Die Wahrnehmung von Licht spielt für viele Tiere eine herausragende Rolle, wobei die zum Einsatz kommenden, lichtsensitiven Strukturen unterschiedlich komplex sein können. Innerhalb der Metazoa können die zentralen Komponenten, die Photorezeptorzellen, in Abhängigkeit von ihrem Aufbau in einen ciliären und einen rhabdomerischen Typ unterschieden werden. Die Entstehung dieser morphologisch unterschiedlichen Typen wurde kontrovers diskutiert und die Interpretationen basierten maßgeblich auf ultrastrukturellen Befunden. Mit dem Aufkommen molekularer Methoden können die Photorezeptorzellen zusätzlich anhand der zelltypspezifischen Expression von Genen charakterisiert werden. So wurde gezeigt, dass sich ciliäre bzw. rhabdomerische Photorezeptorzellen signifikant in ihrem molekularen Fingerabdruck unterscheiden und z. B. verschiedene Typen von Opsinen (c- bzw. r-Opsine) exprimieren. Molekulare Daten können so einen weiterführenden Vergleich von Photorezeptorzellen auch aus entfernt stehenden Organismen ermöglichen. Bei Annelida sind verschiedene Typen von ciliären und rhabdomerischen Photorezeptorzellen beschrieben und ultrastrukturell untersucht. Des Weiteren besitzen Annelida im Unterschied zu anderen Gruppen der Lophotrochozoa distinkte Larval- und Adultaugen, was sie für evolutive Fragestellungen interessant macht. Auf molekularem Niveau wurden Photorezeptorzellen und Augen bisher nur von einem einzigen Vertreter der Annelida untersucht, dem erranten Polychaeten Platynereis dumerilii. Das Ziel dieser Arbeit ist deshalb die integrative Charakterisierung von Zelltypen verschiedener lichtsensitiver Organe bei den sedentären Polychaeten Capitella teleta und Megalomma vesiculosum mit molekularen, ultrastrukturellen und immunohistochemischen Methoden, um Aussagen bezüglich der Existenz von Larval- und Adultaugen in der Stammlinie der Annelida zu ermöglichen. Darüber hinaus soll bei C. teleta Hinweisen auf potentiell lichtsensitive Strukturen nachgegangen werden, die bisher nur auf Antikörperfärbungen beruhen. Untersuchungen an M. vesiculosum sollen zeigen, welcher Bezug zwischen dessen ciliären Photorezeptorzellen und denen anderer Annelida besteht. Da Opsine spezifische Marker für Photorezeptorzellen in unterschiedlichen Taxa darstellen, ist ihre Klonierung die Grundlage für alle weiteren Untersuchungen. Für C. teleta können Daten für insgesamt acht Opsine generiert werden. Sieben davon können kloniert werden, wobei mit der Klonierung der Opsine Cte-ops4 – Cte-ops8 die ersten Orthologe von Neuropsin bei Protostomia nachgewiesen werden. Für die beiden anderen klonierten Opsine werden im Rahmen dieser Arbeit Expressionsdaten erhoben. Bei dem ersten (Cte-r-ops) handelt es sich um ein klares r-Opsin, welches in den rhabdomerischen Photorezeptorzellen der Larval- und Adultaugen von C. teleta exprimiert wird. Diese Photorezeptorzellen von C. teleta stehen zunächst im Fokus. Für sie wird ein molekularer Fingerabdruck anhand der Expressionsanalyse von Genen erhoben, welche für die Entwicklung und Funktion von Photorezeptorzellen bedeutend sind. Damit ist die Grundlage für Kolokalisationsanalysen dieses Opsins mit anderen Genen und damit deren Expression in den entsprechenden Photorezeptorzellen gegeben. Durch Übereinstimmungen im Vergleich der erhobenen Daten für C. teleta mit denen von P. dumerilii wird deutlich, dass die Photorezeptorzellen der Larval- und Adultaugen anhand der Expression von ausgesuchten Genen, ihrer Projektion und Funktion charakterisiert werden können. Daraus ergibt sich für das Larvalauge der Annelida zunächst, dass seine Entwicklung ohne die Aktivität wichtiger Gene (Six, Eyes absent, Dachshund) des konservierten RDGN-Netzwerkes in den Zellen verläuft und es die Phototaxis der Larven steuert. Zusätzlich ist das Larvalauge acetylcholinerger Natur und seine Pigmentzelle besitzt nur Ommochrom, aber keine Pterine als abschirmende Pigmente. Darüber hinaus greifen die rhabdomerischen Photorezeptorzellen der Larvalaugen im Unterschied zu denen der Adultaugen und zu allen anderen darauf untersuchten r-Opsin exprimierenden Photorezeptorzellen im Tierreich für die Phototransduktion nicht auf Gq-alpha- Untereinheiten zurück. Der molekulare Fingerabdruck der rhabdomerischen Photorezeptorzellen der Adultaugen der Annelida ist ursprünglicher, beinhaltet er doch u. a. alle untersuchten Gene des RDGN-Netzwerkes sowie Gq-alpha. Eine Verwandtschaft dieser Zellen mit den rhabdomerischen Phaosomen der Clitellata ist wahrscheinlich, bedingt durch die ihnen gemeine Expression von r-Opsin und Gq-alpha neben spezifischen morphologischen Ähnlichkeiten. Dies unterstützt auch neueste phylogenomische Analysen, die für eine nahe Verwandtschaft von Clitellata und Capitellidae sprechen. Die zusammengetragenen Befunde weisen auf eine Homologie der Larvalaugen der Annelida sowie der Photorezeptorzellen der Adultaugen der Annelida hin. Die Larval- und Adultaugen gehen in dieser Interpretation auf einen multifunktionalen Vorläufer zurück, dessen Zellen sowohl Opsin als auch abschirmendes Pigment aufweisen. Die vorliegenden Daten sprechen dafür, dass dieser gemeinsame Vorläufer der Larval- und Adultaugen der Annelida dem Auge der Mollusken homolog ist. Durch den integrativen Ansatz wird außerdem gezeigt, dass C. teleta ciliäre Phaosomen besitzt. Die vorliegende Arbeit liefert dabei mit Cte-ops2 die ersten Opsinexpressionsdaten für solche Strukturen und weist sie als Photorezeptorzellen aus. In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass es sich bei dem betreffenden Opsin nicht um ein c-Opsin handelt, auch wenn die evolutive Herkunft von Cte-ops2 nicht abschließend zu beurteilen ist. Bedingt durch den Fund eines klaren c-Opsins und dessen Expression in den Augen der Branchialkrone von M. vesiculosum wiederum wird die evolutive Konservierung von c-Opsin in erranten und sedentären Polychaeten nachgewiesen. Die Daten machen dabei deutlich, dass es innerhalb der Annelida verschiedene Typen ciliärer Photorezeptorzellen gibt, diese aber nicht zwangsläufig ein c-Opsin exprimieren und dass c-Opsine in unterschiedlichen Funktionszusammenhängen stehen können.
The perception of light plays an outstanding role for many animals and the underlying lightsensitive structures vary in their complexity. In Metazoa the photoreceptor cells as central components can be distinguished based on their composition in a ciliary and a rhabdomeric type. The origin of those mophologically different types has been the matter of controversial debates and the interpretations were mainly based on ultrastructural data. With the advent of molecular methods an additional characterization of the photoreceptor cells is possible, using the cell-type-specific expression of genes. It was shown that ciliary and rhabdomeric photoreceptor cells differ significantly in their molecular fingerprint and employ different opsins (c- and r-opsins respectively) for instance. In consequence molecular data can facilitate a comparison of photoreceptor cells from distant organisms. Different types of ciliary and rhabdomeric photoreceptor cells have been described and investigated at ultrastructural level in Annelida. Furthermore Annelida possess distinct larval and adult eyes in contrast to other Lophotrochozoa, what makes them interesting for evolutionary questions. So far investigations of photoreceptor cells and eyes on a molecular lever in Annelida have only been conducted for one representative, namely the errant polychaete Platynereis dumerilii. Hence the aim of this study is the integrative characterization of cell types from different light-sensitive organs in the sedentary polychaetes Capitella teleta and Megalomma vesiculosum with molecular, ultrastructural and immunohistochemical methods to allow statements regarding larval and adult eyes in the annelid stem-lineage. Beyond that indications for potentially light-sensitive structures in C. teleta which so far are only based on antibody stainings are being looked into. Investigations in M. vesiculosum deal with the question, which relation there is between its ciliary photoreceptor cells and those of other annelids. Cloning opsins is the groundwork for all further investigations since they have proven to represent specific markers for photoreceptor cells in different taxa. Data for eight opsins can be generated for C. teleta. Seven of them can be cloned, in which cloning the opsins Cte-ops4 – Cte-ops8 accounts for the first orthologs of Neuropsin in Protostomia. Concerning the two other cloned opsins expression data is collected in this study. The first opsin (Cte-r-ops) is a clear r-opsin which is expressed in the rhabdomeric photoreceptor cells of the larval and adult eyes in C. teleta. Those photoreceptor cells in C. teleta will be focused on initially. A molecular fingerprint is being compiled based on the expression analysis of genes which are important for the development and function of photoreceptor cells. On this basis colocalization analysis of opsins with other genes can be carried out and expression of the latter in the corresponding photoreceptor cells can be validated. Due to congruences in the comparison of the collected data from C. teleta with data from P. dumerilii it becomes obvious, that the photoreceptor cells of the larval and adult eyes can be characterized based on the expression patterns of certain genes, their projection and function. The outcome of this concerning the larval eye of the Annlida is, that its development proceeds without the activity of important genes (Six, Eyes absent, Dachshund) belonging to the conserved RDGN-network in the cells themselves and that it mediates larval phototaxis. Moreover the larval eye is of acetylcholinergic nature and its pigment cell features only Ommochrome, but not Pterins as shading pigments. The rhabdomeric photoreceptor cells of the larval eyes furthermore don´t deploy Gq-alpha subunits for their phototransduction cascade which is in contrast to the photoreceptor cells of the adult eyes and to those of all investigated and r-opsin expressing photoreceptor cells in the animal kingdom. The molecular fingerprint of the rhabdomeric photoreceptor cells of adult eyes in Annelida is pristine, since it contains all investigated genes of the RDGN- network and Gq-alpha for instance. A closer relationship of those cells with the rhabdomeric phaosomes of the Clitellata is likely due to the common expression of r-opsin and Gq-alpha besides specific morphological similarities. This supports newest phylogenomic anlysis which argue for a closer relationship of Clitellata and Capitellidae. The compiled data suggests a homology of the larval eyes of the Annelida as well as the photoreceptor cells of the adult eyes of the Annelida. In this interpretation larval and adult eyes trace back to a multifunctional ancestor, whose cells possess opsin as well as shading pigment. The data suggests a homology of this common ancestor of larval and adult eyes of Annelida and the eye of the Mollusca. Using the integrative approach it is also shown, that C. teleta possesses ciliary phaosomes. In this study the first expression data for an opsin (Cte- ops2) in these structures is presented and accounts for them being photoreceptor cells. Noteworthy the corresponding opsin is not a c-opsin, though a final judgement on its evolutionary roots is not possible yet. It is obvious that c-opsins have been conserved among errant and sedentary polychaetes due to the discovery of a clear c-opsin and its expression in the eyes of the branchial crown of M. vesiculosum. In consequence the provided data shows that different types of ciliary photoreceptor cells exist in Annelida, that they don´t necessarily express a c-opsin and that c-opsins can be employed in different functional contexts.