Die vorliegende Arbeit setzt sich auf der Grundlage eines Diskurses über ethnische Gruppenbildung und Zugehörigkeit mit der Frage auseinander, inwieweit die erhaltenen textlichen Zeugnisse sowohl der altorientalischen Kulturen des 1. Jahrtausends v.Chr. als auch der Diskurs innerhalb der griechischen und lateinischen Überlieferung eine Bildung einer Personengruppe erkennen lässt, die innerhalb der altorientalischen Kulturen als „Griechen“ zu definieren ist. Hierbei lässt sich für die neuassyrische Zeit bis in die achaimenidische Zeit hinein zeigen, dass diese Gruppen aufgrund der relativ seltenen Präsenz von Griechen in diesen Räumen nur mit großer Unsicherheit genauer gefasst werden können. Die entsprechende Terminologie ist eher unscharf und lässt nur geringe Entwicklungen erkennen. Dem entspricht die Überlieferung in den griechischen und lateinischen Quellen, die für diesen Raum nur sehr geringe Kontakte mit hellenischen Personen erkennen lassen, was mit dem überlieferten Geschichtsbild innerhalb der klassisch-antiken Überlieferung zu den altorientalischen Kulturen übereinstimmt. Innerhalb der hellenistischen Zeit lässt sich dann eine stärkere Auseinandersetzung der mesopotamischen Quellen mit dieser Bevölkerungsgruppe erkennen, wobei diese sich diverser Diskursstrategien bediente, die auf archaisierender Grundlage eine Inkorporation in das traditionelle mesopotamische Weltbild zumindest auf einer terminologischen Ebene bedeutete. Im Gegensatz dazu sind die klassischen Quellen für griechische politische Gemeinschaften innerhalb der orientalischen Kulturen zwar nur sehr wenige vorhanden, diese korrespondieren allerdings mit dem Bild, dass die mesopotamischen Quellen entwerfen. Hierbei lässt sich auf einer relativ eingeschränkten Datenbasis des epigraphischen Materials eine Situation entwerfen, in der griechische Poleis innerhalb der Zentren dieser Gebiete kollektive Identitäten innerhalb dieser Gesellschaften bilden. Diese standen, soweit dies zu rekonstruieren ist, in einer eigenen Kommunikation mit den Herrschern der seleukidischen und auch der arsakidischen Dynastie und stellten so, soweit sich das rekonstruieren lässt, eine Basis für die Macht dieser Herrscher dar. Hierfür spricht neben epigraphischen Zeugnissen die Tatsache, dass diese Gemeinschaften in den alten Zentren der einheimischen Bevölkerung angesiedelt wurden, was ein strategisches Konzept bei der Anlage dieser Siedlungen nahelegt
This dissertation focuses on the question how the identity of “Greeks” was shaped in the societies of the ancient Near East. Based on theories of ethnicity and the formation of ethnic groups, the thesis interprets the Near Eastern as well as Greek and Latin sources in order to investigate whether those textual corpora shed light on these processes. From neo-Assyrian down to Achaemenid times, it can be proven that according to the very few instances of actual Greek presence in those regions, there remains a big uncertainty concerning the formation of a strict terminology for Hellenic groups in those societies. This fits in well with the Greek and Latin source material, which is showing only little awareness of presence of Greek people in Mesopotamia and its adjacent territories. This is further supplemented by the very scarce evidence of historical facts on Mesopotamian history in Greek historical tradition. In the Hellenistic period, the oriental cultures develop a closer examination of Greek groups according to the sources. The sources are oriented on ancient perceptions of the north-western realm of the Mesopotamian geographical knowledge and use archaizing terminology, thus incorporating those new inhabitants of Mesopotamia into the traditional perception of the world. On the contrary, there are only few classical sources for Greek political entities on Mesopotamian territory. This evidence fits in well with the picture gained by examining the oriental sources. Considering the meager data still extant it can be proven that those Greek poleis formed collective identities within the centers of the Mesopotamian civilization. These entities had their own means of communication with the ruling Seleucid and Arsacid dynasties. They formed a base of implementing political control of those rulers over that territory, as far as the situation can be reconstructed. Besides epigraphic material this conclusion is supported by the fact that the communities which are known today are usually settled in the old centers of Mesopotamian civilization. This is hinting on strategic planning of the Greek settlement in these areas, at least in some phases of the Hellenistic period.