In der vorliegenden experimentellen Arbeit wurde ein großes Kollektiv von Stämmen der wichtigen Tierseuchenerreger aus der Gattung Pasteurella- und Mannheimia unterschiedli-cher Wirtstiere und Erkrankungskomplexe mittels phäno- und genotypischer Methoden cha-rakterisiert. Ausgangspunkt der molekularen Analysen war es, die etablierten unzureichenden phänotypischen Identifizierungstests durch unzweifelhafte molekulare Methoden zu ersetzen. Somit sollte die Basis für zukünftige molekulare epidemiologische Arbeiten geschaffen wer-den, mit denen endlich das Vorkommen und die pathogenetische Bedeutung dieser wichtigen Tierseuchenerreger valide analysiert werden kann Unseres Wissens wurde mit 289 P. multocida ssp.-, 25 P. sensu stricto- und 104 M. species-Isolaten erstmals ein derart umfangreiches repräsentatives Kollektiv an Stämmen untersucht, wodurch die Etablierung aussagefähiger diagnostischer Werkzeuge gelang. Pasteurella ssp. und spp. wurden mittels PCR und DNS-DNS-Hybridisierung auf das Vor-handensein von 16 virulenzassoziierten Genen [psl, ompH, oma87, ptf, pfha, nanB, nanH, toxA, tbpA, tonB, hgbA, hgbB, sodA, sodC, iga, escv], einem Spezies-spezifischen- [kmt] und fünf Kapsel- Genen [capA, capB, capD, capE, capF], M. haemolytica und sonstige Mannhei-mia- Spezies auf das Vorhandensein von 12 virulenzassoziierten Genen [lktA, pomA, gcp, trBA, tonB, irp, sodA, sodC, escv, iga, adh] hin untersucht. Bei den P. multocida ssp.-Isolaten gelang fast regelmäßig der Nachweis von Genen, die für äußere Membranproteine (psl, ompH, oma87), Kolonisationsfaktoren (ptf, nanB, nanH), Superoxid-Dismutasen (sodC, sodA) und Eisenakquirierungssysteme (tonB, hgbA, hgbB) kodieren. Mit einer niedrigeren Prävalenz kamen dagegen das offensichtlich für Isolate ruminaler Wirte spezifische Eisenakqurierungs-Gen tbpA (31,5 %), das für ein filamentöses Hämagglutinin kodierende pfha (37,0 %) sowie das Dermonekrotoxin-kodierende toxA (12,5 %) vor. P. sensu stricto- Isolate besaßen z. T. keines der untersuchten Gene bzw. je nach Spezies ompH, oma87, psl und tonB und konnten auf diese Weise genotypisch von P. multo-cida ssp. differenziert werden. 86,9 % der P. multocida ssp. wiesen eine Kombination der drei Adhäsionsgene pft, nanH und nanB auf; 39 % dieser Stämme besaßen zusätzlich pfhA, das auffallend selten bei Kapseltyp D-Stämmen (4,8 %) vorkam. Die gleichzeitige Expression von Fimbrien, Sialidasen sowie dem Hämagglutinin in P. multocida ssp. stellt eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche Etablierung des Bakteriums in verschiedenen Wirtsorga-nismen bzw. deren Geweben dar und könnte ein Grund für das außerordentlich breite Wirts- spektrum dieser Pasteurellen sein. Auch die häufig vorkommende Kombination der Eisenak-quirierungs-Gene hgbA, hgbB und tonB (76,5 %), sowie zusätzlich von tbpA (20,4 %) sollte P. multocida ssp. einen entscheidenden Wachstumsvorteil in unterschiedlichen Wirtstieren ermöglichen. Diese Ergebnisse geben somit entscheidende Anhaltspunkte für zukünftige ex-perimentelle Untersuchungen zur Bedeutung von Adhäsions- und Eisenakquierierungsgenen in der Pathogenese unterschiedlicher Pasteurella-bedingter Erkrankungskomplexe. Weiterhin sollte die Eignung der entsprechenden Genprodukte als mögliche Kandidaten für Impfstoffe geprüft werden. Von den 89 M. haemolytica-Stämmen konnten aufgrund der Biotypisierung 66 der Biogruppe 1 zugeordnet werden, während 23 Stämme anderen Biogruppen angehörten bzw. sechs ein derart abweichendes Biochemieprofil aufwiesen, dass sie nur durch anschließende Sequenzanalyse ihrer 16S-rRNS-Gene als M. varigena (5) bzw. M. ruminalis (1) identifiziert werden konnten. Mit Ausnahme der Gene lktA, pomA und trBA, die fast regelmäßig bei den M. haemolytica-Stämmen vorkamen, war bei anderen untersuchten Faktoren, wie tonB, irp, gcp und sodA eine deutlich höhere Prävalenz bei den pathogenetisch bedeutenderen Biogrup-pe 1-Stämmen im Vergleich zu denen anderer Biogruppen vorhanden. Auch diese neuen Da-ten zu den erst kürzlich identifizierten Genen geben Anlass, deren Bedeutung für den Infek¬tions¬prozess zukünftig stärker zu überprüfen. Auf der Grundlage dieser Analyse-Daten konnten zwei Multiplex-PCRen entwickelt werden, die einen Verzicht auf den konventionellen und teilweise unzuverlässigen Nachweis von P. multocida ssp. und M. haemolytica auf der Basis ihrer phänotypischen Merkmalsaus-prägungen ermöglichen. Aufgrund der in dieser Arbeit bestätigten regionalen Bedeutung von P. multocida ssp. multocida Kapseltyp A- und D-Stämmen sowie der tierseuchenrechtlichen Relevanz des toxA-Gens wurde der Nachweis dieser drei Gene neben dem für das M. haemolytica lktA und pomA in die erste Multiplex-PCR zur Differenzierung der beiden bakteriellen Spezies integriert, die beispielsweise im Rahmen der Enzootischen Bronchomop-neumonie oft als Mischkultur angetroffen werden. Eine zweite Multiplex-PCR, die in Zukunft für umfassende epidemiologische Studien zur Bestimmung des Besiedlungsmusters von P. multocida ssp.-Isolaten bei unterschiedlichen Wirtstieren angewendet werden kann, erlaubt den gleichzeitigen Nachweis der Gene oma87, ptf, pfha, capF, tbpA, hgbA, hgbB, tonB, nanH und nanB. Dies schien erforderlich, da die Prävalenzdaten der bei P. multocida ssp.-Isolaten untersuchten Gene auf eine sich möglicherweise ändernde Epidemiologie bei diesen Stämmen hinweisen. So ergab sich beispielsweise die Frage nach einem horizontalen Gen-Transfer des phagenkodierten toxA nicht nur zwischen Stämmen mit einzelnen Kapseltypen, sondern auch zwischen Stämmen unterschiedlicher Wirtstiere, da toxA entgegen früherer Angaben vermehrt bei Kapseltyp A-Stämmen nicht nur beim Schwein sondern auch beim Wiederkäuer nachge-wiesen werden konnte. Des weiteren deutete die Tatsache, dass bei Isolaten, die von an Rhini-tis Atrophicans erkrankten Schweinen isoliert worden waren, z. T. kein toxA nachgewiesen werden konnte, darauf hin, dass die Tiere mit mehreren P. multocida ssp.-Stämmen infiziert sein können. Dieser epidemiologisch wichtige Befund blieb jedoch aufgrund der begrenzten Möglichkeiten der konventionellen Diagnostik zur Differenzierung der Isolate bislang uner-kannt. Ein weiteres interessantes Ergebnis war der Nachweis von P. multocida-Kapeltyp F-Stämmen bei Rindern und Katzen. Laut ensprechender Literatur kommen diese Stämme nur beim Geflügel vor. Die vorliegenden Daten deuten darauf hin, dass auch hier ein Wandel in der Adaptation von Kapseltypen an bestimmte Wirtstiere erfolgt ist, dessen Ausmaß in Folge¬unter¬suchungen mittels der hier etablierten Multiplex-PCRen eingeschätzt werden kann. Abschließend wurden phylogenetische Untersuchungen auf Basis der DNS-Sequenz¬analyse des variablen ompH von Pasteurellen durchgeführt. Aufgrund des Nachweises von ompH nicht nur bei P. multocida ssp. sondern auch bei verschiedenen P. sensu stricto-Isolaten wurden diese Analysen an 12 Pasteurella-Isolaten vorgenommen. Obwohl es sich bei dem Genprodukt um ein äußeres Membranprotein handelt, das aufgrund seiner Lokalisation einem ständigen Selektionsdruck unterliegt, spiegeln die DNS- Sequenzdaten jene phylogenetischen und taxono¬mischen Einordnungen von Pasteurellaceae-Spezies wider, die auf der Basis der 16S-rRNS erhoben wurden. Die Untersuchung stellt insofern eine sinnvolle Ergänzung ande-rer Methoden zur phylogenetischen Einordnung einzelner Pasteurella-Spezies dar und führt zu einem besseren Verständnis der evolutionären Entwicklung dieser Mikroorganismen.
In this experimental thesis, an extensive collection of the important veterinary pathogenic genera Pasteurella and Mannheimia from various hosts and disease complexes were charac-terized with pheno- and genotypical methods. The molecular analyses were necessary to re-place the currently established ambiguous phenotypical identification methods with valid, unambiguous molecular tools. With these tools, future molecular epidemiological studies are enabled, which finally will lead to a valid analysis of the actual prevalence as well as the pathogenic role of these important veterinary pathogens. To our knowledge, with a total of 289 P. multocida ssp.-, 25 P. sensu stricto- as well as 104 M. species, for the first time such a large collection has been analysed, facilitating the establishment of valid diagnostical tools. Via PCR and DNA-DNA-hybridization, Pasteurella ssp. and spp. were investigated for the presence of 16 virulence associated genes [psl, ompH, oma87, ptf, pfha, nanB, nanH, toxA, tbpA, tonB, hgbA, hgbB, sodA, sodC, iga, escv], one spe-cies-specific [kmt] and five capsule genes [capA, capB, capD, capE, capF], while M. haemolytica and additional Mannheimia species were screened for the presence of 12 viru-lence associated genes [lktA, pomA, gcp, trBA, tonB, irp, sodA, sodC, escv, iga, adh]. Nearly all P. multocida ssp. strains showed a combination of genes, coding for outer membrane proteins (psl, ompH, oma87), colonisation factors (ptf, nanB, nanH), superoxide dismutase (sodC, sodA) as well as iron acquisition systems (tonB, hgbA, hgbB). In contrast, tbpA (31.5 %), coding for an iron acquisition system which seems to be specific for strains from ruminants, pfha (37.0 %), coding for filamentous hemagglutinine, as well as toxA (12.5 %), coding for dermonecrotoxin, were found to be less prevalent. Isolates of P. sensu stricto possessed mostly none of these genes, or, depending on the species investigated, ompH, oma87, psl and tonB only. Thus, genotypically these species could be easily differenti-ated from P. multocida ssp.. 86.9 % of the P. multocida ssp. harboured a combination of three genes encoding adhesins, namely ptf, nanH and nanB. In addition, 39.0 % of those strains reacted positive for pfhA, a gene which was rarely seen in strains of capsule type D (4.8 %). The simultaneous expression of fimbriae, sialidases and hemagglutinine in P. multocida ssp. is a fundamental requirement for successful infection of the host and host tissues, respec-tively, and may be one reason for the wide host spectrum of Pasteurella. Additionally, the finding that genes hgbA, hgbB and tonB, involved in iron acquisition, were found in combina-tion in 76.5 % of the strains, as well as the presence of tbpA in 20.4 % of them should theo-retically give P. multocida ssp. an advantage in multiplication in different hosts. Thus, the data generated also give relevant information for future experimental studies, investigating the role of adhesins as well as iron acquisition systems during pathogenesis of different Pas-teurella-associated disease complexes. Furthermore, the suitability of those gene products as vaccine candidates should be investigated. Biotyping of 89 M. haemolytica strains classified 66 strains as members of biogroup 1, while 23 strains belonged to other biogroups. Six strains gave such a variable biochemical profile, that only 16S-rRNA gene sequencing led to their classification as M. varigena (5) and M. ruminalis (1), respectively. With the exception of lktA, pomA and trBA, which were nearly regularly identified in all strains of M. haemolytica, the other genes under investigation (like tonB, irp, gcp, and sodA) were found with higher prevalence in biogroup 1 strains, which are prone to be more virulent. As the latter genes were identified only recently, these new data also give reason to more detailed analyses of their possible role during the infectious process. Based on these extensive analyses, two Multiplex PCRs were established successfully. With these diagnostic tools, the currently used conventional and partly ambiguous phenotypi-cal methods for the identification of P. multocida ssp. und M. haemolytica can be replaced. Due to the confirmation of the regional importance of P. multocida ssp. multocida capsule type A and D strains, as well as the notification requirement of toxA positive strains, primers for the detection of those three genes as well lktA and pomA for the identification of M. haemolytica were integrated into one Multiplex-PCR. As both species may be present in mixed culture in biological samples, for example in cases of enzootic bronchopneumonia, we reasoned a differentiation to be useful. The establishment of a second Multiplex-PCR, ena-bling the simultaneous identification of oma87, ptf, pfha, capF, tbpA, hgbA, hgbB, tonB, nanH as well as nanB, will be useful in future epidemiological studies to identify colonization of various host species with P. multocida ssp.. Especially the recognition of the epidemiologi-cal shift, which seems to have taken place concerning P. multocida ssp., we sensed this tool to be highly useful. Indeed, the question of a horizontal gene transfer of the phage encoded toxA not only between strains of a distinct capsule type, but also between strains isolated from various host animals is thrilling. In contrast to current knowledge, our data revealed that toxA is also found in strains of capsule type A and not only in strains isolated from swine but also from bovines. Furthermore, the fact that several strains were isolated from pigs suffering from atrophic rhinitis, but being negative for toxA, indicates that these animals may be infected with various different P. multocida strains. This epidemiological highly important finding was unknown so far, most probably due to limitations of the currently used conventional diagnos-tic tools. Another interesting finding was the fact, that P. multocida strains of capsule type F could be isolated from cattle as well as from cats. Due to the literature, such strains can only be found in poultry. In contrast, our results indicate a change in the adaption of strains with certain capsules to distinctive hosts. This epidemiological important finding should be inves- tigated more detailed in the future a perspective enabled by the Multiplex- PCRs established in the current work. Finally, phylogenetic analyses were performed by sequencing the variable outer mem-brane protein gene ompH of Pasteurella. Due to the finding that ompH was present not only in P. multocida ssp., but in various P. sensu stricto isolates additionally, a total of 12 strains were included in this investigation. Although the gene product, an outer membrane protein, is under selective pressure, gene sequence analyses are in accordance with results of phyloge-netical and taxonomical studies of Pasteurellaceae species, based on 16S-rRNA sequence data. Thus, analysing ompH is a useful complementation of phylogenetic investigations of Pasteurella species, clarifying the evolutionary development of these microorganisms.