Tierexperimentelle Untersuchungen zeigen, dass Anästhetika motorische Reaktionen auf Schmerzreize überwiegend auf Ebene des Rückenmarks unterdrücken. Als ein wesentlicher Angriffspunkt von Anästhetika innerhalb des Rückenmarks wurde das motorische Vorderhorn identifiziert, in dem die Erregbarkeit von spinalen Motoneuronen von Anästhetika reduziert wird. Das erste Ziel dieser Arbeit war es, am Menschen verschiedene spinale Parameter zu identifizieren, mit denen spinale Effekte unterschiedlicher Anästhetika systematisch untersucht und mit kortikalen Parametern des verarbeiteten EEGs verglichen werden konnten. Als Parameter zur Quantifizierung von Anästhetikaeffeken auf das Vorderhorn nutzten wir F-Wellen und den H-Reflex. Dabei zeigte sich, dass F-Wellen, die durch antidrome Erregung von Motoneuronen generiert werden, sehr stark durch die Anästhetika Propofol und Sevofluran unterdrückt werden und schon bei klinisch üblichen Konzentrationen der Anästhetika vollständig ausgelöscht werden. Bei dem Vergleich des Zeitverlaufs der dosisabhängigen Veränderung zwischen den spinalen Parametern H-Reflex und F-Welle mit den EEG-Parametern ergab sich für beide spinalen Parameter ein signifikanter Unterschied. Die spinalen Parameter reagierten gegenüber den EEG-Parametern verzögert auf die Konzentrationsänderungen der Anästhetika unabhängig von dem untersuchten Anästhetikum Sevofluran oder Propofol. Dies erlaubt den Rückschluss, dass auch beim Menschen, trotz einer deutlich ausgeprägteren supraspinalen Kontrolle als bei anderen Spezies, die Reduktion der motoneuronalen Erregbarkeit nicht indirekt durch kortikale Effekte, sondern primär auf spinaler Ebene vermittelt wird. F-Wellen werden überwiegend von großen Motoneuronen generiert, wohingegen bei der Generierung des H-Reflexes das gesamte Größenspektrum von Motoneuronen beteilig ist. Um eine Erklärung für die stärkere Empfindlichkeit von F-Wellen gegenüber Anästhetika zu finden, sind wir Frage nachgegangen inwieweit die Empfindlichkeit der Motoneurone gegenüber Anästhetika durch ihre Größe beeinflusst wird. Die Auswertung der Rekruiterungskurven des H-Reflexes unter Propofol, Sevofluran und Lachgasnarkosen zeigte eine stärkere relative Unterdrückung bei niedrigen Stimulationsstärken. Dies könnte neben ihrer methodischen Bedeutung Hinweise auf eine bevorzugte Wirkung der Stoffe auf kleinere Motoneurone geben. Die Abnahme der motoneuronalen Erregbarkeit, die durch die Verringerung der H-Reflexamplitude gezeigt wurde, kann eine Folge von prä- und/oder postsynaptischen Hemmungsmechanismen sein. Es ergab sich somit die Frage, die relativen Anteile von prä- und postsynaptischen Mechanismen an der jeweiligen Gesamthemmung zu bestimmen. Dafür untersuchten wir die Effekte von Propofol, Sevofluran und Lachgas auf i) die Amplitude des maximalen H-Reflexes, welcher sowohl durch prä- als auch postsynaptische Hemmungsmechanismen beeinflusst wird und ii) die relative heteronyme Fazilitation des H-Reflexes als einen Parameter der präsynaptischen Hemmung. Die untersuchten Anästhetika reduzierten im vergleichbaren Ausmaß den maximalen H-Reflex. Ebenfalls kam es bei allen Medikamenten zu einer signifikanten Verminderung der heteronymen Fazilitation, welche sich im Ausmaß signifikant zwischen den einzelnen Stoffen in der Reihenfolge Lachgas << Sevofluran < Propofol unterschied. Diese Reihenfolge entspricht der Affinität der einzelnen Stoffe gegenüber dem GABAA-Rezeptor. Während für Lachgas kaum GABAerge Effekte bekannt sind, stellen diese ein Hauptziel der spinalen Wirkung von Sevofluran und Propofol dar. Da die präsynaptische Inhibition der beteiligten Ia-Afferenzen durch präsynaptische GABAA-Rezeptoren vermittelt wird, liegt es nahe anzunehmen, dass die Anästhetika über diesen Hauptangriffspunkt diesen physiologischen Effekt verstärken. Neben dem motorischen Vorderhorn üben Anästhetika auch hemmende Einflüsse auf das sensorische Hinterhorn aus. Zur Beantwortung der Frage nach der relativen Wirkung von Anästhetika auf Vorder- bzw. Hinterhorn nutzten wir eine parallele Ableitung eines Flexorreflexes und des H-Reflexes. Der Reflexbogen des Flexorreflexes integiert Hinterhornanteile ( Schmerzafferenzen und sensorische Interneurone) und Vorderhornanteile (Motoneuron), wohingengen der H-Reflex, ausschließlich im Vorderhorn verschaltet wird. Wir konnten bei Konzentrationen, bei denen motorische Reaktionen auf Schmerzreize unterdrückt werden, zeigen, dass Sevofluran den H-Reflex signifikant stärker reduziert als Propofol, während beide Substanzen den untersuchten Flexorreflex vergleichbar unterdrückten. Dies erlaubt den direkten Rückschluss, dass Sevofluran einen stärker hemmenden Effekt auf das Vorderhorn ausübt als Propofol. Umgekehrt sollte dann Propofol einen stärkeren Effekt auf den sensorischen Schenkel des Flexorreflexes im Hinterhorn haben als Sevofluran.
Anesthetics suppress movement in response to noxious stimuli, primarily by their direct action on the spinal cord. Mounting evidence from animal studies suggests that their predominant site of action within the spinal cord is the ventral rather than the dorsal horn. The first aim of this study was to identify in humans different spinal parameters to compare of anesthetic effects on the spinal cord with the effects on the cerebral cortex. We used the H-reflex and F waves as spinal parameters to examine the effect of anesthetics on the ventral horn of the spinal cord. F waves are almost completely suppressed at subclinical concentrations of sevoflurane and Propofol. Differences in the equilibration half times of H-reflex and F wave in comparison to the EEG effects indicate the presence of different effect compartments for both effects. This is an argument that spinal effects of anesthetics in humans are also independent of their cerebral effects. Reduced excitability of spinal motoneurons can be mediated by both presynaptic and postsynaptic effects of anesthetics,. Our results demonstrate in humansstrong presynaptic effects of propofol intermediate presynaptic effects of the volatile anesthetic sevoflurane but no presynaptic effects of nitrous oxide. A possible explanation for this difference may be the different potency of the respective drugs in enhancing gamma-aminobutyric acid type A receptor-mediated inhibition, because presynaptic inhibition in the spinal cord involves this receptor subtype. Besides their action on the ventral horn anesthetic also reduce spinal excitability by effects on the dorsal horn. To elucidate the relative effects of Propofol and Sevoflurane on the ventral and dorsal horn we employed two reflex circuits including neurons located in different parts of the spinal cord: the proprioceptive H reflex, including only ventral horn neurons, and the RIII reflex as a component of the nociceptive flexion reflex, which includes ventral as well as dorsal horn neurons. Sevoflurane produces a larger inhibitory effect on the H reflex than propofol, which confirms that the ventral horn is a more important target for volatile anesthetics, whereas effects of propofol on this site of action are rather limited. Our findings indirectly suggest for propofol a relatively stronger effect within the dorsal horn.