Interferon-alpha (IFN-α) ist ein Zytokin, das zur Behandlung zahlreicher Erkrankungen eingesetzt wird. Neben den erwünschten antiproliferativen und antiviralen Effekten führen vor allem psychiatrische Nebenwirkungen wie Depressionen häufig zu einem vorzeitigen Therapieabbruch. Anhand von mehreren eigenen prospektiven Studien wird in der vorliegenden Arbeit gezeigt, daß Interferon-induzierte Nebenwirkungen wie Depressionen, Leistungsverlust, Reizbarkeit, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen sowie Schlafstörungen in 30-80% der Fälle vorkommen. Wir untersuchten zudem mögliche immunologische Mechanismen IFN-α induzierter psychischer Nebenwirkungen und fanden eine starke Induktion der Expression des Zelladhesionsmoleküls sICAM-1 durch IFN-α, welches möglicherweise zu einer Störung der Integrität der Blut-Hirn-Schranke und damit zu einer vermehrten Durchlässigkeit für aktivierte Immunzellen und Zytokine führt. Der Anstieg der Konzentration von sICAM-1 zeigte zudem eine positive Korrelation mit der Schwere der während der Therapie auftretenden Depressionen. Die Konzentrationen verschiedener Immunparameter wie Neopterin und sgp-130 sowie löslicher Zytokinrezeptoren (IL- 4, IL-6, TNFα-I und TNFα- II) stiegen während der Therapie mit IFN-α signifikant an. Der lösliche IL-6-Rezeptor hatte dabei in unseren Untersuchungen einen prädiktiven Wert für IFN-assoziierte Depressionen. Als weitere Mechanismen für IFN-α induzierte psychiatrische Nebenwirkungen werden Neurotransmitterveränderungen und Cortisolanstiege diskutiert. Insbesondere ein Mangel an Tryptophan und eine reduzierte serotonerge Transmission wird für die Entstehung von Depressionen während einer Therapie mit IFN-α verantwortlich gemacht. Auf diesen Erkenntnissen basierend konnten wir zeigen, daß eine antidepressive Vorbehandlung mittels Citalopram bei Patienten mit einer chronischen Hepatitis C die Häufigkeit IFN-α assoziierter Depressionen reduzieren konnte. In einer weiteren Untersuchung konnten wir zudem demonstrieren, dass auch HCV- infizierte Patienten mit psychiatrischen Erkrankungen, Patienten in Methadonsubstitutionsprogrammen oder Patienten mit früherem Drogenmissbrauch in einer interdisziplinären Zusammenarbeit erfolgreich mit IFN-α behandelt werden können. Wir sahen im Vergleich zu einer psychisch gesunden Kontrollgruppe keine Unterschiede bezüglich des langfristigen Therapieansprechens, der Haltequote und der Häufigkeit depressiver Episoden. Die Ergebnisse verdeutlichen zusammenfassend, dass IFN-α assoziierte psychiatrische Nebenwirkungen neurobiologisch erklärbar sind und das diese wahrscheinlich weitgehend unabhängig von einer vorbestehenden psychiatrischen Störung auftreten. Zudem können IFN-α assoziierte depressive Symptome erfolgreich mit Antidepressiva behandelt oder im Rahmen einer präventiven Therapie weitgehend verhindert werden. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht auch die Behandlung von Patienten mit psychischen Störungen und/ oder Suchterkrankungen.
Interferon-alpha (IFN-α) is a cytokine, which is used for the treatment of several diseases. Beside its antiproliferative and antiviral effects, treatment with IFN-α is limited by psychiatric side effects such as depression, which may lead to early discontinuation of treatment. On the base of own prospective trials we could demonstrate, that psychiatric side effects such as depression, irritability, sleep disturbances and impaired concentration and memory occur in 30-80% during IFN-α treatment. We also investigated immunological changes as a possible mechanism of IFN-induced psychiatric side effects and found, that IFN-α treatment was associated with a strong increase in the expression of the cell adhesion molecule sICAM-1. This might possibly affect the integrity of the blood-brain-barrier, followed by an increased permeability for cytokines and activated immune cells. In addition, the increase of sICAM-1 was positively correlated with depression scores during treatment. The concentration of different immune parameters such as neopterin, sgp-130 and several soluble cytokine receptors (IL-4, IL-6, TNFα-I and TNFα-II) increased significantly during IFN-treatment. The soluble IL-6 receptor predicted IFN-α associated depressive syndromes. As further pathophysiological mechanisms changes in neurotransmitters and an increase of cortisone concentrations have been discussed. Especially a decrease of tryptophan and serotonergic neurotransmission might be associated with the development of depressive symptoms. Based on these findings we were able to show, that an antidepressant pretreatment with citalopram of patients receiving a combination treatment with IFN-α and ribavirin because of a chronic hepatitis C infection was effective, to reduce significantly the incidence of major depressive episodes. Moreover we could demonstrate, that even psychiatric risk patients with a history of drug addiction, methadone substitution treatment or psychiatric disorders can be successfully treated with IFN-α and ribavirin in an interdisciplinary setting. No differences regarding sustained virological response, adherence and the incidence of depression were detected if compared to a HCV-infected control group without psychiatric disorders. In conclusion our data support the view, that psychiatric side effects of IFN-α are related to neurobiological changes, which may occur in all patients independent from a pre-existing psychiatric disorder. In addition, depressive symptoms can be successfully treated and prevented by antidepressants. Thus, also psychiatric risk patients can be treated with IFN-α in an interdisciplinary setting.