Community-based interventions constitute an important part of HIV/AIDS prevention internationally. Such interventions seek to minimize the risk of HIV infection by addressing several levels of the problem: e.g., individual behavior, group norms, partner dynamics and social structural issues such as poverty and lack of access to information and care. The multi-level, multi- dimensional nature of community-based prevention poses a considerable challenge for evaluation research. Conventional approaches to evaluation in healthcare give preference to experimental designs and focus on a limited number of outcome variables, thus failing to take into account the complexity of prevention in a community setting. The focus of this dissertation is to describe this fundamental problem in the evaluation of community-based interventions and to propose an alternative approach. Chapters 2 and 3 summarize the discussion in the international literature concerning the dynamics of the sexual transmission of HIV, the unique features of community- based prevention, and current problems in the evaluation of prevention interventions. Chapter 4 presents complexity theory (also known as chaos theory) as a basis for understanding the etiology and prevention of several public health problems, including HIV/AIDS. In Chapter 5 a computer simulation using agent-based software is employed to explore the prevention of HIV transmission on multiple levels within a virtual prostitution scene. In Chapter 6 a model for evaluation is proposed using complexity theory as a meta-theoretical alternative to the conventional paradigm. In Chapter 7 further implications of complexity theory as a metaphor for the research and practice of public health are considered.
Diese Dissertation befasst sich mit der Frage: Wie können die primärpräventiven Maßnahmen der nichtstaatlichen Organisationen im AIDS- Bereich am besten evaluiert werden? Die Frage wird vor dem beruflichen Hintergrund des Autors gestellt, der aus mehrjähriger Erfahrung in Zusammenarbeit mit gesellschaftlich ausgegrenzten Populationen in den USA und in Deutschland resultiert. Soziale Not und Benachteiligung, mit denen solche Gruppen konfrontiert werden, stellen die üblichen Maßstäbe der HIV-Prävention infrage, die sich fast ausschließlich an Verhaltensänderungen auf der individuellen Ebene statt an krank machenden sozialen Prozessen im Sinne der Sozialepidemiologie orientieren. Das Hauptanliegen des Autors ist es, dementsprechend eine theoretische Grundlage für die Evaluationsforschung in diesem Bereich auszuarbeiten, die auf einer breiteren Betrachtung der kausalen Faktoren der Verbreitung von HIV vor allem unter benachteiligten Gruppen in der Bevölkerung beruht. Im 1. Kapitel wird der geschilderte Ausgangspunkt für die Arbeit erläutert sowie einen Überblick über die Inhalte aller folgenden Kapitel gegeben. Kapitel 2 umfasst eine Darstellung des Problems der sexuellen Übertragung von HIV. Auf Grund internationaler und deutscher Quellen werden grundlegende Aspekte der Sexualität und der Mechanismen der Virusübertragung diskutiert. Dazu werden die Ansätze und Strukturen der HIV-Prävention im nichtstaatlichen Sektor vorgestellt. Die Vielschichtigkeit des Problems sowie die Besonderheiten der Aktivitäten der AIDS-Hilfe-Bewegung werden verdeutlich. Der internationale Stand der Evaluationsforschung im Bereich der Primärprävention im nichtstaatlichen Sektor wird anhand einer Definitionsklärung sowie einer Erläuterung bedeutender Themen des gegenwärtigen Diskurses im Kapitel 3 dargestellt. Die erheblichen methodologischen und erkenntnistheoretischen Differenzen zwischen den verschiedenen Experten werden besonders herausgearbeitet. Kapitel 4 ist ein Exkurs über Komplexitätstheorie, die als Alternative zu konventionellen analytischen Ansätzen vorgestellt wird. Eine Vielfalt an Quellen wird zusammengetragen, um Komplexitätstheorie zu definieren. Beispiele aus der gesundheitswissenschaftlichen Literatur werden zusätzlich angeführt, um die Relevanz dieser theoretischen Perspektive für Forschung und Praxis von Public Health deutlich zu machen. Offensichtlich ist Komplexitätstheorie in vielen Diszipli-nen, wenn auch nur ansatzweise und unter unterschiedlichen Bezeichnungen, schon vertreten. Dieses Kapitel dient in erster Linie dem Ziel, eine Basis für die weitere Auseinandersetzung der Gesundheitswissenschaften mit Komplexitätstheorie zu Gunsten des Ausbaus der theoretischen Grundlagen der Prävention und Gesundheitsförderung zu schaffen. Es wird argumentiert, dass die Komplexitätstheorie für Public Health zukunftweisend sein kann, weil sie eine prozesshafte und vielschichtige Betrachtung der Kausalität der üblichen linearen und statischen Sichtweisen entgegensetzt. Im Kapitel 5 wird ein Gedankenexperiment mit der Unterstützung einer Computer-Simulation beschrieben. Das Ziel des Experiments ist die Anwendung der Komplexitätstheorie in der Konzeptualisierung einer konkreten epidemiologischen Situation. Eine so genannte Agentensoftware wurde benutzt, um ein Programm zu entwickeln, das die Übertragung von HIV in der mann- männlichen Prostitutionsszene einer mittelgroßen deutschen Stadt simuliert. Die "Agenten" sind heterogene und autonom handelnde Elemente, die einzelne Menschen repräsentieren. Verschiedene Muster der Verbreitung von HIV sowie die Ergebnisse einiger Versuche, die Verbreitung einzudämmen, werden in der virtuellen Welt umgesetzt und beobachtet. Zum Schluss werden auf Grund des Experiments Thesen zu dynamischen epidemiologischen Prozessen und deren Steuerung aufgestellt. Die Erkenntnisse aus allen vorherigen Kapiteln werden im Kapitel 6 zusammengefasst, um ein Evaluationsmodell für die primärpräventive Arbeit im AIDS-Bereich vorzuschlagen, das auf der Komplexitätstheorie basiert. Dabei werden sowohl theoretische als auch praktische Aspekte behandelt und Arbeitsschritte eines solchen Evaluationsverfahrens beschrieben. Das 7. Kapitel ist eine Betrachtung der Komplexität als Metapher für die Forschung und Praxis der Gesundheitswissenschaften. Ausgehend von der außerordentlichen Bedeutung der bildhaften Darstellung der Realität für die Wissenschaften, wird das Potenzial der Komplexitätstheorie als metaphorisches Gerüst beleuchtet.