Die Herausforderung der Behandlung schwangerer Epilepsiepatientinnen und epilepsiekranker Frauen mit Kinderwunsch liegt darin, die optimale Balance zwischen minimalem Fehlbildungsrisiko und optimaler Anfallskontrolle zu finden. Valproat (VPA), Carbamazepin (CBZ) und Lamotrigin (LTG) sind die drei häufigsten monotherapeutisch eingesetzten Antikonvulsiva in der Behandlung schwangerer Epilepsiepatientinnen [Schmitz 2010]. Die Teratogenitätsprofile der einzelnen Antikonvulsiva wurden in den letzten Jahren gut untersucht [Holmes et al. 2004; Morrow et al. 2006; Tomson et al. 2011]. Hier zeigte sich das geringste Fehlbildungsrisiko für LTG (2,9%), eine relativ geringe Fehlbildungsrate von CBZ (5,6%) und ein deutlich erhöhtes Malformationsrisiko für VPA (9,8%). Zudem lag bei allen Präparaten ein dosisabhängiger Anstieg des Fehlbildungsrisikos vor [Tomson et al. 2011]. Für VPA wurde jedoch die zuverlässigste Anfallksontrolle in der Schwangerschaft beschrieben [EURAP study group 2006d]. Antikonvulsiva unterliegen einer veränderten Pharmakokinetik in der Schwangerschaft. Vor allem LTG zeigt einen relevanten Abfall der Serumkonzentration. Bisherige Studien zur Anfallskontrolle und Pharmakokinetik der Antikonvulsiva in der Schwangerschaft lassen eine adäquate präkonzeptionelle baseline vermissen [EURAP study group 2006c], fokussieren auf nur ein Präparat (zumeist LTG) oder weisen kleine Fallzahlen auf [Pennell et al. 2008; Tran et al. 2002]. Systematische Untersuchungen zu Dosismodifikationen in der Schwangerschaft wurden bisher kaum publiziert. Die Daten der vorliegenden Studie wurden im Rahmen der EURAP-Studie (European Registry of Antiepilepitc Drugs and Pregancy), einer prospektiven Beobachtungsstudie zur Untersuchung substanzspezifischer Malformationsraten von Antikonvulsiva, erhoben. Eingeschlossen wurden schwangere Epilepsiepatientinnen, die mit einer antikonvulsiven Monotherapie mit VPA, CBZ oder LTG behandelt wurden und deren Datenerfassung der EURAP-Studie bis einschliesslich 3 Monate postpartal vollständig vorlag. In Form einer ambispektiven Kohortenstudie wurde ergänzend zu den mit Beginn der Schwangerschaft prospektiv erfragten Angaben der EURAP-Studie ein Zusatzfragenkatalog erstellt, um retrospektiv Informationen zur Anfallssituation präkonzeptionell sowie Dosismodifikationen und Serumkonzentrationen der Antikonvulsiva präkonzeptionell, im Schwangerschaftsverlauf und postpartal aus den Behandlungsakten zu ermitteln und zu vervollständigen. In die Studie wurden 200 Frauen eingeschlossen, von denen 39% mit LTG, 31,5% mit VPA und 29,5% mit CBZ behandelt wurden. Der höchste Anteil anfallsfreier Patientinnen fand sich präkonzeptionell (65,1%), in der Schwangerschaft (79,4%) und postpartal (73%) in der VPA-Gruppe und unterschied sich in den ersten beiden Zeiträumen signifikant von dem der LTG- behandelten Frauen (p=0,023 bzw. p=0,002). Hinsichtlich generalisierter tonisch-klonischer Anfälle lag in der LTG-Gruppe v.a. im kritischen dritten Trimenon ein im Vergleich zu VPA höherer Anteil vor (p=0,041). Die Anfallskontrolle der Präparate zeigte in der Subgruppe der generalisierten Epilepsien keinen signifikanten Unterschied. Ein Unterschied der Anfallsfrequenzänderung im Vergleich zur präkonzeptionellen Baseline lag nur zwischen LTG und VPA im ersten Trimenon (p=0,037) vor. Die Anfallssituation präkonzeptionell anfallsfreier Frauen unterschied sich zwischen den Präparaten nicht. Mit 25,6% der mit LTG-behandelten Schwangeren war ein signifikant erhöhter Anteil in den 12 Monaten präkonzeptionell erst auf dieses Präparat eingestellt worden. Auch Dosisänderungen lagen in der LTG-Gruppe sowohl präkonzeptionell (52,6%), als auch in der Schwangerschaft (70,6%) und postpartal (43,6%) signifikant häufiger als bei VPA und CBZ vor. Eine Dosisänderung in der Schwangerschaft war in der LTG-Gruppe im Vergleich zur stabilen Dosis signifikant häufiger mit Anfällen assoziiert. Die LTG-Clearance stieg im ersten (p<0,001) und zweiten Trimenon (p=0,002), stagnierte im dritten Trimenon und fiel postpartal signifikant unter das präkonzeptionelle Niveau (p=0,036). Das Ausmaß der pharmakokinetischen Veränderungen von Lamotrigin war dosisabhängig. Die problematische Anfallskontrolle und Pharmakokinetik von LTG in der Schwangerschaft wurde bestätigt. Es zeigte sich jedoch auch, dass bei LTG bereits präkonzeptionell eine verminderte Anfallskontrolle gegenüber VPA und CBZ vorlag. Vor dem Hintergrund vermehrter Therapiekonversionen ist dies möglicherweise einer instabilen präkonzeptionellen Behandlungssituation geschuldet. Faktoren für eine suffiziente Anfallskontrolle unter LTG in der Schwangerschaft sind präkonzeptionelle Anfallsfreiheit und eine niedrige Dosis zu Beginn der Schwangerschaft. Aufgrund des überproportionalen Anstiegs der LTG-Clearance sind auch postpartal engmaschige klinische und Serumspiegelkontrollen zu empfehlen. Zur Evaluierung von Behandlungsstandards hinsichtlich prophylaktischer bzw. reaktiver Dosisanpassungen von LTG sind weitere, für das Behandlungsregime randomisierte Studien nötig.
The treatment of epilepsy patients with childbearing potential and pregnant women with epilepsy is challenging. The aim is to minimize teratogenic effects of anticonvulsant drugs and at the same time optimize seizure control to reduce seizure related risks of injury. This ambispective observational study investigates alterations in pharmacokinetics of Valproic Acid, Carbamazepine and Lamotrigine during pregnancy an seizure control of these anticonvulsant drugs in 200 women with epilepsy.