Aufgrund der erheblichen Zunahme von Allergien in den letzten beiden Jahrzehnten ist die Entwicklung von Konzepten zur primären Prävention allergischer Erkrankungen bereits in früher Kindheit von großer Bedeutung. Im Sinne der „Hygiene“-Hypothese werden mikrobielle Bestandteile als protektiv gegen die Entwicklung einer allergischen Sensibilisierung beschrieben. Vereinfachte immunologische Grundlage bilden die gegensätzlich regulierten adaptiven Immunantworten auf Allergene einerseits, die Th2-Immunantwort und mikrobielle Antigene andererseits, die Th1-Immunantwort, die im gesunden Organismus in einem Gleichgewicht stehen. Während die „Hygiene“-Hypothese als allgemein akzeptiert gilt, werden Impfungen bezüglich der Auslösung allergischer Erkrankungen kontrovers diskutiert. Impfungen mit Toxoiden wie gegen Diphtherie und Tetanus können mit der Produktion impfstoffspezifischer IgE-Antikörper einhergehen. Diese physiologische, toxoidspezifische IgE- Produktion ist bei Kindern mit einer allergischen Prädisposition erhöht (Dannemann et al., 1996, Grüber et al., 2001) und wurde nach Impfung mit der ganzzellulären Pertussisvakzine als vermindert beschrieben. Daher wurde in der vorliegenden Arbeit untersucht, ob die gleichzeitige Immunisierung mit Diphtherie- und Tetanustoxoid und der ganzzellulären Pertussisvakzine eine nachfolgende allergen-induzierte Sensibilisierung und Atemwegsentzündung in einem Mausmodell verhindern und dementsprechend primär präventiv gegen die Entwicklung eines allergischen Phänotyps wirken kann. BALB/c-Mäuse wurden subkutan mit einer Kombination aus Diphtherie- und Tetanus-Toxoid oder mit einer Kombination aus Diphtherie- und Tetanus-Toxoid und dem ganzzellulären Impfstoff gegen Bordetella pertussis jeweils an den Tagen -21, -14 und -7 immunisiert. Einige Tiere wurden gegen Diphtherie und Tetanus an den Tagen 1, 3 und 5 simultan mit der systemischen Allergensensibilisierung immunisiert. Die systemische Sensibilisierung mit dem Modellallergen Ovalbumin erfolgte sechsmal intraperitoneal (10 µg/ 100µl/Maus/ Applikation) an den Tagen 1, 3 und 5 sowie 10, 12 und 14 des Protokolls. Zur Induktion einer Atemwegsentzündung erfolgten wiederholte Provokationen mittels Ovalbumin über die Atemwege je einmal täglich an den Tagen 28 bis 30 (100 mg/ 10 ml, 20 min.). In den vorliegenden Experimenten induzierte die systemische Sensibilisierung und anschließende Atemwegsprovokation mit Ovalbumin signifikant erhöhte allergenspezifische IgE-Serumtiter, eine eosinophile Atemwegsentzündung und die Entwicklung einer erhöhten Atemwegsreaktivität in vivo, verglichen mit einer Placebo-Immunisierung und Placebo-Sensibilisierung. In den sensibilisierten Tieren zeigte sich eine prädominante allergenspezifische und -unspezifische Th2-Zytokinproduktion durch mononukleäre Milzzellen in vitro. Die Immunisierung mit Diphtherie- und Tetanus-Toxoid vor oder während der Allergensensibilisierung unterdrückte nicht nur die IgE-Bildung signifikant, sondern auch die Entwicklung einer eosinophilen Atemwegsinflammation. Entsprechend war auch die allergenspezifische Th2-Zytokinantwort in vitro in diesen Tieren vermindert. Die Kombinationsimmunisierung aus Diphtherie- und Tetanus-Toxoid und der ganzzellulären Pertussisvakzine vor Allergensensibilisierung verhinderte die allergische Sensibilisierung, führte zu einer partiellen Hemmung der Entwicklung der Atemwegsinflammation und verhinderte die Ausbildung einer erhöhten Atemwegsreaktivität. Diese Immunisierung bewirkte sowohl eine allergenspezifische als auch eine allergenunspezifische Verschiebung von einer vorherrschenden Th2-Immunantwort hin zu einem überwiegenden Th1-Zytokinmuster. Eine vermehrte Entwicklung regulatorischer T-Zellen nach Immunisierung wurde nicht gefunden. Diese Arbeit konnte zeigen, dass die eingesetzten Impfantigene gegen bakterielle Erkrankungen die Entwicklung einer allergen-bedingten pathologischen Immunantwort inhibieren können; die Ergebnisse widersprechen somit der insbesondere unter Impfgegnern verbreiteten Annahme, dass Impfungen Allergien auslösen oder verstärken können. Diese Daten können weiterhin als Grundlage primär präventiver Ansätze zur Verhinderung allergischer Erkrankungen dienen, jedoch sind hierfür weitere Experimente notwendig, um eine klinische Anwendbarkeit zu prüfen.
Co-vaccination with cellular pertussis vaccine down-regulates allergic sensitization to diphtheria and tetanus antigens. Using a murine model, we investigated whether vaccination with diphtheria/ tetanus toxoids, administered separately or simultaneously with the whole cell vaccine of Bordetella pertussis, inhibits subsequent allergen-induced immune and inflammatory responses. Methods: BALB/c-mice were vaccinated intracutaneously with a combination of diphtheria and tetanus toxoids or a combination of diphtheria and tetanus toxoids with a whole cell vaccine of Bordetella pertussis (three times, days -21 to -7) prior to systemic sensitization (days 1-14) and repeated airway challenges (days 28-30) with ovalbumin. Results: Compared to negative controls, systemic sensitization and airway allergen challenges induced high serum levels of allergen-specific IgE, predominant Th2-type cytokine production, airway inflammation and development of in vivo airway hyperreactivity. Vaccination with diphtheria and tetanus toxoids prior to sensitization suppressed IgE formation and development of eosinophilic airway inflammation. Co-vaccination with a whole cell pertussis vaccine inhibited allergen sensitization, airway inflammation and development of in vivo airway hyperreactivity. Prevention was due to an allergen-specific and general shift from a predominant Th2 towards a predominant Th1 immune response. Conclusion: Vaccination with diphtheria and tetanus toxoids alone or in combination with whole cell pertussis vaccine prior to allergen sensitization prevented allergen-induced Th2 immune responses. Vaccine antigens may down-regulate allergic responses to a range of common allergens.