Ein Kennzeichen der neoplastischen Erkrankung Krebs ist die Fähigkeit Metastasen auszubilden. Hierbei erfahren Zellen des Primärtumors eine Änderung in ihrem entwicklungsregulatorischen Programm. Eine bestimmte genetische Signatur dieser Änderung namens EMT beinhaltet das Hochregulieren von Proteinen, welche die Aktin-Zytoskelett-Modulierung regulieren und der Zelle damit die Fähigkeit geben zu migrieren. Eine zentrale Rolle spielt bei diesen Proteinen die Ena/VASP-Familie. Es handelt sich hierbei um Proteine, welche die Aktinfilamentsynthese regulieren. Über ihre EVH1-Domäne werden sie in bestimmte Bereiche der Zelle wie Lamellipodien, Filopodien, Invadopodien und fokale Adhäsionskontakte lokalisiert, wo sie ihren Wirkungsort haben. Eben diese Bereiche sind so essentiell für die Migration. EVH1-Domänen stellen daher ein interessantes Ziel für die Entwicklung von Inhibitoren dar. Bisher ist es jedoch noch nicht gelungen, geeignete Inhibitoren zu finden. In dieser Arbeit soll ein neuer Ansatz zur Entwicklung von EVH1-Inhibitoren vorgestellt werden. Es handelt sich hierbei um neue chemische Entitäten. Zwei Proline sind hier über eine Vinyliden-Brücke in ihrer Sekundärstruktur der Polyprolin-II- Helix, dem Erkennungsmotiv der EVH1-Domänen, fixiert. Das flankierende Epitop dieses Motivs konnte gegen die unnatürliche Aminosäure 2-Chlor-Phanylalanin ersetzt werden. In Pulldown-Versuchen konnten die so erhaltenen neuen Inhibitoren die natürlichen Bindungspartner Zyxin und RAPH1 von den EVH1-Domänen verdrängen. In einem proteomweiten Ansatz dieses Versuches mit angeschlossener MS-Analyse konnten neben den bekannten EVH1-Interakteuren auch WAVE2 und die Formine DIAPH1 und INF2 als Partner identifiziert werden, die mit den Inhibitoren von den Domänen verdrängbar sind. Im Falle von WAVE2 konnte eine Epitopkartierung eine Peptidsequenz identifizieren, welche direkt mit EVH1 interagiert, was mittels ICT validiert wurde. In Zellexperimenten wurde eine Zellmembran-permeabilität erreicht, indem die negative Ladung des freien C-Terminus der peptidoiden Verbindungen mit einem Ethylester maskiert wurde. HPLC-Untersuchungen der Lysate von Zellen, welche den Inhibitor inkubierten, zeigten einen zeitabhängigen Abbau der Inhibitoren hin zur entesterten Form. Immunofluoreszenzaufnahmen von invasiven Krebszellen wiesen signifikante Veränderungen in der Lokalisierung von Ena/VASP auf. Durch die Inhibitoren konnte das Ena/VASP-Mitglied VASP aus den Lamellipodien und fokalen Adhäsionspunken delokalisiert werden, während die jeweiligen Bindungspartner in diesen Regionen keine Veränderung in ihrer Lokalisation erfuhren. Phänotypische Effekte der Inhibitoren sind die verminderte Anzahl von Stressfasern, eine verringerte Zellgröße sowie die Inhibition der Invasion im Boyden-Kammer-Versuch um bis zu 80%. Echtzeitbeobachtungen der migrierenden Zellen entlang eines Lockstoffgradienten zeigten, dass sowohl die Fähigkeit Chemotaxis zu betreiben, wie auch die Migration selbst durch die EVH1-Inhibitoren zum Erliegen kommen. Die Inhibition der Chemotaxis ist dabei vergleichbar mit dem Effekt eines PI3K-Inhibitors, welcher weiter oben in der Signalkaskade der Regulation der Lamellipodien wirkt. Die Migration selbst konnte genauso inhibiert werden wie durch einen Inhibitor der FAK, welcher die fokalen Adhäsionspunkte in ihrer Reifung behindert und ebenfalls weiter oben in der dazugehörigen Signaltransduktionskaskade wirkt. Bei den Ena/VASP- Proteinen handelt es sich um Proteine, die als letzte Stufe in der Aktinsynthese und Regulation der Migration und Invasion agieren. Der Vorteil der EVH1-Inhibitoren gegenüber allen anderen derzeit in der Krebsmedikation zugelassenen Medikationen und den PI3K- sowie FAK-Inhibitoren ist die Stellung der Ena/VASP-Proteine in den behandelten Signalkaskaden. Sie befinden sich am zusammenlaufenden Ende der einzelnen Kaskaden und sind somit weder durch andere Signalwege noch durch ausweichende Wege in den Kaskaden selbst umgehbar. Eventuell erwartete Effekte auf die Ausbildung von Zell-Zell- Kontakten konnten ausgeschlossen werden. Ebenso wurden die Inhibitoren hinsichtlich ihrer Toxizität untersucht, was zum Ergebnis hatte, dass keinerlei toxische Effekte zu beobachten waren. Diese Arbeit kommt zu dem Schluss, dass EVH1-Domänen der Ena/VASP-Proteine geeignete Ziele zur Entwicklung von Migrations- und Invasions-Inhibitoren sind.
A hallmark of cancer is the ability to form metastases. Cells of a primary tumor undergo a developmental regulatory program called epithelial-mesenchymal transition (EMT) which leads to a specific signature of gene expression. This involves the upregulation of actin remodeling proteins and results in a migration state of cancer cells. Pivotal in this process are the Ena/VASP family proteins involved in regulation of actin polymerisation. They localise to regions of lamellipodia, filopodia, invadopodia and focal adhesions where they influence actin dynamics and thus migration. Since the localisation of Ena/VASP to certain regions in the cell is dependent on their EVH1 domains, these structures are favourable targets in drug discovery. Until now, no suitable inhibitors could be found to interfere with EVH1 interactions. This work presents a new strategy of EVH1 inhibitor design. New proline mimetics (ProM’s) have been designed in which two consecutive prolines are linked by a vinylidene bridge thus forcing the three-dimensional structure to adopt a poly proline II helix which is recognised by EVH1 domains. Molecules containing these structures abolish EVH1 interactions to natural binding partners. The aim of this work was the investigation of molecules that interfere with EVH1 interactions as well as the identification of new EVH1 interactors using pulldown techniques. Their cell membrane permeability and toxicity were examined in a cellular context. The influence of these molecules on Ena/VASP localisation within the cell and their effects on the resulting behaviour in migration and invasion of metastasizing cancer cells was analysed. The cell invasion of a breast cancer cell line was reduced by up to 80% using EVH1-inhibitors. This has a great potential in the development of new drugs in cancer treatment.