Die als langfristige Studie angelegten Untersuchungen lieferten unter Einbeziehung neuer Methoden verlässliche Daten zur Fortpflanzungsleistung des EFh. Es sollte die Frage beantwortet werden, ob eine Störung der Reproduktionsfähigkeit der Feldhasen in verschiedenen Habitaten in Nordrhein- Westfalen vorliegt. Eine Infertilität oder Subfertilität wurde als mögliche Ursache für den Rückgang der Feldhasenpopulationen diskutiert. Insgesamt wurden 375 freilebende EFh, davon 178 weibliche und 197 männliche Tiere, aus 15 unterschiedlichen Habitaten gefangen, immobilisiert sowie gynäkologisch und andrologisch untersucht. Dazu wurden morphometrische, sonographische, spermatologische und endokrinologische Methoden angewandt. Die Kombination der Fangtechnik mit dem Verfahren der Inhalationsnarkose sowie den minimal - invasiven Untersuchungsmethoden erlaubte zum ersten Mal die Einschätzung reproduktiver Parameter an lebenden Tieren auch innerhalb der gesetzlich festgelegten Schonzeit. Die angewandten Methoden lieferten damit im Vergleich zu post mortem Studien einen umfassenderen Informationsgewinn ohne die Dezimierung der Hasenpopulationen. Die spezifische Gestaltung des Untersuchungsganges erlaubte die Erfassung reproduktionsbiologischer Parameter zur Detektion möglicher Kenn¬zeichen einer gestörten Fruchtbarkeit (BLOTTNER, 2001; modifiziert und ergänzt nach MATTISON, 1989). Die Untersuchungszeiträume schlossen die physiologisch wechselnden Perioden hoher sexueller Aktivität (Februar und April) und abnehmender sexueller Aktivität (Juli) ein. Die postmortale Präparation in situ und ex situ ermöglichte die schematische Darstellung der Anatomie und Topographie der Urogenitalorgane. Das war bisher im Schrifttum nicht vorhanden und als Basis für die ultrasonographischen Untersuchungen unerlässlich. Ausgehend von den Ergebnissen der allgemeinen Untersuchung befanden sich alle Tiere in einer guten körperlichen Verfassung. Der saisonale Einfluss war zwar erkennbar, jedoch gab es keine Hinweise auf pathologische Veränderungen der Keimdrüsen der weiblichen Tiere. Insgesamt waren 83,15 % der Tiere am Fortpflanzungsgeschehen beteiligt. Die durchschnittliche Trächtigkeitsrate von 67,98 % lieferte keine Hinweise auf eine eingeschränkte Fruchtbarkeit. Insbesondere im Untersuchungszeitraum Juli wurde der geringere Anteil trächtiger Tiere durch einen erhöhten Anteil laktierender Tiere ergänzt. Bei der geringen Anzahl der Tiere, die weder tragend noch laktierend waren (16,85 %), konnte jedoch an Hand der sonographisch dargestellten Funktionskörper (Follikel und Gelbkörper) sowie der gemessenen Hormonwerte im Blutplasma (15,9 + 4,7 ng/ml P4; 0,07 + 0,01 ng/ml E2) eine normale Zyklusaktivität in der Hauptreproduktionsphase nachgewiesen werden. Die Anzahl der durchschnittlichen Foeten je Trächtigkeit (1,9 + 0,1) im April lag unter den Vergleichsdaten aus der Literatur. Dieses muss nicht einen Hinweis auf eine reproduktive Störung bedeuten, da insbesondere der Zustand der Foeten, sonographischer Nachweis der körperlichen Integrität und Vitalität (Häufigkeit des embryonalen bzw. foetalen Fruchttodes bei 8,26 % der trächtigen Tiere) gegen eine Beeinträchtigung der reproduktiven Leistung sprachen. Auch die Zahl der Tiere bei denen pathologische Veränderungen gefunden wurden (2,25 %) verwiesen nicht auf das Vorliegen einer Reproduktionsstörung. Der saisonale Einfluss auf die Hodengröße war zwar signifikant und das ermittelte Volumen lag unter dem aus Vergleichsstudien, jedoch konnte im Zusammenhang mit der ultrtasono¬graphischen Untersuchung eine allgemeine oder Habitat abhängige Aktivitätseinschränkung des funktionellen Keimdrüsengewebes ausgeschlossen werden. Die auftretende pathologische Veränderungen war traumatischer Natur. Auch zeigte sich der saisonale Einfluss in einem signifikanten Unterschied der Spermienproduktion. Untersuchungen zur Dauer bis zur Wiederverfügbarkeit über ein vollständiges Ejakulat müssen unter kontrollierten Haltungsbedingungen zukünftig folgen. Hohe Anteile von morphologisch und funktionell intakten Spermien lassen keine Beeinträchtigung erkennen. Bei Tieren mit geringer Ejakulats- bzw. Spermienmenge war die an Bioptaten zytologisch geprüfte Spermatogeneseaktivität nicht beeinträchtigt. Die Variabilität der reproduktionsphysiologischen Parameter zwischen den Tieren und Fangzeiträumen ergab keine eindeutige Beziehung zu den Habitaten mit unterschiedlicher Besatzdichte. Die Serumkonzentrationen des Testosterons (0,32 + 0,02 ng/ml) ließen zwar zunächst eine Beeinträchtigung des Fortpflanzungsgeschehens vermuten, jedoch konnte auch hier der Verdacht nicht bestätigt werden. Denn es ergab sich kein Zusammenhang zwischen der Androgenproduktion und den Habitaten mit unterschiedlichem Hasenbesatz. Die dargestellte methodische Vorgehensweise ist zur Festsstellung einer gestörten reproduktiven Leistung geeignet und in jedem Falle post - mortem Untersuchungen in ihrer Aussagekraft überlegen. Der bisher nicht erkennbare Einfluss unterschiedlicher Habitatqualitäten sollte in weiteren Untersuchungen mit größeren Tierzahlen geprüft werden. Auf der Grundlage der vorliegenden Daten können zukünftige Verlaufsstudien zu Stabilität bzw. Veränderungen der Fortpflanzungsleistung über einen größeren Zeitraum vorgenommen werden. Insgesamt weisen die Resultate daraufhin, dass die Ursachen für den Rückgang der Hasenpopulationen eher in einer erhöhten Mortalitätsrate als in der verringerten Reproduktionsfähigkeit zu suchen sind.
The applied methods in this long-term study provided reliable data on reproductive performance of Ebh. The aim of this study was to elucidate whether disrupted fertility was responsible for the decline of Ebh in different habitats in North Rhine-Westphalia. Infertility or subfertility were discussed as a potential cause for population decline. A total number of 375 free-living Ebh, 178 females and 197 males, of 15 different habitats were caught and assessed under general anaesthesia. The applied methods included the evaluation of morphometrical, sonographical, spermatological and endocrinological parameters. The special catching technique in combination with inhalation anaesthesia and non-surgical examination provided, for the first time, the possibility to assess reproductive parameters in free-living hares during close season. In comparison with post-mortem studies, much more information was able without diminishing number of hares. The specific design of the examination protocol in this study allowed the acquisition of reproductive parameters for the detection of reduced fertility (BLOTTNER, 2001; modified and completed after MATTISON, 1989). The study periods included the main breeding season (February and April) and the period of reduced sexual activity (July). Post-mortem examinations in situ and ex situ provided the schematic illustration of the anatomy and topography of the entire urogenital tract. This information was not available until now and was essential for the interpretation of ultrasonographical findings. Based on the results of the general examination, no reduced body condition was detected. The results suggested a seasonal influence, but there were no indications of any pathological changes of the gonads of female hares. A total amount of 83,15 % of the animals were reproductively active. The mean pregnancy rate of 67,98 % did not indicate an impairment of reproductive performance. Especially in July, a smaller portion of non-pregnant animals was elevated by a higher portion of lactating animals. In the group of non-pregnant and non-lactating animals, the ultrasonographical findings of the ovaries (including functional structures like follicles and corpora lutea) and the hormonal levels of P4 (15,9 + 4,7 ng / ml) and E2 (0,07 + 0,01 ng / ml) indicated physiological sexual activity in the main breeding season. Mean number of foetuses (1,9 + 0,1) per pregnancy was smaller than in literature reported. This does not correlate necessarily with reproductive failure, because the ultrasonographical imaging of foetal integrity and vitality (prevalence of embryonic or foetal death 8,26 %) did not result in any disturbance. In particular, the number of females with reproductive pathology (2,25 %) was very low. The results showed a significant seasonal influence on testicular size and mean volume that was lower than in other studies, but ultrasonographical findings did not show any general or habitat-dependent disturbance of gonadal activity. Pathological alterations on testis found in one case were of traumatic origin. Additionally, seasonal influence showed significant differences in sperm production. Mating activity in the field was not observed in this project. Time studies to determine the amount of time needed for sperm quantity and quality to return post mating should follow. The high percentages of motile and intact spermatozoa demonstrated an unimpaired reproductive performance. In some males with low ejaculate and/or sperm quantity, the analysis of testicular tissue (fine needle biopsy) did not show any disturbances of spermatogenesis. The variability of reproductive parameters between the individuals did not show any relationship to the different habitat types. First, low testosterone concentrations (in April: 0,32 + 0,02 ng / ml) suggested a disturbance of reproduction, but no relation between androgen production and habitats and high or low hare population density was detected. The applied methods were suitable to detect reproductive failures and provided much more information than post - mortem studies. Until now no influence of habitat type could be found. Further examinations should occur on a larger number of animals. On the basis of these results, future studies could be performed on stability or changes of reproductive performance over an extended time period. In conclusion, the results suggested that the decline in Ebh populations is a result of a reduced survival rate rather than by a disturbed fertility.