Wirksame und sichere Arzneimittel können Leiden lindern und Leben retten; vorausgesetzt sie werden richtig angewendet. Allerdings wird häufig die in klinischen Studien gezeigte Wirksamkeit und Verträglichkeit der Arzneimittel in der Praxis nicht erreicht. Dies kann unterschiedliche Ursachen haben: Patienten wissen oft nicht, wie sie ihre Medikation anwenden sollen oder sie missverstehen die Inhalte aus Beratungsgesprächen bzw. vergessen die gegebenen Informationen wieder. Ein schriftlicher Medikationsplan kann die mündliche Beratung unterstützen, sodass Patienten besser über ihre Therapie informiert sind. Ein Medikationsplan ist ein Dokument für den Patienten, welches seine gesamte Medikation übersichtlich auflistet. Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) hat zusammen mit Vertretern des Gesundheitswesens eine standardisierte Vorlage erarbeitet und dafür eine technische Spezifikation erstellt. Es ist angestrebt, diesen bundeseinheitlichen Medikationsplan in Arzt- und Apothekensoftwaresystemen zu implementieren. Mit dem E-Health- Gesetz, welches zum 1.1.2016 in Kraft getreten ist, wurde dafür die gesetzliche Grundlage geschaffen. Das Gesetz legt im § 31a fest, dass alle gesetzlich Versicherten, die gleichzeitig mindestens drei verordnete Arzneimittel anwenden (ab dem 1. Oktober 2016) einen Anspruch auf einen Medikationsplan haben. Es gab bisher keine Information darüber, ob Patienten diesen standardisierten Medikationsplan verstehen. Das Ziel dieser Arbeit war, im ersten Schritt den Status quo der Möglichkeiten der Medikationsplan- Erstellung mit der Apothekensoftware und die Nutzung von Apothekern in der Praxis zu analysieren. Dafür wurden Befragungen bei Apothekensoftwarehäusern und öffentlichen Apotheken durchgeführt. Zudem sollten Probleme bei der elektronischen Abbildung von Medikationsdaten im Bezug auf den Medikationsplan dargestellt und Lösungsansätze erarbeitet werden. Die Antworten der Softwarehaus- sowie der Apothekenbefragung zeigten, dass zu der Zeit der Befragung (2013) nicht bei allen Apothekensoftwaresystemen die Möglichkeit gegeben war, einen Medikationsplan mit der Apotheken-Basissoftware zu erstellen. In den meisten Fällen war dies nur mit einem kostenpflichtigen Zusatzmodul oder einer sogenannten Stellsoftware möglich. Etwa 11 % (n = 101) der befragten Apotheken gaben an, Medikationspläne für (ausgewählte) ambulante Patienten auszudrucken. Die zugesandten Beispiel-Medikationspläne zeigten allerdings, dass die erstellbaren Medikationspläne sehr unterschiedlich im Aufbau und Inhalt sind und sich in den meisten Fällen nicht an den Vorgaben der Spezifikation des Aktionsplans Arzneimitteltherapiesicherheit (AMTS) des BMG orientieren. Die Auswertung der Kommentare zu Erfahrungen mit der Medikationsplanerstellung ergab, dass viele Systeme als zu unflexibel bewertet wurden. Die Erstellung und Aktualisierung eines Medikationsplans mit einem Softwaremodul sollte mit so wenigen Arbeitsschritten wie möglich verbunden sein, um dem Patienten zu jedem Zeitpunkt einen möglichst vollständigen und korrekten Medikationsplan durch verschreibende Personen oder Apotheken zur Verfügung zu stellen. Die Prüfung der Felder des Medikationsplans des Aktionsplans AMTS auf die Möglichkeit der elektronischen Darstellung zeigte vielfache Probleme für die Umsetzung in der Praxis auf. Hauptprobleme waren fehlende Standards und Vorgaben für einige Felder des Medikationsplans. Grundsätzlich sollten Schlüsseltabellen entwickelt und die Bezeichnungen im Medikationsplan in patientengerechter Sprache erfolgen. Im zweiten Schritt wurde erstmalig die Verständlichkeit des bundeseinheitlichen Medikationsplans in drei Studien bei Patienten mit Polymedikation untersucht. Dafür wurden sowohl allgemein internistische Patienten als auch Patienten mit Herzinsuffizienz befragt. Die Befragung beinhaltete als Surrogat für die Verständlichkeit einen praktischen Teil, in dem die Teilnehmer Dosetten entsprechend der Dosierungsvorschrift eines Muster-Medikationsplans befüllen sollten. Für die quantitative Bewertung der Verständlichkeit wurde ein Evaluationsinstrument entwickelt: das „Evaluation Tool to test the handling of the Medication Plan“ (ET-MP). Dieses Instrument quantifiziert die Umsetzung des Medikationsplans von 0 % - 100 %. Die Bewertungsgrenze für die Verständlichkeit wurde bei > 90 % festgelegt. In der ersten Befragung von n = 40 allgemeininternistischen Patienten hat sich vor allem gezeigt, dass die Tageszeitangaben der Spalte „Dosierung“ des bundeseinheitlichen Medikationsplans nicht verständlich sind und hieraus eine Beeinträchtigung der AMTS folgen kann. Daraus resultierte eine offiziell geänderte Version, in der die Tageszeitangaben ausgeschrieben sind. Im Anschluss wurden n = 40 allgemeininternistische und n = 50 Herzinsuffizienz- Patienten zum angepassten Medikationsplan befragt. Die beiden Kohorten waren vergleichbar mit einem medianen Alter von 73 Jahren und 7 chronisch angewendeten Arzneimitteln. 53 % waren männlich, 33 % lebten alleine. Die Patienten mit Herzinsuffizienz (78 % NYHA I/II, LVEF 51 ± 14 %) hatten einen niedrigeren Bildungsstand (p = 0,004). Die allgemein-internistischen Patienten erreichten im Median einen ET-MP-Score von 90 % (24 – 100 %, IQR 17) wohingegen die CHF Kohorte 83 % (18 – 100 %, IQR 40) erzielte (Mann- Whitney-U-Test: p = 0,16). Nur 38 % der Herzinsuffizienz-Patienten erreichten einen ET-MP-Score > 90 % verglichen mit 50 % der allgemeininternistischen Patienten (Chi-Quadrat-Test: p = 0,29). Insgesamt zeigte sich eine moderate Korrelation zwischen dem ET-MP-Score und dem Bildungsstand (r = 0,45) sowie dem Alter (r = -0,46), beides mit p < 0,001 (Spearman Rangkorrelationskoeffizient), aber keine mit der Lebenssituation (p = 0,19). Kognitiv eingeschränkte Herzinsuffizienz Patienten (46 %) erreichten einen niedrigeren Score (Mann-Whitney-U-Test: p = 0,03). Anzeichen einer Depression (PHQ-9 ≥ 10: 26 %) oder eine niedrigere Selbstpflege (EHFScB-9 Score < Median) waren nicht mit einem niedrigeren ET-MP-Score assoziiert. Diese Ergebnisse sollten in prospektiven Studien mit höherer Teilnehmerzahl verifiziert werden. Schlussfolgernd lässt sich festhalten, dass die große Mehrheit der befragten Patienten den bundeseinheitlichen Medikationsplan befürwortet. Der ET-MP-Score eignet sich als Instrument zur Erfassung der Verständlichkeit des Medikationsplans bei Patienten mit Polymedikation. Allerdings erreichen weniger als 50 % einen Score von > 90 %. Höheres Alter und ein niedrigerer Bildungsstand scheinen mit einem geringeren Verständnis zu korrelieren. Neben der Aushändigung eines vollständigen und aktuellen sowie einheitlich in Form und Inhalt gestalteten Medikationsplans bedarf ein signifikanter Anteil der Patienten mit Polymedikation einer intensivierten heilberuflichen Beratung und Betreuung, um die AMTS für die Patienten entscheidend zu verbessern. Um dies zu unterstützen, wurde eine Patienteninformation zum Medikationsplan erarbeitet.
Drugs can reduce morbidity and mortality, providing that they are taken correctly. Due to various reasons, the efficacy and safety shown in controlled clinical trials can often not be reached in daily practice. Patients frequently do not know how to take their medication. They misunderstand counselling content or forget the information provided. A written medication plan can support verbally given advice so that patients are better informed about their pharmacotherapy. A medication plan is a document that clearly lists patients’ complete medication. The German Federal Ministry of Health together with health care professionals developed a standardised template and published a technical specification. It is aimed at implementing the standardised medication plan in physicians’ and pharmacies’ software. The so called e-health law gives the legal basis: section 31 a entitles a patient with at least three prescribed chronic medicines to receive a written medication plan. Yet, little if any is known about patients’ comprehensibility of the standardised medication plan. In the first step of this thesis the aim was to research the requirements for the successful electronic implementation of the standardised medication plan for patients in community pharmacies. The Status quo of printed medication plans for patients in pharmacy practice was evaluated through surveys. In addition to the community pharmacies, the pharmacy software suppliers were questioned concerning the technical implementation of the medication plan within their software systems. The survey showed that at this point of time (2013) not all the software systems were able to generate and print medication plans (with the basic software). In most cases, a fee-based software extension was required or the compilation was only possible with blister software. Approximately 11% (n=101) of the pharmacies stated to print a medication plan for (selected) ambulatory patients. The sent example medication plans showed that the documents differed widely in form and content and were mostly not close to the requirements of the specification. The evaluation of given comments showed that the software systems seemed to be too inflexible and complicated to use. The compilation and updating of a medication plan needs to be easy and fast to be able to provide a complete and up-to-date medication plan for patients by both physicians and pharmacies. The assessment of the data fields of the standardised medication plan showed various problems for the practical implementation. The main issue was the lack of standards. The active ingredient needs to be understandable for patients. Key tables and coding as a uniform and mandatory source for the data fields are crucial. The next step aimed to analyse the readability and understandability of the standardised medication plan by patients with polymedication. The practical use of the template was tested with patient interviews in three cross-sectional studies by general internal medicine (GIM) patients and patients with chronic heart failure (CHF). As a surrogate for the comprehensibility, the interview included a practical exercise: filling a pill box according to the given instructions. For the analysis of the comprehensibility the “Evaluation Tool to test the handling of the Medication Plan” (ET-MP) was developed. The ET-MP rated patients’ skills from 0-100%. The cut-off for patients’ comprehension was set at > 90%. In the first study with n=40 GIM patients it evolved that the abbreviations for time of day in the dosing column were not understandable potentially resulting in compromised medication safety. Hence, an updated official version resulted with the time of day written out. Next, n=40 GIM and n=50 CHF patients were questioned with the amended medication plan. Both cohorts were comparable with a median age of 73 years and 7 chronically administered drugs. 53% were male, 33% lived alone. The CHF patients (78% NYHA I/II, LVEF 51±14%) had a lower level of education (p=0.004). The median ET-MP- Score for the CHF and GIM cohort was 83% (18-100%, IQR 40) and 90% (24-100%, IQR 17), respectively (Mann-Whitney-U-Test: p=0.16). 38% of the CHF patients achieved a score >90% compared to 50% of the GIM cohort (Chi2-Test: p=0.29). Overall, a moderate correlation between the ET-MP score and the level of education (r=0.45) and age (r= -0.46) was found, both p<0.001, but not with living alone (p=0.19). Cognitively impaired CHF patients (46%) achieved a lower score (Mann-Whitney-U-Test p=0.03). Signs of depression (PHQ-9 ≥10: 26%) or a lower level of self-care behaviour (EHFScB-9 scale 90%. Older age and lower level of education seem to correlate with lower comprehension. In addition to a medication plan – complete, up to date and consistent in form and content – a significant number of patients is in need of further continuous care to improve medication safety. To support the verbal counselling by healthcare professionals, a one-page patient-information sheet has been developed.