling, and children’s birth weight. The main influencing factor on breastfeeding duration was, however, the mothers’ intention to breastfeed. Conclusions: Breastfeeding initiation rates are satisfactorily high in Berlin. Similar to results of previous studies, rates decreased rapidly within two months after birth, although declines were more gradual than at the end of the 1990s. Also, (exclusive) breastfeeding rates at 4 and 6 months were higher in comparison with results of previous studies. However, it would be necessary to conduct a representative survey to confirm these results for Germany. Breastfeeding problems and obstacles identified in Berlin as well as factors associated with breastfeeding patterns are comparable with those found in other studies. With regard to practicability and acceptance of the methodology, it can be concluded that a short questionnaire was well accepted and suitable for the collection of reliable data on breastfeeding initiation in maternity units and birth centres. This method is thus deemed feasible and useful to be applied in a systematic nationwide monitoring on breastfeeding initiation. The child health screening programme U3 to U6 was, however, only suitable to a limited extent for collecting data on breastfeeding for monitoring purposes. Within this programme, reliable data could only be generated if the following requirements were met: Firstly, data collection would have to become an inherent part of the programme; secondly, regular participation of mother–child pairs in the programme would be essential, and thirdly, the accompanying booklets (Gelbes Heft) would have to be used for documentation. In any case, regular and centralised data processing and analysis is essential.