Das Torque Teno Virus (TTV) wurde 1997 aus einem Patienten mit Hepatitis unbekannter Genese isoliert. In der Folge wurde ein Ansteigen des TTV Titers sowohl bei immunsupprimierten Patienten als auch im Falle von Mehrfachinfektionen mit anderen Viren, wie z.B. HIV oder HCV beobachtet. Ein möglicher Zusammenhang mit Erkrankungen oder Wechselwirkungen mit anderen Viren kann demnach nicht ausgeschlossen werden. TTV ist ein in seiner ca. 3700 nt Sequenz hochdivergentes Virus (bis zu 60 % Abweichung in der genomischen Sequenz), für welches bis heute über 39 Genotypen beschrieben worden sind. Da diese Variabilität der TTV Genotypen möglicherweise zum Auftreten von Viren mit abweichenden molekularen Charakteristiken führt, könnte dies wiederum in einer unterschiedlichen Pathogenität einzelner Genotypen des Virus resultieren. Um zusätzliche Informationen über die molekularen Eigenschaften von TTV zu erhalten, wurde das TTV Isolat P/1C1, aus einem Patienten mit Non A G Hepatitis, molekularbiologisch charakterisiert. Erstmals konnte gezeigt werden, dass vom P/1C1 Genom, im Gegensatz zu anderen TTV Isolaten, zusätzlich zu den drei bekannten mRNA Spezies (2,8 kb, 1,2 kb, 1,0 kb) eine vierte mRNA von 0,6 kb transkribiert wird. Trotz der durch die limitierte Größe des Genoms bedingten geringen Kodierungskapazität werden durch alternatives Spleißen sieben Proteine (ORF1, ORF1/1, ORF1/2, ORF2, ORF2/2, ORF3 und ORF4) von P/1C1 exprimiert. Das neu identifizierte Protein ORF4 wird vom erstmals nachgewiesenen 0,6 kb Transkript exprimiert. Mit Ausnahme des ORF2 Proteins sind die TTV kodierten Proteine im Kern lokalisiert, wobei ORF1, ORF1/1 und ORF1/2 in den Kernkörperchen, den sogenannten Nukleoli, auftreten. Für das ORF1 Protein wurden sowohl im N- als auch im C Terminus kernimportierende NLS Sequenzen identifiziert. Der N-Terminus ist durch einen 68 Aminosäuren umfassenden argininreichen Bereich charakterisiert und trägt zudem die NuLS, welche für die Lokalisation des Proteins in den Nukleoli verantwortlich ist. Einzelsträngige zirkuläre DNA Viren replizieren vorwiegend über den „Rolling Circle“ Mechanismus (RCM), wobei mindestens ein durch das Virus bereitgestelltes Enzym die Replikation durch einen DNA-Einzelstrangbruch initiiert, während die restlichen Syntheseschritte durch Wirtsenzyme durchgeführt werden. In dieser Arbeit konnte erstmals das ORF1 Protein als in trans agierende Replikase identifiziert und deren Expression in der Zellkultur mit Hilfe eines ORF1 spezifischen Antiserums gezeigt werden. ORF1 wird ausgehend vom 2,8 kb Transkript translatiert und weist zwei der vier für RCM Replikasen typischen Motive auf. Das Motiv I (FTL) tritt bei Position 124 126 auf, das Motiv III ist sowohl an Position 349 352 als auch an Position 430 433 vorhanden. Das für die Replikation ebenfalls notwendige in cis aktive Element, der Replikationsursprung, konnte auf das UTR Fragment Position 3205 103 nt eingegrenzt werden. Auch die in der Literatur geäußerte Vermutung, dass TTV in unterschiedlichen Zelltypen mit veränderlicher Aktivität repliziert, wurde in der vorliegenden Arbeit bestätigt. Darüber hinaus wurde die Initiation der Replikation durch die Replikase eines heterologen Genotyps, welcher einer anderen Genogruppe zugehörig ist, beobachtet. Dies ist von besonderer Bedeutung, da Mehrfachinfektionen mit unterschiedlichen TTV Isolaten in verschiedenen Publikationen beschrieben worden sind und somit der Beweis einer möglichen Interaktion zwischen den Isolaten erbracht worden ist. Zudem unterstützen die gezeigten Ergebnisse die Vermutung, dass TTV über einen dem RCM verwandten Mechanismus repliziert. Das Protein ORF3 und die aus einem Spleißvorgang resultierende Isoform ORF4 sind im Nukleoplasma lokalisiert. Im Luziferaseassay konnte nachgewiesen werden, dass diese Proteine den TTV Promotor transaktivieren. Der Nachweis homologer als auch heterologer Interaktion zwischen ORF3 und ORF4 lässt weiterhin auf die mögliche Ausbildung multimerer Proteinkomplexe schließen. Mit denen in der vorliegenden Arbeit erbrachten Ergebnissen deutet sich eine große molekulare Variabilität von TTV an, welche im Falle des Isolates P/1C1 in einem neuen Transkriptionsmuster und der Expression eines weiteren Proteins resultiert. Da der Zusammenhang zwischen TTV Infektion und Pathogenese bislang aussteht, ist die Identifizierung des neuen Proteins ORF4 von besonderer Bedeutung. Die funktionale Analyse dieses Proteins insbesondere in Bezug auf die Pathogenese steht noch aus. Auch Analysen weiterer Isolate sind unbedingt erforderlich, um dem Zusammenhang zwischen genomischer Sequenzabweichung und Pathogenität weiter zu erhärten.
The Torque Teno Virus (TTV) has been isolated from a patient with hepatitis of unknown etiology. Further investigations have shown, that in immunosuppressed individuals, as well as in patients with multiple infections of e.g. HIV or HCV, an increase in TTV titer was observed. Therefore, a putative link of TTV to induction of diseases or its aggravation of effects by interaction with other viruses has to date not been excluded. TTV is characterized by a highly divergent genome of approximately 3700 nt. Until now 39 genotypes have been described. Since the sequence varies up to 60 %, variability of TTV genotypes may give rise to viruses with distinct molecular characteristics. Consequently, changes in genotypes may result in variable pathogenicity. To receive additional information about molecular and virological features of TTV, isolate P/1C1 obtained from a patient with non A G hepatitis, was thoroughly analysed. It was shown that four instead of three mRNA species were transcribed from the P/1C1 genome with sizes of 2.8 kb, 1.2 kb, 1.0 kb, and 0.6 kb. Despite of the limited coding capacity of TTV, seven proteins were expressed due to alternative splicing (ORF1, ORF1/1, ORF1/2, ORF2, ORF2/2, ORF3, and ORF4). Thereby, the newly identified protein ORF4, which is expressed from the 0.6 kb transcript was shown for the first time. With the exception of ORF2, all viral proteins have been found in the nucleus, whereas ORF1, ORF1/1 and ORF1/2 were predominantly localized in the nucleoli. Both, the N terminus and the C-terminus of ORF1 carry nuclear localization sequences, which are responsible for localization in the nucleus. Moreover, the ORF1 N-terminus, which is characterised by an arginine rich stretch of 68 aa, possesses a NuLS sufficient for localization of ORF1 protein in the nucleoli. In general, circular single-stranded DNA-viruses replicate via the rolling circle mechanism (RCM). In this process, at least one virus-encoded enzyme initiates viral replication by introduction of a DNA single-strand break, whereas the following steps are performed by host factors. In this study, ORF1 protein was identified as the trans-activating replicase of TTV and expression was performed with an ORF1-specific antiserum for the first time. This enzyme is translated from the 2.8 kb transcript and carries two of four motifs characteristic for replicases mediating the rolling circle replication. Motif I (FTL) is localized at position aa 124 126, whereas motif III (YXXK) was found twice at position aa 349 352 and position aa 430 433. The origin of replication is the cis acting element for viral replication and was mapped to position 3205 103 nt of the UTR. Moreover, the assumption expressed in the literature that TTV may be able to replicate in different cell lines was confirmed in the study presented here. Furthermore, the replicase of TTV isolate JB106 (genopgroup 5) was able to initiate replication of TTV isolate P/1C1 (genogroup 1) thereby confirming crosstalk between distinct TTV isolates. This outcome is very important, because multiple infections by different TTV isolates have been described in several publications. Additionally the results presented here maintain the thesis, that TTV replicates in a RCM related manner. In contrast to the other TTV-encoded proteins located in the nucleus, ORF3 and its spliced variant ORF4 resided in the nucleoplasm. A Luciferaseassay demonstrated that these proteins transactivate the viral promotor located in the UTR. In addition, the detection of homologous and heterologous interaction in the yeast two-hybrid assay suggests formation of multimeric protein complexes. The results presented in this Ph.D. thesis indicate that molecular variability of TTV produces differences of the expression pattern of single TTV isolates. In case of isolate P/1C1, differences result in a new transcript and the expression of another new protein. Since the correlation between virus and pathogenicity is not finally resolved, identification of new protein and its further analysis seems of particular importance. Moreover, the functional analysis of the connection between sequence deviation and pathogenicity by molecular investigation is strongly required.