Einleitung: Opioide gehören zu den stärksten Schmerzmitteln. Ihre Hauptwirkung erzielen sie über die Aktivität an Opioidrezeptoren im Gehirn und dem Rückenmark. Aber auch auf peripheren Nerven werden diese Rezeptoren exprimiert. Seit einigen Jahren weiß man, dass Leukozyten selbst Opioidpeptide produzieren und im Gewebe sezernieren. Auf diesem Wege erzeugen die Leukozyten eine periphere, opioidvermittelte Analgesie, die frei von den zentralen, opioidbedingten Nebenwirkungen wie Atemdepression, Sedierung und Übelkeit ist. Für die Rekrutierung dieser Immunzellen ins entzündete Gewebe ist eine Vielzahl von Mechanismen verantwortlich. Eine entscheidende Rolle spielen die Chemokine, welche im entzündeten Gewebe von Immunzellen, Gefäßendothelzellen und peripheren Nervenzellen freigesetzt werden. Allerdings scheinen auch noch andere Stoffe beteiligt zu sein, wobei wir unser Augenmerk auf Neuropeptide des PNS gelegt haben. Eines dieser Neuropeptide ist Substanz P. Es wurde – obwohl ein klassischer Neurotransmitter – schon oft auf seine chemotaktischen Eigenschaften im Bezug auf Leukozyten untersucht. In der vorliegenden Arbeit wurde die Rolle von Substanz P in der peripheren Opioidanalgesie analysiert. Dabei wurden folgende Fragestellungen bearbeitet: Wie hoch ist der Gehalt an Substanz P im entzündeten Gewebe im Vergleich zum nicht-entzündeten Gewebe? Wie hoch ist die Expression des von Substanz P präferierten Neurokinin-1-Rezeptors (NK1-R) auf den Leukozyten? Wie ist der Effekt einer systemischen bzw. einer zentralen Behandlung mit einem NK1-R-Antagonisten auf die Zahl der opioidhaltigen Immunzellen im entzündeten Gewebe und wie wirkt sich dies auf die periphere, opioidvermittelte Antinozizeption aus? Material und Methoden: Als Grundlage für unsere Untersuchungen haben wir das FCA- Entzündungsmodell der Rattenpfote gewählt. Zu verschiedenen Zeitpunkten der Entzündung haben wir das Pfotengewebe auf den Gehalt von Substanz P untersucht. Zusätzlich haben wir die im Gewebe enthaltenen Leukozyten auf die Expression des NK1-R getestet. Um die Relevanz des NK1-R für die Immunzellrekrutierung zu prüfen, haben wir ihn mit zwei verschiedenen Antagonisten blockiert. Anschließend haben wir die Zellen aus dem entzündeten Gewebe mit Hilfe der Durchflusszytometrie analysiert und in einem Verhaltensexperiment die Pfotendruckschwellen gemessen. Ergebnisse: Der Gehalt an Substanz P im entzündeten Pfotengewebe ist 12 h nach der FCA-Injektion schon auf mehr als das 10-fache des Ausgangswertes gestiegen. Die Werte nach 24 und 48 h liegen noch weit darüber. Eine Expression des NK1-R ist auf nahezu allen von uns untersuchten Immunzellen aus dem entzündeten Gewebe nachweisbar. Die systemische Gabe der NK1-R-Antagonisten führte zu einer Reduktion der opioidhaltigen Leukozyten im entzündeten Pfotengewebe. Dabei war der Effekt im Verlauf des Entzündungsgeschehens zunehmend (nach 24 h: 3E7+ Leukozyten: 190 ± 16 vs. 112 ± 15 [x 10^3 Zellen], nach 48 h: 3E7+ Leukozyten: 233 ± 17 vs. 117 ± 15 [x 10^3 Zellen]). Auch im Verhaltensexperiment zeigten sich eine Erniedrigung der Pfotendruckschwelle nach CWS und damit eine verminderte periphere, opioidvermittelte Antinozizeption. Die zentrale Applikation der Antagonisten zeigte keinen Effekt auf die Leukozytenrekrutierung und die Antinozizeption. Einer der Antagonisten führte sogar zu schwersten neurologischen Ausfällen. Fazit: Neben den bereits vielfach untersuchten Chemokinen scheinen auch noch andere Mediatoren für die Rekrutierung opioidhaltiger Immunzellen ins entzündete Gewebe verantwortlich zu sein. In dieser Arbeit wurde das vom PNS sezernierte Neuropeptid Substanz P untersucht. Es konnte gezeigt werden, dass eine Blockade des von Substanz P präferierten NK1-R zu einer verminderten Anzahl von opioidhaltigen Leukozyten im entzündeten Gewebe und damit auch zu einer verminderten opioidvermittelten Antinozizeption nach CWS führt. Die Wirkung von Substanz P auf die Immunzellen scheint direkt zu sein, da die Blockade der NK1-R keine Veränderungen bei den Chemokinen bzw. Adhäsionsmolekülen bewirkt. Ausblick: Die Erkenntnisse dieser Arbeit geben eine mögliche Erklärung dafür, warum NK1-R-Antagonisten in der klinischen Anwendung als Analgetika versagt haben. Da sie aber im Bereich der Prophylaxe und Therapie des Chemotherapie-induzierten Erbrechens und der postoperativen Übelkeit und Erbrechens (PONV) bisher erfolgreich eingesetzt werden, ist speziell für diese Patienten eine adäquate und angepasste Schmerztherapie nötig.
Introduction: Opioids are very potent analgesics. Their main effect is mediated by binding to opioid receptors located in brain and spinal cord. But even on peripheral nerves opioid receptors are expressed. For some years it has been known that leukocytes produce and release opioid peptides in the inflamed tissue. Thereby they elicit peripheral opioid mediated analgesia without central side effects like respiratory depression, sedation and nausea. Different mechanisms are responsible for the recruitment of leukocytes to inflamed tissue. Chemokines released by immune, endothelial and peripheral nerve cells play a major role. But also other mediators seem to be involved e.g. neuropeptides released by peripheral nerves. Substance P is one of these neuropeptides having chemotactic properties as shown in many studies. This study here investigated the role of substance P in peripheral opioid analgesia. The following questions were analyzed: What is the difference in substance P content in the inflamed versus the non-inflamed tissue? How is neurokinin-1-receptor (NK1-R) targeted by substance P expressed on leukocytes? How does systemic or central blockade of the NK1-R influence the number of opioid containing leukocytes in inflamed tissue and peripheral opioid mediated antinociception? Material and methods: All experiments were done in rats with Freund’s complete adjuvant (FCA)-induced hindpaw inflammation. At different time points of inflammation tissue was harvested to analyze the amount of substance P. In addition we measured NK1-R-expression on leukocytes in the inflamed tissue. Two different NK1-R-antagonists were used to test the involvement of NK1-R for immune cell recruitment. Using flow cytometry the number of leukocytes in inflamed tissue was measured. Antinociception was evaluated by paw pressure threshold after cold water swim stress. Results: The amount of substance P in the inflamed paw after 12 h of FCA-inflammation was more than 10-times higher than in the non-inflamed paw. After 24 and 48 h the amount continued to increase. Most of the immune cells in the inflamed tissue expressed the NK1-R. Systemic treatment with NK1-R-antagonists reduced the number of opioid containing leukocytes in the inflamed tissue. This effect increased by time (after 24 h: 3E7+ leukocytes: 190 ± 16 vs. 112 ± 15 [x 10^3 cells], after 48 hrs: 3E7+ leukocytes: 233 ± 17 vs. 117 ± 15 [x 10^3 cells]). In behavioral pain testing the paw pressure threshold after cold water swim stress was significantly reduced implying a reduced peripheral opioid mediated antinociception. Central application showed no effect on leukocyte recruitment or antinociception. One of the antagonists had severe neurological side effects after central administration. Conclusion: Besides chemokines other mediators seem to be responsible for the recruitment of opioid containing leukocytes to inflamed tissue. In this study the neuropeptide substance P – secreted by peripheral nervous system – was investigated. Blockade of NK1-R leads to a decreased number of opioid containing leukocytes in inflamed tissue and causes reduced opioid mediated antinociception. Since there was no change in expression of chemokines or adhesion molecules substance P seems to act directly on leukocytes. Perspective: Our results may give an explanation for the ineffectiveness of NK1-R-antagonists in clinical pain treatment. Nevertheless they are successfully used for the treatment of chemotherapy- induced nausea and vomiting and the post-operative nausea and vomiting (PONV). Especially for these patients an adjusted and sufficient pain therapy has to be considered.