Der Nachweis eines quantitativen Effektes von Präventionsmaßnahmen zur Vermeidung von Kinderunfällen ist ein bisher wissenschaftlich unzureichend behandeltes Thema. Kenntnisse des voraussichtlichen Effektes von Präventionsmaß nahmen sind jedoch eine wichtige Voraussetzung für deren Entwicklung, Finanzierung und Durchsetzung. Die vorliegende Studie behandelt diese Fragestellung am Beispiel einer standardisierten Unfallpräventionsberatung für Eltern zur Prävention häuslicher Unfälle im Säuglings- und Kleinkindalter (0 bis 5 Jahre). Untersucht wird der quantitative Effekt der Beratung auf die Unfallprävalenz im Kontext persönlicher und sozialer Begleitfaktoren. Grundlage der Beratung war ein im Rahmen der Studie entwickelter Präentionsleitfaden, der ein bzgl. Zeit und Inhalt standardisiertes Unfallpräventionsberatungsgespräch gewährleistete. Wesentliche Beratungsthemen waren die Aufklärung über altersspezifische Unfallrisiken und mögliche Maßnahmen zur Unfallprävention unter Beachtung von individuellen Merkmalen der Kinder und Familien. Ziel war es, die Wahrnehmung der Eltern für Unfallrisiken generell zu erhöhen und dabei auf die Risiken besonders einzugehen, die potentiell lebensbedrohliche Folgen haben können. Für die Beratungen standen jeweils ca. 20 Minuten zur Verfügung. An der Studie nahmen insgesamt 512 Kinder teil, die Eltern von 256 Kindern erhielten eine Unfallpräventionsberatung. Erfasst und analysiert wurden 792 Unfallereignisse. Es konnte nachgewiesen werden, dass das standardisierte Beratungsgespräch zur Unfallprävention eine Senkung der Unfallprävalenz im Säuglings- und Kleinkindalter bewirkt. Der mittlere Beratungseffekt betrug -22% (p ≤ 0,066). Als wichtigster Einflussfaktor auf die Effektivität der Beratung hat sich der allgemeine Bildungsstatus der Eltern, gemessen an Schul- und Bildungsabschlüssen, herausgestellt. In der Gruppe der Hoch-Gebildeten wurde ein Effekt von -42% (p=0,014) beobachtet. Bei 80% der Studienteilnehmer mit Beratung bewirkte diese einen positiven Effekt auf das Risikobewusstsein und das Präventionsverhalten. Unter der Annahme, dass die Stichproben der Studie repräsentativ für die Grundgesamtheit der Kinder von 0-5 Jahren in Deutschland sind, wurde auf Basis des Beratungseffektes von -22% eine Abschätzung des Potentials einer deutschlandweiten standardisierten Unfallpräventionsberatung vorgenommen. Demnach könnten durch die Einführung einer bundesweiten standardisierten Unfallpräventionsberatung jährlich 21 Todesfälle vermieden werden. Die Betrachtung des gesundheitsökonomischen Effektes durch nicht erforderliche ambulante und stationäre Behandlungen von Kinderunfällen unter Berücksichtigung der Kosten der Beratungen führt zur Schlussfolgerung, dass durch die Einführung einer flächendeckenden Unfallpräventionsberatung in Deutschland Gesundheitskosten von mindestens 63 Mio. EUR jährlich eingespart werden könnten. Die Studienergebnisse lassen damit den Schluss zu, dass eine standardisierte Unfallpräventionsberatung medizinisch geboten ist und sich auch gesundheitsökonomisch positiv darstellt. Träger der Beratungsleistung sollten ambulant tätige Kinderärzte sowie Familienhebammen sein, denen die für das Erbringen der Leistung erforderlichen Mittel gewährt werden müssten.
The demonstration of a specific quantitative effect of measures aiming at the prevention of unintended child injuries is scientifically a hitherto insufficiently explored question. Knowledge of the likely effect of preventive measures, however, forms an essential prerequisite for the development and implementation of targeted actions in practice. The present study examined this question using the example of a standardized training program for parents on the prevention of domestic unintended injuries in infancy and early childhood and explores the quantitative impact of counselling on the prevalence of injuries in the context of personal and social factors. The injury-prevention-counselling was conducted to parents of 256 children in an outpatient paediatric practice. A prevention-guide-line was developed to insure a standardised content and timing (20 min.). Subject of counselling was the explanation of specific risks and possible measures to prevent unintended child injuries with respect to personal circumstances of the children and families. Parents of 256 children formed the control group without counselling. Subject of the study were 792 incidents of unintended child injuries of the 512 children aged 0 to 5 years. It could be demonstrated that the counselling results in a reduction in the prevalence of unintended child injuries. The average effect of counselling on the prevalence of injuries was -22% (p ≤ 0.066). The most important factor influencing the effectiveness of the counselling proved to be the general education status of parents. In the group of the high-educated there was an effect of -42% (p = 0.014). At 80% of study participants with counselling, the training resulted in a positive effect on risk awareness and preventive behaviour. Assuming that the sample of the study are representative of the population of children aged 0-5 years in Germany and based on the average preventive effect of -22% it was possible to estimate the potential impact of a Germany-wide implementation of a standardized child injury prevention program. According to this extrapolation the death of 21 children aged 0-5 years could be avoided annually. Furthermore, the analysis of health economic effects through avoidable outpatient and inpatient treatments of child injuries leads to the conclusion that health care costs of at least € 63 million could be saved annually. The study results thus suggest that a standardized parental training to prevent unintended child injuries is both medically necessary and sensible in terms of health economics.