Die linksseitige neurovaskuläre Kompression (NVC) ist ein pathologischer Gefäß-Nervengewebe-Kontakt im Bereich der rostralen ventrolateralen medulla oblongata (RVLM). Die RVLM stellt ein wichtiges Zentrum für die Regulation der sympathischen und kardiovaskulären Aktivität dar. Durch eine linksseitige NVC, d.h. durch ein kontinuierliches Pulsieren einer Hirnarterie gegen Nervengewebe, kommt es zu einer Beeinträchtigung des Barorezeptorenreflexes. So wird vermutet, soll sich eine Hypertonie entwickeln. Die für die Kompression verantwortliche pulsierende Arterie ist in den meisten Fällen die A. cerebelli posterior inferior (PICA) mit einem schlingenartigen Verlauf, die durch die linksseitige Lokalisation die medulla oblongata im Bereich der root- entry zone des IX. und X. Hirnnervs berührt, indem sich das kreislaufregulatorische Zentrum befinden soll. Der neurovaskuläre Kontakt der RVLM wird für die Pathogenese des essentiellen Bluthochdrucks verantwortlich gemacht. Die Prävalenz einer linksseitigen NVC der RVLM bei Patienten mit einer essentiellen Hypertonie wurde in der vorliegenden Studie durch ein erweitertes MR-Protokoll und durch eine hohen Patienten- und Probandenzahl untersucht. Die Hypothese, die als erstes von Janetta formuliert wurde, dass der linksseitige neurovaskuläre Kontakt der rostroventrolateralen medulla oblongata für die Pathogenese des essentiellen Bluthochdrucks verantwortlich sei und dass eine hohe Prävalenz einer linksseitigen NVC der RVLM bei Patienten mit einer essentiellen Hypertonie bestehe, wurde in dieser Arbeit überprüft. Insgesamt wurden 230 Patienten und Probanden eingeschlossen, die nach Alter, Geschlecht und BMI angepasst waren. Bei den betroffenen Patienten wurden Blut- und Urintests, Echokardiographien und 24-Stunden- Blutdruckmessungen durchgeführt. Sowohl die Patienten als auch die Probanden wurden zur Familienanamnese befragt und vor der Untersuchung wurde ein 30-minütiger Ruheblutdruck gemessen. Es wurde eine Fall -Gruppe mit 125 Patienten und eine Kontrollgruppe bestehend aus 105 Probanden untersucht. Ein weiterentwickeltes MRT-Protokoll, das eine Kombination von einer hochauflösenden 3D Constructive Interference in Steady State Sequence (CISS) mit einer Time of Flight (TOF)-Technik darstellte, wurde angewandt. Die Schichtdicke betrug einen Millimeter, um die PICA und eine evtl. auftretende NVC genau verifizieren zu können. Es konnten keine statistisch signifikanten Ergebnisse in Bezug auf die Prävalenz der linken NVC bei Patienten mit essentieller Hypertonie im Vergleich mit normotensiven Probanden erbracht werden. In der vorliegenden Studie konnte kein direkter Zusammenhang mit einer linksseitigen NVC und einer essentiellen Hypertonie festgestellt werden. Das MRT ist ein zur exakten Darstellung der Hirnstammstrukturen und dessen Blutgefäßen geeignetes Bildgebungsverfahren. Wie bereits in Kapitel fünf Abschnitt eins dargelegt, sollten in zukünftigen Studien hochauflösende cMRT- Verfahren zur Anwendung kommen, um eine präzise Darstellung der anatomischen Beziehungen der einzelnen Strukturen zum Hirnstamm zu erreichen. Das cMRT- Verfahren scheint jedoch für die Fragestellung, ob eine Dekompressionsoperation durchgeführt werden sollte, eine bisher nicht geeignete Methode zu sein. Die Variabilität der verschiedenen Studien in Hinblick auf die genaue Definition einer NVC in der REZ sowie die verschiedenen MR-Aufnahmetechniken und variierenden Schichtdicken, verhindert einen direkten Vergleich der einzelnen Studien untereinander. Daraus resultieren verschiedene, teilweise zu hoch angesetzte Annahmen hinsichtlich der Prävalenz einer linksseitigen NVC der REZ. Daher können auch falsche Rückschlüsse auf die Diagnostik einer NVC und die präoperative Planung einer eventuellen Dekompressionsoperation gezogen werden. Ein standardisiertes MR- Protokoll muß entwickelt werden, um eine allgemeingültige Aussage treffen und vergleichbare Ergebnisse schaffen zu können. Die Dekompressionsoperationen sollten wegen der hohen Risiken einer Kraniektomie und eines fraglichen Nutzens nur in seltenen Fällen und nach standardisierten Kriterien erfolgen. Die Entwicklung einer essentiellen Hypertonie durch die NVC der RVLM trifft eventuell nur für eine Subgruppe der Patienten zu. Diese Subgruppe unter den Patienten mit einer essentiellen Hypertonie herauszufinden, ist bisher noch nicht möglich, da die Charakteristika dieser Subgruppe bisher noch nicht bekannt sind. In diesem Zusammenhang ist die Entwicklung standardisierter funktioneller Tests und die Durchführung weiterer Studien notwendig. Durch die Ergebnisse der vorliegenden und die der neusten Studien verliert die NVC als ein alleiniger wichtiger pathogenetischer Faktor seine Bedeutung für die Entstehung einer essentiellen Hypertonie. Weitere bisher noch unbekannte pathogenetische Faktoren, die zu einer essentiellen Hypertonie führen, scheinen zu existieren. Die vorliegende Arbeit liefert anhand eines repräsentativen Kollektivs keine eindeutigen Hinweise für die pathophysiologische Bedeutung einer positiven linksseitigen NVC der RVLM und einer essentiellen Hypertonie. Die Ergebnisse der Patienten mit einer essentiellen Hypertonie im Vergleich mit der normotensiven Kontrollgruppe sind statistisch nicht signifikant. Die Komplexität der hier zugrundeliegenden Zusammenhänge erfordert unbedingt weiterführende Studien.
Neurovascular contact of the left rostral ventrolateral medulla has been implicated in the pathogenesis of essential hypertension and recent intervention studies suggest that surgical decompression of the ventrolateral medulla lowers blood pressure in these patients. The prevalence were assessed of this vascular anomaly in patients with essential hypertension by using an advanced MRI technique. In 125 hypertensive patients and in 105 age-matched, sex-matched, and body mass index-matched normotensive controls MRIs were performed. Imaging of the root-entry zone of cranial nerves IX and X was performed by combining a high resolution 3D constructive interference in steady-state sequence with a flow-sensitive time-of-flight technique. Images were independently assessed by 4 readers using predefined criteria. Left-sided neurocascular contact was found in 23% of the hypertensive patients and in 16% of the normotensive individuals (P=0.12). Blood pressure level, heart rate, and number of antihypertensive medications in treated hypertensive patients were similar among patients with positive, borderline, and negative brain stem findings. These findings cast doubt on the importance of the left-sided neurovascular contact as a frequent cause of essential hypertension or as a major factor detremining the severity of hypertension in patients with this anomaly.