Grundlage der Arbeit ist die Untersuchung von Verlandungsprozessen in den Schilfröhrichten sächsischer Karpfenteiche. Die Schwerpunkte liegen auf der zeitlichen und örtlichen Entwicklung von Schilf (Phragmites australis) bei günstigen Wachstumsvoraussetzungen. Die Untersuchungen sind in drei wesentliche Einheiten gegliedert: das Wachstum von Halmen, das Wachstum von Halmen in Beständen und die Habitatbesetzung von Schilf. Das Wachstum von Halmen ist durch den im Jahresverlauf unveränderlichen Durchmesser begrenzt. Die für einen Halm mit gegebenem Durchmesser erreichbare Länge lässt sich errechnen. Damit kann neben der erreichten Länge eines Halmes auch seine erreichbare Länge bestimmt werden. Anhand des Quotienten aus erreichter und erreichbarer Länge (relative Länge) lässt sich einschätzten, inwiefern durch den Durchmesser vorgegebene Wachstumsvoraussetzungen ausgenutzt werden. Die Biomasse einzelner Schilfhalme hängt von der Oberfläche der Halme ab (nicht von ihrem Volumen). Dadurch bleibt die flächenbezogene Biomasse (standing crop) in Schilfbeständen unabhängig von der Halmdichte. Dies widerspricht dem �-3/2 power law�, nach dessen Gesetzmäßigkeiten in dichten Reinkulturen wenige große Pflanzen eine höhere Biomasse ausbilden sollten. Schilfhalme verschiedener Herkunft lassen sich anhand ihrer Durchmesser, Längen, relativer Längen und Dichten unterscheiden. Unterschiede liegen in den Mittelwerten der Eigenschaften, in ihrer saisonalen Entwicklung und in der Entwicklung der Variationskoeffizienten. Die Schilfbestände der Karpfenteiche lassen sich in fünf charakteristische Entwicklungstypen einteilen: Invasionsschilf, stabiles Zentralschilf, Riesenschilf, Steiluferschilf und Bültenschilf. Die Entwicklungstypen entstehen in Abhängigkeit von Standortfaktoren und Alter der Bestände. Sie entsprechen Zuständen einer langfristigen Änderung. Prinzipiell entwickelt sich die Bestandsstruktur von dünnen, kurzen Halmen in hohen Dichten zu wenigen großen Halmen. Die Habitatbesetzung von Schilf ist fast ausschließlich ein Wachstumsvorgang. Im Rahmen der Untersuchungen wurde keine erfolgreiche Ausbreitung durch generative Diasporen gefunden. Eine vegetative Fortpflanzung mit der Entstehung von Ramets als selbstständig lebende Einheit trat in nur einem Fall auf. Damit wächst Schilf in Form ausgedehnter Individuen, als ein Organismus aus potenziell selbstständig lebensfähigen Teilen, die dennoch physiologisch verbunden bleiben. Die Habitatbesetzung ist ein Wachstumsvorgang aus vorhandenen Beständen und beinhaltet nahezu keine Fortpflanzung. Dabei folgt das Wachstum von Schilf einer labilen Strategie mit standortbedingten Teil-Taktiken. Unter günstigen Bedingungen wird eine Taktik verfolgt, die Merkmale des Phalanx-Wachstums aufweist, ungünstige Habitate werden durch ein Wachstum mit Guerilla-Merkmalen besetzt. Die physiologische Verbundenheit der Module ist dabei notwendig, um erfolgreiches Durchqueren ungünstiger Standorte zu gewährleisten. Bei Schilf können sich daher Teile eines Individuums in der Ausprägung von Wachstumsmerkmalen im Guerilla- Phalanx-Kontinuum unterscheiden. Damit ist morphologische Variabilität entscheidender Teil der Wachstums- und Habitatbesetzungsstrategie von Schilf und Unterschiede zwischen Beständen reflektieren unterschiedliche Entwicklungszustände. Die vorliegende Arbeit liefert eine alternative oder zumindest ergänzende Erklärung für die auf Umwelteinflüsse oder genetische Ursachen zurück geführte morphologische Variabilität von Schilf.
The present paper is based on investigations of reed stands (Phragmites australis) in carp ponds in Saxony, Germany. It focuses on the aspect of space and time in the development of reed if favorable conditions for growth are given. The results are divided into three main units: the growth of culms, the growth of culms in stands and the habitat occupation of reed. The growth of culms is limited by their diameter, which remains constant throughout the vegetation period. The maximum length of a culm with a given diameter can be calculated. A relative length can be determined by dividing the actual length of a culm through the length it potentially could have reached. The relative length indicates the amount, in which the culm takes advantage of the prerequisites for growth given by its diameter. The biomass of single culms depends on their surface (not on their volume). Thus, the standing crop of reed remains independent of the culm density. This contradicts the -3/2 power law, which predicts an increase of the standing crop during self-thinning in dense monocultures. Reed stands can be distinguished by changes of distributions, means and variances of diameter, density, length and relative length of the culms during the vegetation period. Five characteristic patterns of seasonal development were found: invasive reed, stable reed of central regions, giant reed, steep-shore reed, and reed tussocks. The patterns of development represent states of a long-term change of the stand structure dependent on its age and environmental influences. Basically, the development is directed from thin culms of high density towards less and thicker culms. The habitat occupation by reed is almost exclusively a process of growth. No successful dispersal of sexual diaspores was found. Cloning was found only once and considering the amount of investigation, asexual reproduction is a rare event. Reed does hardly ever split up into ramets, which are defined as clonally originated, physically separated and living descendants of a former individual. Reed grows as an extensive individual, an organism compounded of units which are capable of living independently, but nonetheless remain connected. Therefore, the habitat occupation by reed occurs by growth of existing stands and barely includes reproduction or dispersal. The habitat occupation of reed follows an �unstable strategy of habitat-dependant partial tactics�. If growth conditions are good, the tactic is phalanx-like. Environments with less favourable conditions are occupied with a tactic showing traits of the guerrilla growth type. The physiological integration of modules guarantees the successful passage of unsuitable areas. The intra- individual combination of tactics leads to differences between parts of a single organism according to their position in a guerrilla-phalanx-gradient. The morphological variability is essential for the strategy of growth and habitat occupation of reed. Differences between stands reflect different stages of development. The results presented are an alternative or at least an additional explanation for the morphologic variability of reed, which is predominantly explained by environmental factors or genetic prerequisites.