In der jüngeren Geschichte kam es mehrfach zum Ausbruch einer Influenzapandemie – so in den Jahren 1918, 1957, 1968, 1977 und 2009. Zumeist wurden die Pandemien nachweislich durch Influenzavirus-Reassortanten ausgelöst, also durch Viren, die aus der Neukombination der Genomsegmente von mindestens zwei unterschiedlichen Influenzaviren entstanden. Die neu entstandenen Viren trafen auf eine immunologisch weitgehend naive humane Population, wurden gut zwischen Menschen übertragen und waren somit erst in der Lage, Pandemien unterschiedlichen Ausmaßes auszulösen. Die vorliegende Arbeit liefert einen Beitrag zur Bewertung des Risikos der Entstehung einer solchen Reassortante mit hoher viraler Fitness, die bei Vorliegen weiterer Voraussetzungen potentiell eine Pandemie auslösen könnte. Dem Hausschwein kommt in diesem Zusammenhang eine besondere Bedeutung zu, da es nicht nur für porcine, sondern auch für aviäre und humane Influenzaviren empfänglich ist und daher Koinfektionen mit Influenzaviren aus ursprünglich verschiedenen Wirten möglich sind. In dieser Arbeit wurde zunächst die genetische Kompatibilität zwischen Genomsegmenten von humanen H1N1, porcinen H1N1 und aviären H5N1 Influenzaviren analysiert. Von besonderem Interesse waren dabei die Segmente der Oberflächenproteine HA und NA, sowie die Polymerasesegmente, da diese Segmente bei der Entstehung von Pandemieviren in der Vergangenheit ausgetauscht wurden und gleichzeitig die wichtigsten Virulenzfaktoren für die Wirtsspezifität und -adaptation tragen. Die Reassortanten wurden mittels der Methode der reversen Genetik erzeugt, wobei der Focus auf porcin-aviären, porcin-humanen, sowie Triple-Reassortanten lag. Die Rate der generierbaren Reassortanten war in dieser Arbeit mit über 90 % sehr hoch. Dies zeigt die außerordentlich hohe genetische Kompatibilität der Segmente von porcinen H1N1 und aviären H5N1 Influenzaviren sowie von porcinen H1N1 und humanen H1N1 Viren und sogar allen drei Parentalviren untereinander. Die Parentalviren und die aus ihnen erzeugten Reassortanten wurden zudem hinsichtlich ihrer viralen Eigenschaften analysiert. Dabei zeigten sich sehr deutliche Unterschiede in der Aktivität des Polymerasekomplexes, die sich z.T. auf das Vorhandensein definierter Polymerasesegmente zurückführen ließen. Da gleichzeitig große Unterschiede im Replikationsverhalten der Viren identifiziert werden konnten, wurde der Einfluss der Polymeraseaktivität auf die Replikation untersucht. Im Ergebnis zeigte sich, dass auch eine sehr niedrige Polymeraseaktivität eine hohe Replikationskompetenz ermöglichen und eine hohe Aktivität der Polymerase nachteilig für das Replikationsverhalten sein kann. Für eine effiziente Replikation der untersuchten Viren ist ganz offenbar eine Polymeraseaktivität in optimaler Höhe, jedoch nicht zwingend eine hohe Aktivität, nötig. Im Hinblick auf die Aktivierung des angeborenen Immunsystems der Wirtszelle nach einer Infektion durch die Parentalviren oder Reassortanten wurde festgestellt, dass die Viren häufig effektiv eine IFN-Sekretion durch infizierte Zellen hemmen können. War die IFN-Sekretion ausnahmsweise erhöht, war immer auch ein definiertes Genomsegment in den Reassortanten vorhanden. In der Literatur ist eine Vielzahl von Polymorphismen und Virulenzfaktoren beschrieben, die einen Einfluss auf die viralen Eigenschaften haben. Da sich die Eigenschaften der in der vorliegenden Arbeit untersuchten Viren nach dem Austausch eines Genomsegmentes häufig veränderten, wurde analysiert, ob sich die Änderungen durch das Auftreten bestimmter Polymorphismen begründen lassen. Dabei wurde deutlich, dass nur ein geringer Teil der Änderungen der viralen Eigenschaften nach einem Segmentaustausch durch Polymorphismen erklärbar sind. Ein möglicher Grund hierbei ist die isolierte Betrachtung der Polymorphismen und Virulenzfaktoren in der Fachliteratur ohne Berücksichtigung des genetischen Hintergrundes. Als Folge lassen sich virale Eigenschaften nicht zuverlässig anhand von publizierten Polymorphismen vorhersagen. Die vorliegende Studie gibt anhand der gewonnenen Ergebnisse einen Hinweis auf das hohe Potential der Entstehung eines Influenzavirus mit einer neuen Kombination von Genomsegmenten und gleichzeitig hoher viraler Fitness. Um das pandemische Potential dieser Reassortanten abschließend bewerten zu können, sind weitere Arbeiten zur vorherrschenden Immunität in der humanen Population und zur Transmissibilität der Viren notwendig.
In recent history there had been several influenza pandemics - so in the years 1918, 1957, 1968, 1977 and 2009. In most cases, the pandemics were caused by influenza virus reassortants resulting from the recombination of genomic segments of at least two different influenza viruses. The newly emerged viruses encountered an immunologically largely naive human population, were transmitted well between humans and were therefore able to cause pandemics to a different extend. The present study provides a contribution to the assessment of the risk of emergence of such a reassortant with high viral fitness that can potentially cause a pandemic in the presence of further conditions. The domestic pig is particularly important in this context. It is susceptible not only to porcine viruses but also to avian and human influenza viruses. Therefore co-infections of domestic pigs with influenza viruses from different hosts are possible. The compatibility between genomic segments of human H1N1, porcine H1N1 and avian H5N1 influenza viruses was analyzed in this study. The segments of the viral surface proteins HA and NA as well as the polymerase segments were of particular interest. These segments have been replaced in the emergence of pandemic viruses in the past and bear the major virulence factors of host specificity and -adaptation. The reassortants were generated by means of reverse genetics, focusing thereby on porcine-avian, porcine-human as well as triple-reassortants. The rate of generated reassortants was very high with more than 90% in this study. This shows the extraordinary high genetic compatibility of the segments of porcine H1N1 and avian H5N1 influenza viruses as well as of porcine H1N1 and human H1N1 viruses and even between all three parental viruses. The parental and reassortant viruses were also analyzed for their viral properties. Remarkable differences were found in the activity of the polymerase complex which can partially be traced to the presence of defined polymerase segments. Since also large differences in the replication of the viruses were identified the influence of the polymerase activity on the replication was investigated. The results show that even a very low polymerase activity allows a high replication competence. On the other hand a high activity of the polymerase can be disadvantageous for the replication. Thus it was shown that an optimal level of polymerase activity is needed for efficient replication of the investigated viruses. A high polymerase activity is not needed necessarily. Regarding the activation of the innate immune system of the host cell after an infection by the parental or reassortant viruses, it was found that the viruses can often effectively inhibit IFN secretion by infected cells. If the cellular IFN secretion was increased in exceptional cases, a defined genome segment was always present in the reassortants. A large number of polymorphisms and virulence factors having an influence on viral characteristics have been described. As the properties of the investigated viruses frequently changed after the exchange of a genome segment, it was analyzed whether the changes were caused by the occurrence of defined polymorphisms. It became clear that only a small part of the changes in viral characteristics following a segment exchange can be explained by polymorphisms. A possible reason for this finding is the isolated analysis of polymorphisms and virulence factors without consideration of the genetic background in the scientific literature. Thus viral properties can not be predicted reliably on the basis of published polymorphisms. The present study gives an indication of the high potential of the emergence of an influenza virus with a new combination of genome segments while showing a high viral fitness. Further studies on the prevalent immunity in the human population and on the transmissibility of the viruses are necessary to assess the pandemic potential of these reassortants.