Organtransplantationen machen die lebenslange Einnahme von Immunsuppressiva notwendig. Dadurch ist das Risiko für gesundheitliche Schäden durch Infektionen deutlich erhöht. Impfungen zählen zu den effektivsten Maßnahmen zur Prävention von Infektionskrankheiten. Unter Immunsuppression können Impfungen mit attenuierten oder Totimpfstoffen vorgenommen werden, allerdings häufig mit niedrigeren und rascher abfallenden Titern. Bislang gibt es keine seroepidemiologischen Untersuchungen zum Impfstatus organtransplantierter Patienten. Diese Arbeit untersucht, ob die gültigen Impfempfehlungen bei organtransplantierten Patienten umgesetzt werden, inwieweit diese über Impfungen informiert sind und welche Faktoren Impfstatus und Seroprotektion beeinflussen. Von November 2004 bis März 2005 wurden im Virchow-Klinikum der Charité (Universitätsmedizin Berlin) 464 Patienten untersucht - 267 nach Lebertransplantation (LTx), 197 nach Nierentransplantation (NTx). Laborchemische Titermessungen gegen Tetanus, Diphtherie, Hepatitis A und B sowie Influenza A (New Caledonian/Panama) und B (Shanghai) wurden durchgeführt. Soziodemografisch waren LTx-Patienten älter und häufiger aus dem Mittelmeerraum, NTx-Patienten häufiger aus Zentraleuropa. Hinsichtlich Indikation, Zeitpunkt und Häufigkeit der Transplantation zeigte sich kein Unterschied. LTx-Patienten erhielten mehrheitlich eine immunsuppressive Monotherapie, NTx-Patienten eine Dreifachtherapie. NTx-Patienten wiesen höhere Grundimmunisierungsraten gegen Hepatitis B sowie höhere Gesamtanzahl von Auffrischungsimpfungen auf. LTx-Patienten waren häufiger gegen Hepatitis A, NTx-Patienten gegen Diphtherie und Hepatitis B geimpft; Grippeimpfungen waren gleich verteilt. Nur ein Drittel konnte eine Impfdokumentation vorweisen, davon häufiger NTx-Patienten. Über die Hälfte aller Patienten hatte keinerlei Information über Impfungen erhalten. LTx-Patienten waren eher durch Medien, NTx-Patienten durch Haus-/Dialyseärzte informiert worden. Zwei Drittel der Patienten wurden durch Hausärzte geimpft. LTx-Patienten wiesen höhere Titer und Seroprotektionsraten gegen Diphtherie und Hepatitis A auf, NTx-Patienten gegen Hepatitis B. Weibliches Geschlecht, Herkunftsregion Mittelmeer, orientalische Abstammung, Lebertransplantation sowie zunehmender zeitlicher Abstand nach Transplantation waren mit einem höheren Risiko für das Fehlen einer Impfung assoziiert. Als starker negativer Einfluss auf den Impfstatus erwies sich das Fehlen von Informationen über Impfungen und fehlende Impfdokumentation. Für eine fehlende Seroprotektion war bei einzelnen Impfungen ein erhöhtes Risiko assoziiert mit weiblichen Geschlecht, zunehmendem Alter, Herkunftsregion, medikamentösen Therapieregime oder zeitlichem Abstand zur Transplantation. Auffallend war der negative Einfluss einer fehlenden Impfdokumentation auf die Seroprotektion. Die Umsetzung der Impfempfehlungen zeigte für alle untersuchten Impfungen ein unbefriedigendes Ergebnis. Impfraten könnten durch Beseitigung struktureller Hindernisse erhöht werden. Weiterhin könnte eine titergesteuerte Auffrischung eine Optimierung des Impfschutzes ergeben, da die Einhaltung der Standardabstände wegen rascherem Titerabfall problematisch erscheinen. Ein deutliches Defizit zeigte sich hinsichtlich der Information und Informationsqualität. Bessere Information und Dokumentation könnte die Versorgung organtransplantierter Patienten verbessern.
Solid organ transplantation requires life-long immunosuppressive therapy, which markedly increases infection risk. Vaccinations are one of the most effective preventive measures. Attenuated or inactivated vaccines are generally feasible during immunosuppression, even if lower titers with faster declines are frequently observed in these patients. Until recently, no seroepidemiological studies of transplant recipients have been conducted. This report examines compliance with current vaccination guidelines in transplant recipients, their information status and factors influencing the vaccination status and seroprotection rates. Between November 2004 and March 2005, 464 patients (267 liver transplant (LTx) and 197 renal transplant (NTx) patients) were examined at Charité Virchow hospital, Berlin. Titer assessments for tetanus, diphtheria, hepatitis A and B and influenza strains A and B were performed. LTx-patients tended to be older and of Mediterranean origin, whereas NTx-patients originated more often from Central Europe. No differences were observed for indication, time and frequency of transplantation. LTx- patients typically received monotherapy, NTx- patients mostly triple therapy. NTx-patients had higher initial hepatitis B vaccination rates, and more booster vaccinations. Hepatitis A vaccinations were more frequent in LTx- patients, diphtheria and Hepatitis B in NTx-patients. Influenza vaccination frequency was comparable. Only one third of patients had a vaccination record; the percentage was higher for NTx. Main sources of patient information were public sources (LTx) and GP/dialysis specialists (NTx); more than 50% had not received vaccination information. Two thirds of patients had been vaccinated by their GP. LTx-patients had higher diphtheria and hepatitis A titers and seroprotection rates, NTx-patients for hepatitis B. Vaccinations were missing more often in females, patients from Mediterranean countries, those of oriental descent, and in LTx-patients. The risk also increased with time since transplantation. Lack of information about vaccinations and missing vaccination records were strongly negatively associated with vaccination status. Female gender, increasing age, country of origin, drug therapy regimen, time since transplantation, and missing vaccination records were associated with lower seroprotection. Compliance with recommended vaccination schedules was poor for all vaccinations assessed in this study. Vaccination rates might be increased by removing structural obstacles. In addition, titer- based booster vaccination schedules might improve protection (standard intervals do not account for faster titer declines). The study also identified a marked gap regarding adequate patient information. The clear correlation between missing immunization and missing information/documentation should be reflected in treatment algorithms, in order to improve patient care in the transplant setting.