Einleitung: Die tiefe Hirnstimulation (THS) im Globus pallidus internus (GPi) ist ein etabliertes Therapieverfahren für generalisierte, zervikale (CD) und tardive Dystonien (TD) wenn medikamentöse Therapieoptionen ausgeschöpft sind. Der Wirkmechanismus der THS ist bislang nur in Ansätzen verstanden. Für generalisierte Dystonien konnte jedoch gezeigt werden, dass durch THS eine Renormalisierung pathologisch erhöhter kortikaler Plastizität und defizitärer intrakortikaler Inhibition bewirkt wird. Diese kortikalen Funktionen können mittels transkranieller Magnetstimulation (TMS) untersucht werden. Die Zeitverläufe von klinischer Verbesserung und der Veränderung der elektrophysiologischen Marker sind jedoch nicht kongruent. Gegenstand der vorliegenden Arbeit ist eine Untersuchung des kurz und längerfristigen Einflusses der THS auf die genannten kortikalen Funktionen bei Patienten mit zervikaler und tardiver Dystonie. Methoden: 9 Patienten mit CD und ein Patient mit TD konnten präoperativ sowie 1-4 Tage und 3 Monate nach Einschalten der THS mittels transkranieller Magnetstimulation untersucht werden, wobei gebräuchliche Standardprotokolle (PAS und SICI) zur Bestimmung von kortikaler Plastizität und intrakortikaler Inhibition verwendet wurden. Die klinischen Veränderungen wurden mit dem TWSTRS severity-Score dokumentiert und mit den elektrophysiologischen Veränderungen korreliert. Bei 9 Patienten mit TD konnten die elektrophysiologischen Marker jeweils im Stimulations-ON und –OFF gemessen werden. Weiterhin wurden 15 gesunde Kontrollprobanden rekrutiert. Ergebnisse: SICI und PAS waren bei Patienten mit CD präoperativ nicht signifikant gegenüber der Kontrollgruppe verändert und wurden auch durch THS nicht signifikant moduliert. Die individuelle klinische Verbesserung, ausgedrückt als Differenz des severity subscores des TWSTRS korrelierte jedoch mit der Veränderung der PAS-Antwort durch THS (p=0.0096). Die präoperative Krankheitsschwere korrelierte mit der präoperativ ermittelten Plastizität (p=0.020) und Patienten mit einer höheren präoperativ gemessenen Plastizität zeigten ein besseres klinisches Ansprechen (p=0.0066). Bei Patienten mit TD fanden sich keine signifikanten Veränderungen der elektrophysiologischen Marker nach Abschalten der THS oder gegenüber der gesunden Kontrollgruppe. Schlussfolgerung: Wenngleich sich die untersuchten kortikalen Funktionen bei den Patientengruppen nicht in dem Ausmaß verändert zeigten, das für Patienten mit generalisierter Dystonie beschrieben ist, tragen die individuellen Unterschiede in der Suszeptibilität für plastische Veränderungen möglicherweise zur klinischen Manifestation der Dystonie bei. Zugleich kann eine höhere Plastizität möglicherweise für neuromodulatorische Therapieverfahren wie THS vorteilhaft sein. Die individuelle PAS-Antwort könnte als ein präoperativer Prädiktor für das klinische Outcome in den Evaluationsprozess vor der Entscheidung über THS genutzt werden.
Background: Pallidal deep brain stimulation (GPi-DBS) for therapy-refractory generalized, cervical (CD) and tardive dystonia (TD) is an effective treatment, yet its mechanism of action is only partially understood. Cortical abnormalities contributing to manifestation of generalized dystonia comprise maladaptive plasticity and deficient intracortical inhibition which can both be assessed using transcranial magnetic stimulation. Both are renormalized by deep brain stimulation, yet timecourses of clinical improvement and neurophysiological changes are not congruent. We sought to investigate short- and long-term effects of DBS on the aforementioned electrophysiological markers in patients with cervical and tardive dystonia. Methods: 9 patients with CD and one patient with TD were assessed preoperatively, 1-4 days and three months after activation of DBS using common transcranial magnetic stimulation paradigms PAS and SICI. Clinical changes were documented using TWSTRS severity subscore and correlated with the changes of electrophysiological markers. Furthermore, 9 patients with tardive dystonia were assessed with the same protocol with DBS ON and OFF. 15 healthy subjects were measured as a control group. Results: While SICI and PAS were not significantly aberrant in patients with CD preoperatively and did not change significantly following DBS, individual clinical response to DBS expressed as change of TWSTRS-severity score correlated with changes of PAS (p=0.0096). Also, preoperative PAS correlated with preoperative symptom severity (p=0.020) and preoperative PAS was significantly higher in patients with a better clinical outcome (p=0.0066). No significant changes of electrophysiological markers were observed in patients with TD after deactivation of DBS. Conclusion: Although the investigated cortical functions do not show significant differences compared to healthy subjects, individual variability of susceptibility to plastic changes might contribute to the pathogenesis and clinical manifestation of dystonia. On the other hand, neuromodulatory therapies as DBS seem to be more efficient when plasticity is increased. Individual PAS-response may be a useful predictor of clinical outcome in patients with CD who are evaluated for DBS.