Der akute Myokardinfarkt als eine Form der klinischen Manifestation der Koronaren Herzkrankheit (KHK) zählt in Deutschland zu den häufigsten Todesursachen. Der Koronargefäßverschluß, wie er im Rahmen eines akuten Myokardinfarktes auftritt, führt ohne therapeutische Maßnahmen zu einer Ischämiebelastung des Herzmuskels und sukzessive zu einer Herzmuskelnekrose. Der Übergang von einer relativen zur absoluten Minderperfusion ist dabei sowohl ein zeitliches als auch ein regionales Phänomen. Die Erkenntnisse pathophysiologischer Zusammenhänge haben in der Behandlung des Myokardinfarktes zu einer aggressiven Revaskularisationsstrategie geführt mit dem Ziel ischämiegefährdetes Myokard vor einer Nekrose zu bewahren und eine koronare Minderperfusion zu beseitigen. Angefangen mit der Bypasschirurgie in den 1970er Jahren haben sich gegenwärtig zwei weitere Verfahren, die Thrombolyse und die Perkutane Transluminale Coronar-Angioplastie (PTCA), in der Therapie des akuten Myokardinfarktes etabliert. Studien belegen, daß Infarktpatienten von einer möglichst frühzeitigen Revaskularisation profitieren. Hierbei stehen konservative und interventionelle Maßnahmen heute aufgrund der schnelleren Verfügbarkeit im Mittelpunkt der Infarkttherapie, auch wenn diese mit einer höheren Re-Interventionsrate verbunden sind als nach Bypassoperation. Diese wird gegenwärtig in der Therapie von Infarktpatienten eingesetzt, wenn über die konservative Therapie hinaus, so der Behandlungserfolg zu steigern ist bzw. wenn der Versuch einer Lyse oder PTCA erfolglos bleiben. Auftretende Komplikationen unter einer konservativen Therapie können eine chirurgische Versorgung ebenfalls notwendig werden lassen. In vorliegender retrospektiv angelegter Studie wurde untersucht, ob eine zeitlich unterschiedliche Länge der Ischämiebelastung des Myokards vor ACVB-Operation die operative 30-Tage-Mortalität beeinflußt. Neben den vorangegangenen therapeutischen Maßnahmen wie Lyse und PTCA wurde der klinische Zustand der Patienten berücksichtigt. Als Basis der Studie dienten 1006 konsekutive Koronarnotfälle, die im Zeitraum von Dezember 1995 bis Februar 2000 dem Deutschen Herzzentrum Berlin zugewiesen und einer aortokoronaren Bypassoperation unterzogen wurden. Unter Berücksichtigung definierter Einschlußkriterien konnte eine Gruppe von 231 Patienten (Ischämiegruppe = I-Gruppe) in die nähere Betrachtung einbezogen werden. Alle Patienten waren durch konservative und/oder interventionelle Therapiemaßnahmen nicht zu stabilisieren und wurden dringlich oder als Notfall innerhalb von 6 Wochen nach Infarkt operativ revaskularisiert. Ein wichtiges Einschlusskriterium war dabei neben einer anhaltenden Ischämiebelastung eine genaue zeitliche Dokumentation der einsetzenden Infarktsymptomatik. Neben der Ischämie-Gruppe wurde eine weitere Gruppe aus 227 Patienten mit instabiler Angina pectoris gebildet, die die Einschlußkriterien aufgrund unzureichender Ischämieparameter nicht erfüllten und als so genannte Semi-Ischämiegruppe (SI- Gruppe) in einigen Punkten dem Vergleich mit der I-Gruppe diente. Die Daten der übrigen 548 Patienten waren u.a. aufgrund einer unzureichenden Dokumentation zum Infarktereignis bzw. des Ischämieausmaßes nicht zu verwerten. Nach univariater Untersuchung der I-Gruppe sind Faktoren wie Re- ACVB-Operation, LV-EF ≤ 30%, präoperative Reanimation und kardiogener Schock signifikant mit einer erhöhten 30-Tage-Mortalität nach ACVB-Operation verbunden. Dagegen zeigen Faktoren wie Alter, eine vorbestehende Niereninsuffizienz, Zustand nach Lyse oder PTCA und ein Reinfarkt keinen signifikanten Einfluß auf die 30-Tage-Mortalität. Eine multivariate Analyse wurde aufgrund unterschiedlicher Datendichte als statistisch nicht relevant befunden. Die 30-Tage-Mortalität in der I-Gruppe beträgt 19,5%, die der SI- Gruppe 1,3%. Bei der Untersuchung der Dauer der Ischämiebelastung zeigt sich im gesamten Patientengut kein signifikanter Zusammenhang in Bezug auf die 30 -Tage-Mortalität nach ACVB-Operation, obwohl die Mortalität mit zunehmendem Abstand zum Infarktereignis abnimmt. Allerdings scheinen die Patienten, die sich präoperativ in einem hämodynamisch stabilen Zustand befinden, von einer frühzeitigen Operation, d. h. innerhalb von wenigen Stunden nach Infarktereignis, im Sinne eines Schutzes des Myokards vor einer fortschreitenden Ischämie, zu profitieren. Im Gegensatz dazu profitieren Patienten im kardiogenen Schock anscheinend eher von einer Operation nach einer Kreislaufstabilisierung. Statistisch ließ sich dafür jedoch kein signifikanter Zusammenhang nachweisen. Insbesondere bei der Indikationsstellung zur operativen Revaskularisation der Patienten im kardiogenen Schock ist mit zunehmend zeitlichem Abstand der Operation zum Infarktereignis mit einer Verzerrung des Therapieerfolgs zu rechnen. Denn die Gruppe der spät operierten Schockpatienten ist mit dem Bias der bis dahin verstorbenen Nicht-Operierten falsch positiv erfolgreich. Eine Studie zur Überprüfung dieser Verzerrung verbietet sich aus ethischen Gründen. Publikationen über „Akut-Revaskularisation“ konstatieren mehrheitlich zufriedenstellende Ergebnisse der frühzeitigen Operation nach Myokardinfarkt im Gegensatz zu alternativen nicht-operativen Verfahren. Nach aktuellen Erkenntnissen wäre eine Renaissance der Akut-ACVB-Operation als primäre Therapieoption für ausgewählte Infarktpatienten denkbar.
For almost four decades studies about early revascularization for acute myocardial infarction have given different recommendations regarding the ideal timing of coronary artery bypass grafting (CABG). CABG was the first successful method to treat patients with coronary arteriosclerosis and acute myocardial infarction (AMI). Nowadays the treatment of AMI is the domain of thrombolytic therapy and percutaneous transluminal coronary angioplasty (PTCA) due to their early and nationwide availability. CABG is used to enhance the outcome of the conservative therapy or when thrombolysis or PTCA has failed. Emergency CABG is the treatment of choice for patients with ongoing ischemia and is used to correct complications after PTCA. The aim of this study was to analyze whether different duration of myocardial ischemia before urgent or emergency CABG has an effect on the short-term mortality. The following were determined: pretreatment clinical conditions, risk factors for coronary arteriosclerosis, and intraoperative and postoperative data. Between December 1995 and February 2000 1006 patients (consecutive cardiac emergencies) were admitted for CABG at the Deutsches Herzzentrum Berlin (German Heart Institute Berlin). For this study 231 patients were selected to form the ischemic group (I-Group) based on the following criteria: In all patients the conservative therapy had failed. They were operated upon as urgent or emergency cases within 6 weeks from the onset of ischemia. An important inclusion criterion was also documented ongoing ischemia in addition to some documentation of the onset of the symptoms of ischemia. Beside the I-Group there is a so-called semi-ischemic group (SI-Group) consisting of 227 patients who can be characterized as having parameters showing less severe ischemia. This group is used as the basis of comparison to the I-Group in some points. The remaining 548 patients had to be excluded due to lack of adequate documentation. According to the univariate test the following factors of the I-Group showed a significant effect on the short-term mortality after CABG: Re-CABG, left ventricular ejection fraction ≤ 30%, preoperative reanimation and cardiogenic shock. In contrast the factors age, pre-existing renal failure, status post thrombolytic therapy or PTCA and re-infarction showed no significant effect on the short-term mortality. Because of the varying data frequency a multivariate analysis was not possible. The short-term mortality in the I-Group was 19.5% versus 1.3% in the SI-Group. The mortality rate in the I-Group decreased with increasing time interval between AMI and CABG. Analysis of the influence of the duration of ischemia showed no significant effect on the short-term mortality. However, patients in a hemodynamically stable condition seem to benefit from an early operation in terms of protection from ongoing ischemia. In contrast patients in cardiogenic shock apparently benefit from an operation after stabilization, if stabilization is possible but for this there is no statistical coherence in this study; a methodical error has to be considered. Patients in cardiogenic shock with late operation are afflicted with a bias that makes surgical success falsely positive, because patients in cardiogenic shock who would have died under isolated conservative therapy cannot be analyzed. Verification is clearly not possible for ethical reasons. Most publications about revascularization after AMI come to the conclusion that an operation early after AMI shows satisfying results in contrast to isolated conservative therapy. The latest findings could possibly lead to a renaissance of emergency CABG for selected patients with AMI.