Die Fähigkeit zur Ausbildung aktivitätsabhängiger Veränderungen in ihrer synaptischen Verschaltung ist eine der bemerkenswertesten Eigenschaften von Nervenzellen. So können kurze Episoden synaptischer Aktivität zu einer lang anhaltenden Potenzierung oder Schwächung der neuronalen Konnektivität führen. Diese synaptische Plastizität liegt physiologischen Prozessen zugrunde, wie dem Lernen und Speichern von Informationen, während Defizite in der Plastizität im Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen diskutiert werden. Um Veränderungen in der synaptischen Stärke langfristig zu stabilisieren, wird in Nervenzellen die Transkription einer Reihe von Genen aktiviert. Die Translation der spezifischen mRNAs führt dann zu Veränderungen in der molekularen Zusammensetzung und der morphologische Struktur der stimulierten Neuronen. Inhibitoren der Transkription und Translation verhindern demzufolge die Ausbildung lang anhaltender synaptischer Plastizität sowie die Bildung eines Langzeitgedächtnisses. Eine der zentralen Fragestellungen innerhalb der Neurowissenschaften beschäftigt sich daher mit der Identifizierung aktivitätsregulierter Gene und der Charakterisierung ihrer Funktion bei den Prozessen der synaptischen Plastizität. Arg3.1 stellt ein aktivitätsreguliertes Gen dar, das eine besondere Stellung innerhalb dieser Gruppe von Genen einnimmt, da Arg3.1 mRNA und Protein dendritisch lokalisiert sind. Diese Eigenschaft ermöglicht die lokale Translation von Arg3.1 an der Synapse und deutet auf eine Beteiligung von Arg3.1 bei den synapsenspezifischen Veränderungen nach neuronaler Aktivität hin. In dieser Arbeit wurden biochemische, molekularbiologische, elektrophysiologische und verhaltensbiologische Analysen durchgeführt, um einen Einblick in die subzelluläre Lokalisierung von Arg3.1 und dessen Rolle bei den Prozessen der synaptischen Plastizität sowie der Gedächtnisbildung zu gewinnen. So konnte das Arg3.1 Protein selektiv im Bereich aktivierter Synapsen detektiert werden, wo es bis unmittelbar an die postsynaptische Membran transportiert wird. Dort liegt es als zentraler Bestandteil eines komplexen Proteinnetzwerkes, der postsynaptischen Dichte (PSD), vor. Biochemische Affinitätsstudien zeigten, dass Arg3.1 innerhalb der PSD über das Strukturmolekül PSD-95 mit dem NMDA- Rezeptor assoziiert ist, dessen Aktivierung für die Induktion und Aufrechterhaltung synaptischer Plastizität erforderlich ist. Aufgrund des Expressionsmusters von Arg3.1 findet diese Einbindung in die PSD mit einer geringen zeitlichen Verzögerung im Anschluss an eine plastizitätsinduzierende Stimulation statt. Diese Beobachtungen unterstützen die Annahme einer Beteiligung des Arg3.1 Genproduktes bei der Ausbildung lang anhaltender Veränderungen in der synaptischen Effizienz. Mit Hilfe einer Nullmutations- Mauslinie für Arg3.1 wurde diese Hypothese überprüft. Die Deletion von Arg3.1 führt zu einem Verlust der späten Phase der Langzeit-Potenzierung (LTP), einem zellulären Modell für bestimmte Formen des Lernens. Diesem Verlust entsprechen auf der Verhaltensebene Defizite der Arg3.1 knockout-Mäuse bei einer Reihe von kognitiven Aufgaben, die das langzeitige Abspeichern von Informationen verlangen. Dabei sind sowohl explizite Gedächtnisformen, wie das räumliche Lernen im Morris water maze oder die kontextabhängige Furchtkonditionierung, als auch implizite Gedächtnisformen, wie die tonabhängige Furchtkonditionierung und die conditioned taste aversion, beeinträchtigt. Neben der Lokalisierung im Proteinnetzwerk aktivierter Synapsen kann Arg3.1 auch im Zellkern detektiert werden. Dies deutet auf eine Funktion von Arg3.1 in diesem Zellkompartiment, möglicherweise bei der Transkriptionskontrolle, hin. Eine auf der Affymetrix-Technologie basierende Genexpressionsanalyse zeigte, dass die Deletion von Arg3.1 tatsächlich Auswirkungen auf die Transkription von Genen hat, die im Gehirn von Wildtyp- aber nicht von Arg3.1 knockout-Tieren als Folge neuronaler Aktivität angeschaltet werden. So wurden mit SOCS3 und c-fos zwei Gene identifiziert, die an aktivitätsregulierten Signaltransduktionskaskaden beteiligt sind und in stimulierten Neuronen Arg3.1 defizienter Tiere differentiell reguliert werden. Demnach könnte Arg3.1 in unterschiedlichen zellulären Kompartimenten eine Funktion als Vermittler plastizitätsinduzierender Stimulation ausüben und Veränderungen initiieren, die zur Konsolidierung der synaptischen Verstärkung beitragen. Die in dieser Arbeit durchgeführten Experimente zeigen erstmals, dass Arg3.1 für die Ausbildung lang anhaltender Formen synaptischer Plastizität sowie für die Bildung eines Langzeitgedächtnisses unbedingt erforderlich ist.
One of the most remarkable features of neurons is their capacity to undergo activity-dependent changes in order to adjust their synaptic strength. Brief episodes of synaptic activity can lead to either long lasting potentiation or depression of neuronal connectivity. This synaptic plasticity contributes to a variety of physiological processes, including learning and memory, whereas impairment of synaptic plasticity might contribute to the course of several neurodegenerative diseases. To stabilize changes in synaptic strength, the transcription of a variety of genes is activated in neurons. Subsequent translation of the specific mRNAs leads to modifications of the molecular composition and morphological structure of stimulated neurons. Consequently, inhibitors of transcription and translation lead to the impairment of robust synaptic plasticity and prevent the formation of long term memory. Much attention has therefore been focused on the identification and characterization of activity-regulated genes and their role in synaptic plasticity. Arg3.1 is an activity-regulated gene that is unique among these in that its mRNA and protein are dendritically located. These properties allow the local translation of Arg3.1 at the stimulated synapse and open the possibility of synapse-specific changes that neurons undergo after neuronal activity. Biochemical, molecular biological, electrophysiological and behavioural analyses were conducted in order to gain insight into the subcellular localization of Arg3.1 at the synapse and its role in the processes of synaptic plasticity and memory formation. Following neuronal stimulation Arg3.1 was detected selectively at activated synapses where it translocates to the postsynaptic membrane. Here it constitutes a central part of a highly organized protein network, the postsynaptic density (PSD). Affinity chromatography studies reveal an association of Arg3.1 and the NMDA- receptor within the PSD, in which the NMDA-receptor plays a pivotal role in both the induction and maintenance of synaptic plasticity. Due to the expression pattern of Arg3.1 the association with the NMDA-receptor, which is mediated by the scaffolding protein PSD-95, occurs with a slight delay following plasticity-inducing stimulation. These observations support the assumption that Arg3.1 is involved in the formation of long lasting changes in synaptic efficacy. To test this hypothesis a mouse line carrying a null mutation for Arg3.1 was analysed. Arg3.1 deficient animals show a complete loss of the late phase of long-term potentiation (LTP), a cellular model for certain forms of learning. This deficiency corresponds to deficits in several cognitive tasks which require the consolidation of newly formed memories. The deficits affect both explicit memory, as shown by spatial learning in the Morris water maze and context dependent fear conditioning, and implicit memory, such as cue dependent fear conditioning and conditioned taste aversion. Besides its localization in protein networks of recently activated synapses, Arg3.1 protein can also be detected in the nucleus. This suggests a role for Arg3.1 in this compartment, possibly in the regulation of transcription. A gene chip analysis based on Affymetrix technology revealed alterations in the transcription of genes that are activated following neuronal activity in brains of wildtype but not Arg3.1 knockout animals. Two genes, SOCS3 and c-fos, which are involved in activity-regulated signalling cascades, were identified to be differentially regulated in Arg3.1 knockout animals. Thus, Arg3.1 might function as a mediator of plasticity-induced stimulation in different cellular compartments and initiate changes that result in the consolidation of increased synaptic strength. The experiments performed in this work are the first to show that Arg3.1 is required for the formation of lasting synaptic plasticity and long term memory.