Tierversuche werden in vielen Bereichen der Medizin und Wissenschaft von der Bevölkerungsmehrheit als unverzichtbar, aber ethisch nicht unproblematisch eingeschätzt. Sie unterliegen in Deutschland der Anzeige- oder Genehmigungspflicht. Auch die regulated procedures in Großbritannien bedürfen der Genehmigung. Dabei muss die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften sowie der Genehmigungsauflagen und Bedingungen in beiden Staaten durch geeignete Formen der Überwachung und Kontrolle gewährleistet werden. Mit der vorliegenden Arbeit werden die deutschen Regelungen und ihre praktische Umsetzung vor dem Hintergrund einer anstehenden Novellierung des Tierschutzrechts als Folge der Grundgesetzänderung im Jahre 2002 durch den Vergleich mit Großbritannien auf ihr Verbesserungspotential geprüft. Um alle relevanten Aspekte einzubeziehen, werden die Rechtslage beider Staaten, die Literatur sowie die Ergebnisse einer Untersuchung mittels Fragebögen ausgewertet. Zur Rechtslage ist primär festzuhalten, dass die Europa- rechtlichen Grundlagen in Deutschland und Großbritannien aufgrund der Zugehörigkeit beider Staaten zur Europäischen Gemeinschaft dieselben sind, die Umsetzung dagegen verschieden erfolgt. So ist die Überwachung der Tierversuchsdurchführung und der Versuchstierhaltungen in Deutschland der nach jeweiligem Landesrecht zuständigen Behörde unterstellt, bei der es sich in vier Bundesländern um die Genehmigungsbehörde und in zwölf Bundesländern um das nachgeordnete Veterinäramt handelt. Dagegen ist die behördliche Überwachung in Großbritannien zentral geregelt und obliegt zwei speziellen Abteilungen des Home Office (Innenministerium): Animals Scientific Procedures Division und Animals (Scientific Procedures) Inspectorate. Die innerbetriebliche Kontrolle wird im deutschen Tierschutzgesetz ausdrücklich gefordert. So muss jede Einrichtung, in der Tierversuche an Wirbeltieren durchgeführt werden, einen Tierschutzbeauftragten bestellen, der unter anderem auf die Einhaltung von Vorschriften, Bedingungen und Auflagen im Interesse des Tierschutzes zu achten hat. Eine derart umfassende Verpflichtung zur innerbetrieblichen Kontrolle gibt es im britischen Animals (Scientific Procedures) Act 1986 nicht. Als ein Element der innerbetrieblichen Kontrolle soll der Ethical Review Process der Einrichtung, eine institutionelle Kommission, unter anderem retrospektive Projektbeurteilungen vornehmen. Außerdem sind einigen seiner Mitglieder wie dem Named Animal Care & Welfare Officer, dem Named Veterinary Surgeon und dem Inhaber der project licence (projektbezogene Genehmigung) einzelne Aufgaben und Befugnisse im Interesse der internen Überwachung von regulated procedures zugewiesen. Zur Wahrnehmung ihrer Überwachungsfunktionen stehen den Behörden vielfältige Möglichkeiten zur Verfügung. Dabei stellen Überwachungsbesuche das wichtigste behördliche Überwachungsmittel dar und sollen sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien möglichst häufig durchgeführt werden. Allerdings werden diese und andere behördliche Überwachungsmaßnahmen in Deutschland durch mangelnde Personalausstattung stark eingeschränkt (durchschnittlich ein Besuch je Einrichtung und Jahr verglichen mit durchschnittlich elf Besuchen je Einrichtung und Jahr in Großbritannien). In Großbritannien finden ähnlich viele angekündigte wie unangekündigte Überwachungsbesuche statt, wohingegen unangekündigte Besuche in Deutschland selten sind. Unangekündigte Besuche bieten den Vorteil, einen Einblick in den Alltag zu ermöglichen, allerdings muss damit gerechnet werden, dass wichtige Ansprechpartner nicht anwesend sind oder gerade kein Tierversuch stattfindet. Während die Qualifikation des Überwachungspersonals in Großbritannien keinen Anlass zur Diskussion bietet, wird sie in Deutschland insbesondere bei Delegierung der Überwachung an die Veterinärämter kritisiert. Weiterhin werden die teils geteilten Zuständigkeiten für Genehmigung und Überwachung oder für einzelne Überwachungsmaßnahmen bzw. der uneinheitliche Vollzug auf Bundesebene in Deutschland vielfältiger Kritik unterzogen. Die Notwendigkeit einer effektiven Überwachung wird durch die Vielzahl der beschriebenen Mängel und Verstöße deutlich. Dabei überwiegen in beiden Staaten milde Konsequenzen wie Belehrungen oder Ermahnungsbriefe. Härtere Strafen wie Geldbußen oder Haftstrafen sind zwar rechtlich in beiden Staaten möglich, werden aber selten verhängt. Auch im Rahmen der innerbetrieblichen Überwachung werden Kontrollen vor Ort als besonders hilfreich erachtet, werden aber sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien nur bei einem kleinen Teil aller stattfindenden Tierversuche durchgeführt. Zusätzlich können retrospektive Projektbeurteilungen einen positiven Beitrag zum Versuchstierschutz leisten. Diese stellen in Großbritannien eine geforderte Kontrollmaßnahme dar und werden entsprechend regelmäßig vorgenommen, während sie in Deutschland bisher deutlich weniger Anwendung finden. Sowohl für den Tierschutzbeauftragten als auch für den Ethical Review Process und seine Mitglieder ist es unverzichtbar, von der Einrichtung unterstützt zu werden. Obwohl sich die Befragten beider Staaten überwiegend zufrieden über ihren Zugang zu den Versuchsleitern, den durchführenden Personen und dem jeweiligen Einrichtungsleiter geäußert haben und bei der Äußerung von Kritik meist nicht mit negativen Konsequenzen für ihre Position rechnen mussten, findet das deutsche Benachteiligungsverbot offenbar nicht immer Anwendung und werden Verbesserungsvorschläge und Kritik in Großbritannien nicht immer ernst genommen und umgesetzt. Allerdings hat sich gezeigt, dass auch das persönliche Engagement der überwachenden Personen bedeutsam ist. Die Einbeziehung der Behörde bei schwerwiegenden oder andauernden Verstößen scheint von den befragten Tierschutzbeauftragten überwiegend als Verletzung des Dienstweges betrachtet zu werden. Dagegen scheint es in Großbritannien diesbezüglich keine Bedenken zu geben. Somit lässt sich für die betriebsinterne Überwachung und Kontrolle feststellen, dass sie in Deutschland je nach Einrichtung und Tierschutzbeauftragtem sehr unterschiedlich gehandhabt wird, während sie in Großbritannien nur unzureichend gesetzlich geregelt ist und daher als mäßig effektiv betrachtet werden kann. Aufgrund der in diesem Projekt zusammengetragenen Daten, Informationen und Erkenntnisse lässt sich für Deutschland insbesondere hinsichtlich der fachlichen Kompetenz die bundeseinheitliche Zuständigkeit der Genehmigungsbehörden auch für die Überwachung der von ihnen genehmigten Versuchsvorhaben empfehlen. Einrichtungen, in denen genehmigungspflichtige Tierversuche durchgeführt werden, sollten deutlich häufiger, mindestens jedoch zweimal jährlich, von der Behörde besucht werden, wobei gleich viele angekündigte wie unangekündigte Besuche stattfinden sollten. Dazu ist es unverzichtbar, den zuständigen Behörden mehr Personal zur Verfügung zu stellen. Während der Überwachungsbesuche sollten die Behördenvertreter beider Staaten zur Beurteilung der praktischen Fähigkeiten der Durchführenden die Versuchsdurchführung häufiger beobachten. Bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstößen ist ein deutlich schärferes Vorgehen mit dem Ausschöpfen der rechtlich zur Verfügung stehenden Mittel nötig, um dem im Tierschutzrecht niedergelegten Gedanken zur Umsetzung zu verhelfen. Um eine effektive betriebsinterne Überwachung/ Kontrolle durch den Tierschutzbeauftragten zu gewährleisten, müssen sowohl die praktische Umsetzung der ihm gesetzlich zugebilligten Weisungsfreiheit und seine Unterstützung durch die Einrichtung als auch sein persönliches Engagement im Hinblick auf regelmäßige Anwesenheit in den Laboren und bei Versuchsdurchführungen sichergestellt werden. Dagegen wäre in Großbritannien zur Gewährleistung einer effektiven betriebsinternen Überwachung eine umfassende gesetzliche Verpflichtung zur Kontrolle in Erwägung zu ziehen. Insgesamt lässt sich feststellen, dass bei der Überwachung und Kontrolle genehmigungspflichtiger Tierversuche sowohl in Deutschland als auch in Großbritannien Verbesserungspotential zu bestehen scheint. Die föderal strukturierte behördliche Überwachung in Deutschland scheint weniger effizient zu sein als die zentral organisierte Überwachung durch das britische Home Office (Innenministerium). Demgegenüber sprechen einige Indizien dafür, dass die in Deutschland vorgeschriebenen Tierschutzbeauftragten trotz Verbesserungspotential eine höhere Effizienz erreichen können als die Ethical Review Processes in Großbritannien.
Within many areas of medicine and science animal experiments are seen as indispensable, however ethically not unproblematic by the majority of the general public. In Germany these experiments are subject to notification or licensing. In Great Britain regulated procedures must also be licensed. In both countries, the compliance with legal rules and regulations as well as with licensing terms and conditions must be guaranteed through appropriate forms of supervision and control. The present study examines German regulations and their practical implementations in view of a forthcoming amendment of German animal welfare legislation, resulting from changes in the German constitution of 2002. Comparisons with Great Britain might show further potential for improvement for German procedures. To include all relevant aspects, the legal situation of both countries, literature searches, as well as results from a study via questionnaire are being evaluated. Regarding the countries’ legal situation it must be noted that Germany and Great Britain both share the same legal foundations due to both of them being members of the European Union. However, legal implementation differs between the two countries. In Germany, supervision of animal experiments and of laboratory animals husbandry is being dealt with according to regional law: in four federal states a regional licensing authority and in further twelve states the Veterinäramt (veterinary department) are responsible. In comparison, in Great Britain official supervision is centrally organised and subdivided between two departments within the Home Office: Animal Scientific Procedures Division and Animals (Scientific Procedures) Inspectorate. Internal control is required explicitly in the German Tierschutzgesetz (Animal Welfare Act). Every establishment carrying out experiments on vertebrates must appoint a Tierschutzbeauftragter (Animal Welfare Officer) who among other duties must take care of the compliance with rules and regulations as well as with terms and conditions in the interest of animal welfare. An obligation for internal control as comprehensive as this does not exist in the British Animals (Scientific Procedures) Act 1986. As an element of internal control the local Ethical Review Process of the establishment should, among other things, allow for retrospective project reviews. Furthermore, some of its members like the Named Animal Care & Welfare Officer, the Named Veterinary Surgeon and the project licence holder have additional duties and powers in the interest of internal supervision of regulated procedures. To fulfil their supervision roles there are various possibilities available to the authorities. Visits represent the most important official supervision method and are to be used as often as possible in both Germany and Great Britain. In Germany however, these and other official supervision methods are highly limited by an unsatisfactory staff situation (on average one visit per establishment and year compared with an average of eleven visits per designated establishment and year in Great Britain). In Great Britain a similar number of announced and unannounced visits take place, whereas in Germany unannounced visits are rare. Unannounced visits have the advantage of allowing an insight into everyday routine, but bare the risk that important contact people are unavailable or no experiment currently takes place. Whilst qualification of the supervising staff in Great Britain is no cause for discussion, in Germany it is criticised particularly when delegated to the Veterinärämter. Furthermore, the partly divided responsibility for licensing and supervision or for differing supervision methods and non-uniform nation-wide enforcement in Germany are subject to serious criticism. The necessity for effective supervision is shown clearly by the variety of infringements described. In Germany as in Great Britain, mild consequences such as further instructions or letters of admonition dominate. Although tougher sanctions such as fines or imprisonment are legally possible in both countries, they are rarely imposed. Regarding internal supervision too, on-site controls are viewed as particularly helpful but in Germany as well as in Great Britain are conducted only in a small portion of all animal experiments taking place. Additionally, retrospective project reviews can make a positive contribution to laboratory animal welfare. They are a required method of control in Great Britain and therefore are used regularly, whilst in Germany so far they are applied considerably less often. For the Tierschutzbeauftragter as well as for the Ethical Review Process and its members it is necessary to be supported by the establishment. Although the personnel reviewed in both countries mainly expressed satisfaction with their access to project licence holders, personal licence holders and certificate holders and did not need to reckon with negative consequences for themselves when voicing criticism, German discrimination prohibition for the Tierschutzbeauftragter obviously is not always met and criticism and suggestions in Great Britain are not always taken into account. However, as it has turned out the supervisors’ personal commitment plays an important role, too. Involving the authorities in cases of serious or on-going infringements seems to be seen as a breach of the use of official channels by the Tierschutzbeauftragte reviewed. In comparison, in Great Britain there seem to be no misgivings regarding this. Thus, it can be noted that in Germany internal supervision and control is handled very differently depending on each establishment and its Tierschutzbeauftragter, whereas in Great Britain it is insufficiently regulated and therefore can be regarded as moderately efficient. On the basis of the data, information and findings collected in this study, the nation-wide responsibility of the licensing authorities also for the supervision of projects licensed by them can be recommended for Germany particularly regarding professional competence. Establishments conducting regulated procedures should be visited by the authority considerably more often, at least twice yearly, with as many unannounced as announced visits. For this it is necessary to provide more staff to the authorities responsible. During those visits the authority representatives of both countries should watch the conduction of animal experiments more often to assess the practical abilities of those performing them. In cases of repeated or serious infringements, considerably tougher action with use of those legal instruments available is necessary. To provide effective internal supervision or control by the Tierschutzbeauftragter, his authority to issue directives as legally granted to him, his support by the establishment as well as his personal commitment regarding his regular presence in the laboratories and at experiments taking place must be assured. In Great Britain, however, a comprehensive legal obligation for further control would need to be considered to provide effective internal supervision. Overall it can be noted that regarding supervision and control of regulated procedures there seems to be potential for improvement in both Germany and Great Britain. Germany’s federally structured official supervision seems to be less efficient than the centrally organised supervision by the British Home Office. However, some arguments seem to suggest that compulsory German Tierschutzbeauftragte, despite potential for improvement, can achieve a higher level of efficiency than Great Britain’s Ethical Review Processes.