Die Neurofibromatose Typ 1 (NF1) ist eine sehr häufige genetische Erkrankung, die durch das Auftreten von Café-au-lait-Flecken, intertriginösem Freckling, Irishamartomen, Neurofibromen, malignen peripheren Nervenscheidentumoren (MPNST), Optikusgliomen und Knochenmalformationen charakterisiert ist. Zahlreiche krankheitsverursachende Mutationen wurden bereits detektiert, eine Genotyp-Phänotyp-Korrelation ließ sich bis auf wenige Ausnahmen jedoch nicht nachweisen, so dass von der Existenz weiterer „Modifizierer“ ausgegangen wird. Untersuchungen zu verschiedenen möglichen modifizierenden Genen deuteten unter anderem auf einen Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der NF1 und einer Beeinträchtigung der DNAReparatur („Mismatch Repair“ = MMR). So ließ sich bereits nachweisen, dass das NF1-Gen bei Vorliegen einer MMR-Defizienz ein bevorzugtes Ziel für Mutationen darstellt und in NF1-assoziierten Tumoren gehäuft solche Mutationen auftreten, die typisch für eine eingeschränkte DNA- Reparatur sind. Darüber hinaus finden sich bei dem sogenannten „Constitutional Mismatch Repair-Defiency (CMMR-D) Syndrome“, bedingt durch eine biallelische Keimbahnmutation in einem der MMR-Gene, oftmals mehrere NF1-assoziierte Krankheitsmerkmale. Eine konstitutionelle MMR-Mutation konnte bisher jedoch lediglich bei einem NF1-Patienten nachgewiesen werden. Ziel dieser Arbeit war es daher den potentiellen Einfluss epigenetischer DNA-Veränderungen auf den Phänotyp der NF1 zu untersuchen. Die Epigenetik beschreibt Modifikationen des Erbgutes, die nicht die Basensequenz betreffen und dennoch zu einer veränderten Genexpression führen können. Einen der bedeutensten Mechanismen stellt hierbei die Methylierung des C5-Atoms des Cytosins dar. Zunächst erfolgte die Untersuchung des Methylierungsstatus der Promotoren der MMR-Gene MLH1, MSH2, MSH6 und PMS2 aus verschiedenen Geweben mittels Methylierungsspezifischer PCR (MSP) und Pyrosequenzierung. DNA-Proben aus 33 Tumoren verschiedener Entitäten von 25 NF1-Patienten wurden untersucht, wobei sich Methylierungen an den Genen MLH1 und MSH2 in MPNSTs nachweisen ließen. Bei der Analyse der DNA aus Leukozyten von insgesamt 79 NF1-Patienten und 79 Kontrollprobanden fanden sich lediglich für das MSH2-Gen Promotormethylierungen, wobei sich bei NF1-Patienten signifikant häufiger stärkere Methylierungen fanden. Das MSH2-Gen der Kontrollprobanden war hingegen häufiger unmethyliert. Mittels Pyrosequenzierung ließ sich sogar eine signifikant stärkere Methylierung zweier CpGs bei NF1-Patienten mit einem schweren Phänotyp gegenüber leichter betroffenen nachweisen. In einer zweiten Studie sollte evaluiert werden, ob DNA-Methylierungen in der Promotorregion des NF1-Gens selbst zu einer Haploinsuffizienz und somit zu einem bestimmten Phänotyp führen können. Um eine Beeinflussung der Ergebnisse durch Unterschiede in der DNA-Sequenz auszuschließen, wurde hierfür die DNA aus Leukozyten von acht monozygoten Zwillingspaaren mit NF1 untersucht, die für einige der krankheitstypischen Symptome diskordant waren. Mittels DNA- Sequenzierung nach Bisulfitmodifikation („bisulfite genomic sequencing“) wurde der Methylierungsgrad aller Cytosinreste eines mehr als 900 Basenpaare umfassenden Fragments des NF1-Promotors bestimmt. Hierbei ließ sich insgesamt zwar lediglich eine geringe Methylierung nachweisen, jedoch fanden sich deutliche Methylierungsunterschiede innerhalb der Paare für fast alle untersuchten Promotorelemente. Besonders hervorzuheben ist die statisch signifikante unterschiedliche Methylierung im Bereich der TLF-Bindungsregion bei Diskordanz für das Vorhandensein eines Optikusglioms, wobei Patienten mit diesem Tumor eine stärkere Methylierung im genannten Bereich aufwiesen. Im Rahmen dieser Arbeit konnte erstmalig die Existenz von DNA-Methylierungen im Promotorbereich des MSH2-Gens bei NF1-Patienten nachgewiesen werden. Die Methylierung dieses ungekoppelten modifizierenden Gens (MSH2) könnte, unter der Voraussetzung, daß sich solche Veränderungen auch in anderen Geweben finden, über eine verminderte Gen-Expression zu einem DNA-Reparaturdefekt führen, was eine mögliche Erklärung für die hohe Tumoranzahl einiger NF1-Patienten darstellen könnte. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass Unterschiede in der DNA-Methylierung im Bereich des NF1-Promotors, also einer intragenischen Modifikation, bei monozygoten Zwillingen mit Neurofibromatose Typ 1 bestehen, welche über die daraus resultierende unterschiedliche Expression des gesunden NF1-Allels die Diskordanz bezüglich einiger Krankheitsmerkmale erklären können. Epigenetische Veränderungen ungekoppelter Gene, wie der MMR-Gene, oder aber auch der gesunden NF1-Genkopie stellen somit potenzielle „Modifizierer“ der Neurofibromatose Typ 1 dar und sollten in zukünftigen Studien näher untersucht werden. Fortschritte bei der Suche nach „Modifizierern“ der NF1 würden nicht nur zum besseren Verständnis der Pathogenese dieser Erkrankung beitragen, sondern womöglich auch neue Ansatzpunkte für die Diagnostik und Therapie bieten.
Neurofibromatosis type 1 (NF1) is a common autosomal dominant disorder caused by heterozygotic inactivation of the NF1 tumor suppressor gene at 17q11.2. The associated phenotypes are highly variable, and modifying genes have been proposed to explain at least in part the intriguing expressivity. Mismatch repair deficiency was shown to cause NF1 mutations, but constitutional mutation of mismatch repair genes was identified only once in a NF1 patient. This study aimed to analyze whether DNA methylation of mismatch repair gene promoters, known to lead to transcriptional silencing, is associated with increased tumor load in NF1 defined by the number of cutaneous neurofibromas. Leukocyte DNA of 79 controls and 79 NF1 patients was investigated for methylation of mismatch repair genes MLH1, MSH2, MSH6, and PMS2 by methylation-specific PCR and pyrosequencing. Given that haploinsufficiency of the NF1 gene product neurofibromin is responsible for some of the clinical manifestations, variations in expression of the wildtype NF1 allele might modify the phenotype. Therefore, in a second approach, epigenetic molecular modifications that could result in variable expression of the normal NF1 allele were investigated. To exclude confounding by DNA sequence variations, monozygotic twin pairs with NF1 who presented with several discordant features were analyzed. The methylation pattern of a nearly 1 kb NF1 promoter region in lymphocytes of 9 twin pairs were fine-mapped. MLH1, MSH6, and PMS2 promoters were not methylated. By contrast, promoter methylation of MSH2 with a higher rate of methylation in NF1 patients compared with controls was found. Furthermore, when comparing NF1 patients with a low vs those with a high number of cutaneous neurofibromas, MSH2 promoter methylation was significantly different. In patients with a high tumor burden, methylation of two (out of six) CpGs was enhanced. All twin pairs showed significant intra-pair differences in methylation, especially of specific promoter subregions. Furthermore, significant intra-pair differences in cytosine methylation were detected for the region from -249 to -234 with regard to discordance for optic glioma with a higher grade of methylation in glioma cases. In conclusion, enhanced methylation involving transcription start points of mismatch repair genes, such as MSH2, may lead to variable mismatch repair capacity and may play a role as modifier of neurofibromatosis type 1. Second, the findings of epigenetic differences of the NF1 promoter in leukocytes within monozygotic twin pairs may serve as a proof of principle for other tissues. The results point towards a role of methylation patterns of the normal NF1 allele for expression differences and for modification of the NF1 phenotype.