Tunesien ist in Bezug auf die Grundfläche des Landes der kleinste der Maghreb Staaten. Der überwiegende Bevölkerungsanteil ist muslimisch (98%) und im alltäglichen Handeln stark durch die Religion geprägt. Tiere sind nach dem Koran beseelte Lebewesen, wodurch in Tunesien die Grundsätze des Respekts und der Achtung vor dem Tier gelten. Die Einschätzung der in Tunesien laufenden Tierschutzaktivitäten erfolgte nach Aufsuchen der im Land aktiven Tierschutzorganisationen (2007-2008) sowie durch die Teilnahme an Tierschutzseminaren und Kongressen in Tunesien. Um das gesellschaftlichen Bewusstsein für die Tierschutzprobleme Tunesiens mit Hilfe eines weitgehend repräsentativen Meinungsbildes der Bevölkerung zu erfassen, wurden im Rahmen der Studie 1000 Fragebögen verteilt. Die Datenauswertung der Umfrage erfolgte mit Hilfe der Analyse-Software SPSS 17.0 für Apple. Um die Antworten auf statistische Signifikanz zu überprüfen, wurde der Chi-Quadrat-Test nach Pearson durchgeführt. Vergleichbare Studien zum Thema Tierschutz in Tunesien wurden bislang nicht erstellt bzw. veröffentlicht. In der aktuellen tunesischen Gesetzgebung existiert kein eigenständiges Tierschutzgesetz sondern ausschließlich humanwirtschaftliche Aspekte mit anthropozentrischer Ausrichtung. Reglementierungen ergeben sich durch den Artikel 317 im Strafgesetzbuch (Code Pénal) der bis heute die Tiermisshandlung nur in der Öffentlichkeit verbietet. Das Aussetzen gefährlicher Tiere in den öffentlichen Verkehr ist durch Artikel 316 des tunesischen Strafgesetzbuches verboten. Tierärzte sind durch den Verhaltenskodex der Veterinärmediziner (Code de Déontologie du Médecin Vétérinaire; Dekret Nr. 2000-254 vom 31. Januar 2000) verpflichtet, die Gesundheit und das Wohlbefinden der Tiere zu schützen. Die beiden größten nationalen Tierschutzorganisationen in Tunesien sind die Association Tunisienne pour la Protection de la Nature et de l'Environment (ATPNE) und die 2007 gegründete Organisation SOS Animaux. Die Société Protectrice des Animaux (SPA) hat sich nach über 100 Jahren (1910 gegründet) im Januar 2011 aufgelöst, da ihr die finanziellen Mittel ausgingen. Die Organisationen leisten u. a. Aufklärungsarbeit in den Schulen, um sowohl eine Sensibilisierung der Kinder für die Tiere als auch für den Tierschutz zu erreichen. Eine gemeinsame Plattform der Tierschutzorganisationen für Absprachen, Zusammenarbeit und Erfahrungsaustausch existiert allerdings nicht. Die wichtigsten Befunde der Fragebogenaktion lauten: Das gesellschaftliche Bewusstsein der Tunesier für die Tierschutzprobleme des Landes weist innerhalb der Bevölkerung große Unterschiede auf. Die Vorstellung der Kastration stößt bei vielen Muslimen insbesondere in Südtunesien auf Ablehnung. Innerhalb der Tierschutz-Fragegruppe erfolgte mit 72% die größte Zustimmung zu einer gesetzliche Regelung der „Impfprophylaxe bei Hunden und Katzen“. Die staatlich organisierte Impfprophylaxe der Nutztiere finden 69,1% der befragten Tunesier wichtig. 61,6% sprechen sich für eine gesetzliche Bestrafung von Tierquälern aus. Mit zunehmendem Alter stehen die befragten Tunesier einer gesetzlichen Regelung zur Bestrafung von Tierquälern tendenziell aufgeschlossener gegenüber. Die jüngere sowie die gebildete Bevölkerungsschicht würde tendenziell eine gesetzlichen Regelung zur Betäubungspflicht für schmerzhafte Eingriffe am Wirbeltier befürworten. In meist ärmeren, traditionelleren Regionen besitzen Zug- und Lastentiere einen höheren Stellenwert. Der Artenschutz ist den Tunesiern zwar mit 85,7% überdurchschnittlich wichtig, jedoch wird der Stellenwert der Reptilien und Heimtiere von den Befragten tendenziell als gering eingestuft. Es ist auffällig, dass einzig die Frage nach einem eigenständigen Tierschutzgesetz keine signifikanten Unterschiede innerhalb der demografischen Variablen der Befragten aufweist. Annähernd zwei Drittel der Tunesier (59,7%) wünschen sich ein eigenständiges Tierschutzgesetz, daher darf vermutet werden, dass dieses in der tunesischen Gesellschaft durchsetzbar wäre. Der gegenwärtige politische Wandel (Jasminrevolution 2010/11) und der Generationenkonflikt haben jedoch gesamtgesellschaftliche Kontroversen zur Folge, so dass vermeintlich untergeordnete Probleme wie der Tierschutz vorerst ins Hintertreffen geraten könnten. Dem aktuellen Wirtschaftsabschwung folgt bei erfolgreicher Demokratisierung möglicherweise ein Aufschwung (sog. J-Kurve oder Hockey- Stick), der zu einem Umdenken auf dem Gebiet des Tierschutzes und einer Anpassung der Normen an europäische Standards führen könnte.
Considering the country’s total area, Tunisia is the smallest of the Maghreb states. The majority of its population is Muslim (98%) and strongly influenced by their religion in every day trading. Based on the Koran, animals are creatures with a soul, which means basic principles of respect and appreciation apply to them. The evaluation of animal protection activities in Tunisia was carried out after visiting the country’s active animal protection organisations (2007-2008) as well as participating in animal protection seminars and conventions in Tunisia. To capture the social awareness of Tunisia’s animal protection problems with the help of a largely representative general public opinion, one thousand questionnaires were distributed. The data evaluation of the survey was carried out with the help of the Apple analysis software SPSS 17.0. Pearson’s chi-square test was used to test answers for statistical significance. Comparable statistics regarding animal protection in Tunisia had not been generated to date, or rather no equivalent statistic has yet been generated or rather been published. Current Tunisian legislation does not include an independent animal protection law, but solely human capital aspects with an anthropocentric focus. Reglementation consists of article 317 of the criminal code (Code Penal), which until today only bans animal cruelty in public. Article 316 of the Tunisian criminal code prohibits abandoning dangerous animals into public traffic. Veterinarians are obliged by their code of ethics (Code de Déontologie du Médecin Vétérinaire; Decree Number 2000-254 from 31 January 2000) to protect the health and welfare of animals. The two largest national animal protection organisations in Tunisia are the Association Tunisienne pour la Protection de la Nature et de l'Environment (ATPNE) and the organization SOS Animaux (founded 2007). After more than one hundred years The Société Protectrice des Animaux (SPA), which was founded in 1910, was broken up, due to a lack of funding. Amongst other things, the organisations conduct awareness trainings at schools to sensitise children towards animals as well as the subject of animal protection. In Tunisia however, a common platform for animal protection organisations to agree, collaborate and exchange experiences currently does not exist. The most important findings of the research are the following: There are large differences amongst the general Tunisian public regarding the public awareness of the country’s animal protection problems. Many Muslims reject the idea of castration, especially in the south of Tunisia. 72 % of respondents within the animal protection sample group are in favour of a legal regulation of the “Vaccination Prophylaxis of dogs and cats”. The state organised vaccination prophylaxis of farm animals is considered to be important by 69.1% of Tunisians, who took part in the research. Nationally, 61.6% are in favour of a legal regulation for penalisation of animal cruelty. With increasing age Tunisians tend to be more open minded towards a legal regulation for penalisation of animal cruelty. The younger and educated parts of the population tend to be in favour of a legal regulation for a compulsory anaesthesia for painful operations on vertebrates. A higher significance is given to draught animals in predominantly poorer and more traditional regions. Tunisians give above average importance to wildlife conservation (85.7%), but the significance of reptiles and domestic animals tends to be categorised as low by respondents. Out of all questions to different topics, it is noticeable that only the question regarding an independent animal protection law does not show significant differences within the demographic variables of respondents. Almost two thirds of Tunisians (59.7%) would like to see an independent animal protection law introduced, which is why it can be assumed that this could be implemented within the Tunisian society. Current political change (Tunisian revolution 2010/11) and the conflict amongst different generations have lead to controversies within the entire society, meaning that the current focus lies on prominent issues and seemingly inferior problems like animal protection could fall behind for the time being. With a successful democratisation a boom (so called Hockey- Stick) could follow the current recession, which could lead to a rethink on the topic of animal protection and a harmonisation of norms to European standards.