Einleitung: Der hämorrhagische Schock ist eine der führenden Todesursachen in der Akutphase nach Polytrauma. Scoring-Systeme wie ISS und RISC sind etablierte Prädiktoren für die Mortalität nach Trauma, bedürfen jedoch meist einer zeitaufwändigen Berechnung unter Berücksichtigung zahlreicher Parameter und können erst nach vollständigem Abschluss der klinischen sowie bildgebenden Diagnostik bestimmt werden. Blutgasanalysen (BGA) hingegen können schnell innerhalb der ersten Minuten des Patientenkontaktes durchgeführt werden. Da der Faktor Zeit im Rahmen des Polytraumamanagements prognostisch entscheidend ist, stellen BGA-Parameter im Vergleich zu Scoring-Systemen eine aussichtsreiche Alternative dar, um polytraumatisierte Patienten mit einem hohen Mortalitätsrisiko frühzeitig zu identifizieren. Methodik: In dieser retrospektiven Studie wurden insgesamt 151 polytraumatisierte Patienten eingeschlossen. Ergebnisse: Ein verringerter Base excess (BE), eine erhöhte Laktatkonzentration und eine verminderte Laktat-Clearance waren in unserem Studienkollektiv signifikant (p<0,05) mit einer erhöhten Mortalität assoziiert. Zudem waren eine erhöhte Laktatkonzentration und verminderte Laktat-Clearance signifikant (p<0,05) mit einem vermehrten Transfusionsbedarf assoziiert. Alle untersuchten BGA-Parameter sowie die Kombination der Parameter Laktat und Hämoglobin (Hb) waren in unserem Studienkollektiv signifikante Prädiktoren (p<0,05) für die Mortalität. Im Vergleich zu den etablierten Scoring-Systemen ISS und RISC lieferten die BGA-Parameter eine geringe bis gute Diskriminationsfähigkeit. Beim Vergleich der BGA-Parameter untereinander ließ sich kein statistisch signifikanter Unterschied hinsichtlich der Diskriminationsfähigkeit feststellen. Der obere Referenzwert des Laktats war dem optimalen Schwellenwert hinsichtlich der Diskriminationsfähigkeit überlegen. Durch Veränderung des Schwellenwertes konnte die Diskriminationsfähigkeit nicht signifikant verbessert werden. Schlussfolgerung: Die BGA-Parameter sind im Vergleich zu etablierten Scoring- Systemen die besseren Prognoseindikatoren, um polytraumatisierte Patienten mit erhöhtem Mortalitätsrisiko zeitnah im Rahmen des Primary Survey zu identifizieren und mit Hilfe dieser Parameter die weitere Therapie polytraumatisierter Patienten zu steuern.
Background: Hemorrhagic shock is one of the leading causes of early death in polytrauma patients. ISS and RISC as trauma scoring systems are well established predictors of mortality in trauma patients. However, based on the inclusion of multiple parameters, these scores often need time-consuming calculations and are regularly not available before completion of clinical and imaging diagnostics. On the contrary, blood gas analysis is performed during the first minutes of patient contact. Time management is a critical factor during the emergency care of polytrauma patients. Therefore, blood gas parameters are a promising alternative for early identification of polytrauma patients with high mortality risk. Methods: In a retrospective study we studied a cohort of 151 multiple trauma patients. Results: In our study population reduced Base excess (BE), elevated lactate and low lactate clearance were significantly (p<0,05) associated with increased mortality. In addition, elevated lactate and low lactate clearance were significantly (p<0,05) associated with increased supply of blood transfusion. In our study population all investigated blood gas parameters as well as the combination of lactate and hemoglobin were significant (p<0,05) predictors of mortality. These parameters had a variable discrimination ability compared to the trauma scoring systems ISS and RISC. Comparing blood gas parameters there was no significant difference in discrimination ability. The upper reference value of lactate had a higher discrimination ability compared to the optimal cutoff value. Variation of the cutoff value does not improve the discrimination ability. Conclusion: Blood gas parameters are superior to trauma scoring systems in early identification of polytrauma patients with high mortality risk and might be helpful to guide their clinical management.