Eine Thrombozytopenie ist beim gesunden Neugeborenen selten. Die hohe Inzidenz beim kranken Früh- oder Neugeborenen sowie das damit verbundene erhöhte Blutungsrisiko und mögliche Spätfolgen unterstreichen jedoch die Notwendigkeit, auf diesem Gebiet neue Möglichkeiten für das Management zu schaffen. Ziel dieser Arbeit war es, die unreife Thrombozytenfraktion, Immature Platelet Fraction (IPF), als nicht-invasiv messbaren, diagnostischen Parameter der Aktivität der Megakaryopoiese bei Früh- und Neugeborenen zu untersuchen und Normwerte zu etablieren. Es wurde die Hypothese aufgestellt, dass eine erhöhte IPF einem Thrombozytenanstieg vorausgeht und eine Aussage zum Thrombozytopenieverlauf am Folgetag machen kann. In die Untersuchung wurden 612 Neugeborene der Intensiv- und Intensivüberwachungsstationen eingeschlossen (49 % Frühgeborene; 6 % ELBW-Frühgeborene (Geburtsgewicht < 1000 g); 10,5 % VLBW-Frühgeborene (Geburtsgewicht < 1500 g)). Um Analysen und Berechnungen anhand der 1339 Thrombozytenwerte und 1045 IPF%-Werte durchführen zu können, erfolgte die Einteilung in eine Thrombozytopenie-Gruppe (n = 156, innerhalb der ersten Lebenswoche mindestens einmalig eine Thrombozytenzahl < 150/nl) und eine Kontrollgruppe (n = 456, Thrombozyten im Normbereich von 150-450/nl). Die Ribonukleinsäure (RNA) in den Zellen der unreifen Thrombozyten lässt sich anfärben, so dass die markierten Zellen durchflusszytometrisch quantifiziert werden können. Das Analysegerät XE-2100 (Sysmex) kann aufgrund unterschiedlicher Fluoreszenzintensität zwischen reifen und unreifen Zellfraktionen unterscheiden und gewährleistet durch eine standardisierte automatische Messmethode reproduzierbare Ergebnisse. 26 % der Früh- und Neugeborenen des Patientenkollektivs zeigten in der ersten Lebenswoche eine Thrombozytopenie, 17 % am Tag der Geburt. Von einer early- onset Thrombozytopenie (erstmaliges Auftreten bis 72 Stunden postpartal) waren 21 % betroffen. Das Geburtsgewicht bzw. Gestationsalter der thrombozytopenen Früh- und Neugeborenen war signifikant niedriger als in der Kontrollgruppe (Median 2158 g versus 2805 g bzw. 37+1 SSW versus 35+1 SSW, jeweils p < 0,001). Diese Arbeit zeigt erstmals, dass die ermittelten IPF-Normwerte bei nicht-thrombozytopenen Früh- und Neugeborenen (4,1 % (95%-Konfidenzintervall 0,7-7,9 %)) in der ersten Lebenswoche höher sind als für Erwachsene beschrieben. Die IPF%-Mittelwerte der thrombozytopenen Gruppe waren im Verlauf der ersten Lebenswoche stets signifikant höher als die der Referenzgruppe. Mit zunehmender Schwere der Thrombozytopenie ergab sich ein signifikanter IPF%-Anstieg. Hinsichtlich der prädiktiven Funktion der IPF konnte gezeigt werden, dass bei einer IPF ≥ 8 % ein Thrombozytensturz > 50/nl am Folgetag äußerst unwahrscheinlich ist. Bei IPF%-Werten < 8 % ergibt sich ein 4,7-fach erhöhtes relatives Risiko für einen Thrombozytensturz. Anhand der IPF kann durch die schnelle Einschätzung des zu erwartenden Verlaufs das Management der neonatalen Thrombozytopenie sowie die Indikationsstellung zur Gabe von Thrombozytenkonzentraten verbessert werden. Dies ist mittels randomisierter Studien auch prospektiv zu belegen.
Thrombocytopenia is rare in healthy neonates. However, the high incidence of thrombocytopenia in sick preterm/term neonates and the related higher bleeding risk and putative long-term consequences emphasize the necessity for new management tools. The study aim was to examine the Immature Platelet Fraction (IPF) as a non-invasive measureable, diagnostic parameter for the megakaryopoietic activity in neonates and to establish reference values. We hypothesized, that a higher IPF precedes a rise in platelet counts and the course of thrombocytopenia can be evaluated. This study included 612 neonates admitted to the intensive care units (49 % preterm newborns; 6 % ELBW-, 10.5 % VLBW preterm newborns). For analysis/calculations with the included 1339 specimens and 1045 IPF% values, neonates were divided into a thrombocytopenia group (n = 156, at least once a platelet count < 150/nl during the first week of life) and control group (n = 456, platelet counts within the reference range of 150-450/nl). The ribonucleic acid (RNA) in the cells of immature blood platelets can be stained and quantified by flow cytometry. The analyzer XE-2100 (Sysmex) can distinguish between mature and immature cell fractions through different fluorescence intensity and provides reproducible results through its standardized and automatic measuring. 26 % of the preterm/term neonates in this study exhibited a thrombocytopenia within their first week of life, 17 % at the day of birth. 21 % showed an early-onset thrombocytopenia (occurrence within the first 72 hours after birth). Birth weight and gestational age of thrombocytopenic preterm/term neonates was significantly lower compared to the control group (median 2158 g versus 2805 g; 37+1 weeks of gestation versus 35+1 weeks of gestation, both p < 0.001). This study shows for the first time that the established IPF reference range for non- thrombocytopenic preterm/term neonates (4.1 % (95%-confidence interval 0.7-7.9 %)) in the first week of life is significantly higher than for adults. An increasing severity of thrombocytopenia resulted in a significant rise of IPF%-values. Analyzing the predictive function, we could show that IPF ≥ 8 % resulted very unlikely in a severe drop of platelets > 50/nl on the following day. IPF%-values < 8 % showed a 4.7-times higher relative risk for a severe drop. Through its quick and reliable evaluation during the course of thrombocytopenia, IPF can improve the management of neonatal thrombocytopenia and help deciding about the requirement of platelet transfusion. This issue should also be addressed in prospective studies.