Ein Ziel dieser Studie ist es, die Funktion eines assimilativen (hartnäckige Zielverfolgung) und akkommodativen (flexible Zielanpassung) Bewältigungsstils bei pflegenden Angehörigen von Demenzpatienten zu untersuchen. Insbesondere wird die Frage untersucht, ob ein flexibler, akkommodativer Bewältigungsstil die negativen Auswirkungen von pflegebezogener Belastung auf das Wohlbefinden abpuffert. In den letzten Jahren wurde in der Literatur zunehmend betont, dass sich die Situation pflegender Angehöriger auch positive Konsequenzen hat. Deshalb wird auch der Frage nachgegangen, ob eine lange Pflege demenziell Erkrankter bei den Angehörigen zu Persönlichkeitswachstum beiträgt. Schließlich wird das Zusammenspiel von Coping, Persönlichkeitswachstum und subjektivem Wohlbefinden untersucht. Eine reife, komplexe Sicht der eigenen Person fördert möglicherweise die Effektivität von akkommodativer Bewältigung, indem Umdeutungs- und Ablösungsprozesse erleichtert werden. Die zwei vorliegenden Querschnittsstudien sind Teile von LEANDER (Längsschnittstudie zur Belastung pflegender Angehöriger von demenziell Erkrankten). Hier werden Daten aus dem 1. MZP berichtet. In Studie 1 (N = 126) werden die Hypothesen geprüft, die Aussagen zum assimilativen und akkommodativen Bewältigungsstil und zur kognitiven Komplexität nach Loevinger machen. Im zweiten Ergebnisteil (Studie 2; N = 859) kommen bereichsspezifische Maße zum Einsatz: Akkommodation bei der Pflege und Persönliches Wachstum durch die Pflege. In Studie 1 wurde zunächst die Frage untersucht, wie sich ein assimilativer und akkommodativer Bewältigungsstil im Zusammenwirken mit belastenden Umständen (mangelnde soziale Anerkennung, Morbidität und Verhaltensänderungen der Demenzpatienten) auf das Wohlbefinden der Angehörigen auswirken. Die Ergebnisse belegen die puffernde Wirkung des akkommodativen Bewältigungsstils. Darüber hinaus zeigt sich, dass die Angehörigen durch die belastenden Umstände die stärksten Einbußen im Wohlbefinden verzeichnen mussten, die sehr hartnäckig waren und gleichzeitig wenig akkommodativ. Hatten die Hartnäckigen gleichzeitig einen akkommodativen Bewältigungsstil, konnten die Einbußen wieder ausgeglichen werden. Kognitive Komplexität konnte durch eine lange Pflegedauer vorhersagt werden. Des Weiteren konnte gezeigt werden, dass ein akkommodativer Bewältigungsstil besonders bei den kognitiv Komplexen mit dem allgemeinen Wohlbefinden korreliert. In Studie 2 konnte mit LISREL-Analysen gezeigt werden, dass sich Persönliches Wachstum durch die Pflege im Gegensatz zu Akkommodation bei der Pflege durch Pflegedauer und mangelnde soziale Anerkennung vorhersagen ließ. Darüber hinaus bestand ein Pfad von Wachstum durch die Pflege über pflegespezifische Akkommodation zu Depressivität, wobei pflegespezifische Akkommodation eine verringerte Depressivität vorhersagte. Dieses Ergebnis lässt die Interpretation zu, dass Persönlichkeitswachstum die adaptive Wirkung von akkommodativem Coping bei der Pflege entfaltet. Bekräftigt wurde diese Interpretation durch das signifikante Ergebnis einer Interaktionsanalyse. Pflegebezogene Akkommodation sagte besonders dann geringere Depressivität vorher, wenn die Angehörigen viel Persönlichkeitswachstum berichteten. Das Ergebnis mit den bereichsspezifischen Indikatoren steht in Einklang mit dem Befund zur kognitiven Komplexität und zum akkommodativen Bewältigungsstil aus Studie 1. Schließlich konnte gezeigt werden, dass pflegespezifische Akkommodation den negativen Einfluss von mangelnder sozialer Anerkennung und den Verhaltensänderungen auf die Depressivität der Angehörigen lindert.
One aim of this study is to examine the function of assimilative (tenacious goal pursuit) and accommodative (flexible goal adjustment) coping styles for relatives who care for patients with dementia. Particular attention is given to whether a flexible accommodative coping style buffers the negative, care- related changes in well-being. In recent years it has been emphasised in the literature that the nursing situation relates not only to stress and relief but also to positive consequences. For this reason this study examines whether a long period of caring for dementia patients contributes to personality growth in their caretaking relatives. Finally the interaction between coping, personality development, and the subjective well-being is examined. A mature and complex idea of ones self possibly supports the effectiveness of accommodative coping because processes of reorientation and reappraisal become easier. The two cross-sectional studies used are part of the research project LEANDER (Longitudinal Study of the Burden of Nursing Relatives of Dementia Patients). Study 1 (N=126) tested hypotheses concerning assimilative and accommodative coping styles and cognitive complexity as an indicator of personality development. In the second part (Study 2; N=859) domain-specific measurements have been employed: Accommodation in Caring and Personality Growth through Care. First, in Study 1, the effects on well-being with respect to the two coping styles (tenacious goal pursuit and flexible goal adjustment) in combination with the stressors (lack of social recognition, morbidity, and changes in the behaviour of the patients) were examined. The results prove the buffering effect of an accommodative coping style. Moreover it became apparent that those relatives whose well-being was strongly affected by the stressors were the most tenacious and at the same time less accommodative. The vulnerability of well-being can be compensated for when a relative is tenacious but has an accommodative coping style. Cognitive complexity could be predicted by long-term care. Furthermore an accommodative coping style was demonstrated to correlate especially with the well-being of cognitively complex personalities. In Study 2, the domain-specific scales Accommodation in Caring and Personality Growth through Care have been examined more closely. LISREL- analyses reveal that the duration of the care and lack of social recognition predict Personality Growth through Care, in contrast to Accommodation in Caring. Moreover there is a path from personality growth over care-specific accommodation to depression, in which care-specific accommodation predicts less depression. This result supports the interpretation that personality growth leads to accommodative coping. This interpretation is supported by the significant result of an interaction analysis. Care-related accommodation predicts less depression especially when relatives report significant personality growth. The results of the domain- specific indicators are in accordance with the results from Study 1 concerning cognitive complexity and the accommodative coping style. Finally it is evident that the negative influences (lack of social recognition and changing behaviour of the patients) on the depression of the relatives are alleviated through care-specific accommodation.