Peritoneale Metastasenbildung stellt in der abdominellen Tumorchirurgie trotz immer ausgefeilterer Operationstechniken (En-bloc-Resektion, grössere Sicherheitsabstände, sorgfältige prä- und intraoperative Identifikation von Lymphknotenmetastasen...), suffizienter neoadjuvanter Chemotherapiestrategien und zunehmender Erfahrung nach wie vor ein grosses Rezidivrisiko dar. Durch operative Manipulation am Tumor kommt es sehr schnell zur Aussaat von Zellen, welche in der Lage sind, Metastasen zu bilden und eine operativ und onkologisch kaum zu beherrschende Peritonealkarzinose hervorzurufen. Die Anheftung an ernährendes Peritoneum stellt dabei eine Grundvoraussetzung für die Ausbildung von Metastasen und möglicherweise einen therapeutisch nutzbaren Knotenpunkt dar. Gelingt es, die Adhäsionsfähigkeit entweder der Tumorzellen selbst und / oder des Peritoneums zu senken, ist eine verminderte Rezidivrate zu erwarten. In unserer Arbeit haben wir das Wachstum von peritonealen Metastasen nach einer simulierten intraoperativen Tumoraussaat durch den Operateur in einem etablierten Tiermodell in Abhängigkeit von drei intraoperativ zu applizierenden, möglichen adhäsionsstörenden Substanzen quantifiziert. Zwei der untersuchten Substanzen - Intergel® und Interceed™ - wurden bzw. werden klinisch vor allen in der gynäkologischen Chirurgie erfolgreich zur Adhäsionsprophylaxe eingesetzt. Intergel® wurde im April 2003 aufgrund vermehrter postoperativer, lokaler Infektionen vom Markt genommen. Die dritte Substanz - Taurolidin / Heparin - ist bislang noch nicht als Adhäsioneninhibitor zur Verhinderung der Anheftung von Tumorzellen an das Peritoneum in der Tumorchirurgie bekannt, die tumorsupprimierende Wirkung der intraperitonealen Anwendung wurde jedoch bereits in mehreren Untersuchungen nachgewiesen. Taurolidine wird in der abdominellen und gynäkologischen Chirurgie zur Verhinderung von adhäsiven Komplikationen eingesetzt. Es wurde eine konventionelle Zökumresektion an sechzig BD-IX-Ratten durchgeführt und eine intraoperative Tumorzellaussaat durch intraperitoneale Applikation von 10.000 Zellen (DHD/K12/TRb) pro Tier simuliert. Der Eingriff wird unter Einhaltung allgemeiner tumorchirurgischer Richtlinien durchgeführt. Nach vier Wochen werden die Tiere getötet und obduziert, das makroskopische Tumorgewicht sowie die Lokalisation der Läsionen bestimmt und Proben zur histologischen und immunhistochemischen Untersuchung gewonnen. Im zweiten Teil der Arbeit haben wir das Verhalten dreier ausgewählter Adhäsionsmoleküle, welchen in der Entstehung von Metastasen eine Schlüsselrolle zugedacht wird, immunhistochemisch untersucht und die Expression semiquantitativ gemessen. Intergel® In der mit Intergel® behandelten Gruppe wurde keine statistisch signifikante, makroskopische Reduktion des Tumorwachstums nachgewiesen. Ebensowenig liess sich ein Einfluss auf die Expression von CD44, β1-Integrin oder E-Cadherin zeigen. Als natürlicher Ligand von CD44 wäre am ehesten eine Alteration dieses Moleküls zu erwarten gewesen. Da die Substanz nicht mehr zugelassen ist, wird eine weitergehende experiementelle oder klinische Erforschung nicht mehr zu erwarten sein. Interceed™ Es konnte keine statistisch signifikante, makroskopische Reduktion der Tumorgesamtmasse nachgewiesen werden. Ein Einfluss auf die Expression der untersuchten Adhäsionsmoleküle besteht nicht. Interceed™ sorgt für eine mechanische Adhäsionsbarriere und hat vermutlich keinen weiterreichenden biochemischen Einfluss auf die Tumorzellen oder das Darmepithel. Als sicheres Prophylaktikum in der Tumorchirurgie ist das Produkt nicht anwendbar, da Tumorzellen überall in der Bauchhöhle dem Peritoneum anhaften können und eine lückenlose Auskleidung des viszeralen und parietalen Peritoneums nicht durchführbar ist. Taurolidin / Heparin Unsere Arbeit bestätigt die tumorsupprimierende Wirkung von intraperitoneal appliziertem Taurolidin / Heparin anhand einer statistisch signifikanten Reduktion des Metastasenanzahl und des Tumorgesamtgewichtes. Die Expression von E-Cadherin auf dem Epithel der Metastasen wurde statistisch signifikant reduziert. Die Expression von CD44 und weniger deutlich auch β1-Integrin wird auf den Metastasen verringert, jedoch ohne statistische Signifikanz. Die Zellen des gesunden Darmepithels werden nicht beeinflusst. Eine tumorsupprimierende Wirkung von Taurolidin / Heparin ist in der vorliegenden Literatur unbestritten. Eine Vielzahl von Pathomechanismen dieser Wirkung wurden bereits nachgewiesen. In unserer Arbeit konnte zwar sowohl eine statistisch signifikante Reduktion der Tumorgesamtmasse als auch eine Reduktion der immunhistochemisch nachweisbaren Adhäsionsmoleküle, vor allem E-Cadherin nachgewiesen werden, ein kausaler Zusammenhang beider Befunde bleibt jedoch fraglich. Generell wird eine verminderte Expression von Adhäsionsmolekülen mit einer vermehrten Aggressivität von Tumoren assoziiert, was in unserem Experiment nicht nachvollzogen werden konnte. Die Frage, ob Taurolidin via Hemmung der Adhäsionsmoleküle die Adhäsionsfähigkeit von Tumorzellen herabsetzt und auf diesem Weg zur Reduktion des intraperitonealen Tumorwachstums beiträgt, wird von unserer Arbeit nicht beantwortet. Hierzu sind zukünftige molekularbiologische Untersuchungen erforderlich.
The local recurrence rate has been a common problem aftersurgical intervention in malignant tumours. Intraoperative, intraperitoneal instillation of anti- adherent and cytotoxic substances causes a reduction of intraperitoneal tumour growth after bowel resection of colon carcinoma in a rat model. After intraperitoneal application of colon adenocarcinoma cells (DHD/K12/TRb) an open cecum resection was performed in 60 BD IX rats. Following randomization in 4 groups, the cecum suture and a peritoneal defect were either covered with Interceed, Intergel, taurolidine/heparin or NaCl solution. After 4 weeks the animals were euthanized, intraperitoneal tumour growth was determined. The anastomosis and the metastases were stained immunohistochemically. Intraperitoneal therapy with taurolidine/heparin inhibits intraperitoneal tumour growth as well as the expression of tumour-associated adhesion molecules. Interceed and Intergel did not have a significant suppressive effect on intraperitoneal tumour growth.