/In welchem Verhältnis stehen Religion und Moral zueinander? Kaum eine Frage wurde in den letzten Jahren strittiger diskutiert als diese. Fördern der Glaube und die Zugehörigkeit zu religiösen Gruppen die Moral? Sind sie sogar unabdingbare Voraussetzungen für Moral, oder sind sie für die Moral irrelevant oder gar abträglich? In der vorliegenden Studie soll diesem Zusammenhang nachgegangen und damit zu einer Vertiefung unseres Verständnisses der Beziehung zwischen Religion und Moral einerseits und der Rolle der Vernunft, bzw. der moralischen Diskurs- und Urteilsfähigkeit andererseits beigetragen werden. Dabei scheint uns die Rolle religiöser Bindung sehr bedeutsam. Diese fand bislang in den meisten, wenn nicht in allen vorliegenden Studien zum moralischen Urteil keine Beachtung. Es wird zu prüfen sein, ob die Orientierung Jugendlicher an religiösen Dogmen nicht auch durch soziale Bindungen an eine religiöse Gemeinschaft verursacht wird. Wir gehen der Frage nach, ob und wie religiöse Bindung das religiöse Denken – und dabei insbesondere auch die religiöse Aussagelogik – sowie die moralische Diskurs- und Urteilsfähigkeit Jugendlicher beeinflusst. Theoretische und empirische Studien zur Religiosität Jugendlicher sind zahlreich. Allerdings liegt der Focus der Forschung dabei meist auf den entwicklungspsychologischen Voraussetzungen und Bedingungen jugendlicher Religiosität. Kaum Berücksichtigung findet dagegen eine bereits entwickelte, verfestigte und öffentlich bekundete Religiosität Jugendlicher. „Nur selten wird bis heute auf die freie religiöse Szene oder die verborgenen Phänomene hoch privatisierter, latenter Religiosität im definitorischen Niemandsland abgehoben.“ (Nipkow 1994,112) Diese methodisch zu erfassen, in ihrer Ausprägung zu messen und ihre Bedeutung für die moralische Diskurs- und Urteilsfähigkeit zu bestimmen, ist das wesentliche Anliegen der vorliegenden Arbeit. Die sich für den pädagogisch-didaktischen Auftrag der Schule daraus ergebenden Konsequenzen werden in einem abschließenden Kapitel erörtert. Dabei wird die besondere Rolle und Verantwortung des Philosophieunterrichts für den Bildungsprozess im Allgemeinen und die Stärkung der moralischen Diskurs – und Urteilsfähigkeit im Besonderen herausgearbeitet. In Abgrenzung zu einem auf Bindung bedachten Religionsunterricht sieht dieser seine pädagogische Aufgabe unter anderem darin, die Ausbildung der autonomen moralischen Diskurs- und Urteilsfähigkeit bei Schülerinnen und Schülern nachhaltig zu gewährleisten.
How are religion and moral related to one another? Hardly any other question has been debated more than this one. Do faith and affiliation with a religious group drive moral? Are they even a indispensable prerequisite for morality, or are they irrelevant to morailty, if not detrimental? This study aims at investigating his relationship and therewith it contributes to a deeper insight of our understanding of the relationship of religion and moral on one hand and the role of reasoning or in other words ethical judgement. At the same time we attribute considerable important to the role of religious orientation. This is what has no been considered yet in most, if not all presently available studies on moral competency. It will have to be testes, whether teens do not orient themselves to religious dogma due to social connections. We investigate the question whether and how religious orientation influences religious thinking of young people – and therewith especially ‚religious logic‘ – as well as ethical judgment. Theoretical and empirical studies on adolescent religiosity are numerous. However, these studies focus mostly on developmental psychological terms and conditions of adolescent religiosity. Rarely considered is, however, an already developed, strengthened and publicly expressed religious youth. "Until today attention is paied only rarely to the free religious scene or the hidden phenomena of highly privatized, latent religiosity in definitional no man's land." (Nipkow 1994, p.112) The main concern of the present work is to capture this methodology, to measure its intensity and to determine its significance for the ethical judgment. A final chapter discusses the resulting consequences for the pedagogical-didactic mission of a school. Hereby it is especially emphasized on the special role and responsibility of philosophy lessons for the educational process in general and the strengthening of ethical judgment. In contrast to religion lessons which are focussed on binding, philosophy lessons carry the educational task to ensure a sustainable formation of the autonomous ethical judgment of pupils.