Das Wissen über die Pathogenese der Klauenrehe ist bis heute trotz fortschreitender intensiver Forschungsarbeit unvollständig. Bei Untersuchungen zu diesem Thema sind isoliert perfundierte distale Gliedmaßen ein viel versprechendes Modell, um die biologischen Mechanismen zu ergründen, die hinter diesem Syndrom liegen. Dieses Modell stellt aus ethischer wie auch aus finanzieller Sicht eine Alternative zum Tierversuch dar. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Entwicklung eines Modells der isoliert hämoperfundierten distalen Rindergliedmaße, basierend auf dem bereits vorhandenen Modell der isoliert hämoperfundierten Schweinegliedmaße, das für die Prüfung pharmakologischer Substanzen verwendet wird.
Die isolierten distalen Gliedmaßen wurden von routinemäßig geschlachteten Rindern gewonnen und im Labor der Firma Vitro-tec Entwicklungsgesellschaft mbH, Berlin, perfundiert. Die Standardapparatur ermöglicht eine Perfusion für fünf Stunden unter nahezu physiologischen Verhältnissen. Die Ausgangswerte für den Perfusionsfluss und -druck wurden basierend auf Literaturangaben für Pferd und Schwein eingestellt. Der Vergleich verschiedener Versuchsgruppen ergab als optimalen Perfusionsfluss einen Wert von 190 ml/ min. Die Sauerstoffsättigung wurde bei 100 % und der pH-Wert zwischen 7,35 7,45 gehalten. Glukose wurde als Nährstoff zugesetzt. Die Gewichtzunahme der Gliedmaße sowie der Perfusionsdruck und der Organwiderstand wurden als Vitalitätsindikatoren verwendet. Die Gliedmaße durfte während der Perfusion nicht über 10 % an Gewicht zunehmen und der Perfusionsdruck durfte nicht über 150 mmHg steigen und nicht unter 30 mmHg absinken. Zusätzlich wurden systematische licht- und elektronenmikroskopische Untersuchungen an Gewebeproben aus allen Segmenten der Klauen durchgeführt, um die Vitalität des Gewebes anhand einer Standardliste morphologischer Kriterien zu überprüfen. Ausgewählte Perfusionen wurden thermographisch auf cold spots überprüft, die einen Indikator für ischämische Bezirke darstellen. Als Perfusionsmedium zeigte sich Vollelektrolytlösung, angereichert mit gewaschenen Erythrozyten (Hämatokrit 8 10 %) als am besten geeignet.
Das Modell wurde in einer Serie von 23 Experimenten getestet. Dabei wurden für die Pathogenese der Klauenrehe relevante bioaktive Moleküle in ihrer Wirkung auf den Perfusionsdruck und die Gewebeveränderungen untersucht. Die modernen Hypothesen zur Pathogenese der Klauenrehe schreiben Störungen der Mikrozirkulation im dermalen Gefäßsystem der Klaue und direkten Schäden der Gefäßendothelien eine zentrale Rolle während des initialen Phase der Reheentwicklung zu. Diese Störungen und Schäden werden durch Toxine, vasoaktive Substanzen oder metobolische Abbauprodukte hervorgerufen. Daher wurden in den Perfusionsexperimenten dieser Arbeit die Effekte einiger der am häufigsten im Zusammenhang mit der Rehepathogenese diskutierten Substanzen getestet. Das Gewebe wurde unter Sauerstoffdefizit und verminderter Flussrate perfundiert und es wurde untersucht, ob Endotoxine, Laktat oder Histamin Änderungen der Perfusion, der Gefäße und Gewebveränderungen auslösen, die für die Reheentwicklung relevant sind.
Es konnte gezeigt werden, dass eine Sauerstoffsättigung von 15 30 % über den Zeitraum von vier Stunden sowie die Histamin und Endotoxin von E. coli Veränderungen in den Perfusionsparametern und in der Gewebestruktur auslösen. Es konnten Druckanstieg, erhöhter Organwiderstand, Veränderungen der Gefäßpermeabilität, Ödembildung sowie epidermale Zellschäden nachgewiesen werden. Diese Veränderungen fügen sich nahtlos in die aktuellen Rehehypothesen ein. Der Zeitrahmen von fünf Stunden erlaubt jedoch keine endgültige Aussage darüber, ob dieser Zustand letztendlich zu einer Klauenrehe führt.
Das Modell ist für verschiedene spezifische veterinärmedizinische Fragestellungen insbesondere zur weiteren Erforschung der Huf- und Klauenrehe interessant, aber auch für die Humanmedizin attraktiv. Vielfältige pharmakologische und toxikologische Einsatzgebiete sind denkbar. Durch eine Kombination mit modernen Analysen (z.B. PCR) von Gewebeproben aus den perfundierten Gliedmaßen lassen sich die Reaktionen der Zellen auf die eingesetzten Faktoren auf molekularer Ebene detektieren. Die Kombination des hier vorgestellten neuen ex vivo Modells mit molekularbiologischen Methoden insbesondere der real-time PCR zur quantitativen Analyse von Effekten auf das Expressionsprofil der Zellen wird für künftige Untersuchungen empfohlen.
The actual knowledge on the pathomechanisms of bovine laminitis is still incomplete despite of progressively increasing research activities. Isolated perfused distal limbs are a promising model to study the biological mechanisms that lie behind the laminitis syndrome. For ethical and financial reasons experiments using this model are a preferable alternative to animal experiments. The aim of this work was to develop an isolated haemoperfused distal cow limb model basing on an already existing porcine limb model used already for studying the effects of pharmaceuticals.
The isolated limbs were obtained from routinely slaughtered cows and subsequently perfused in the laboratory of a local biotech company (Vitro-tec Entwicklungsgesellschaft mbH, Berlin). A standard perfusion apparatus enables isolated limb perfusion for up to 5 hours under close to physiological conditions. Perfusion pressure and flow were calculated and adjusted basing on values available for horses and pigs. The comparison of the different initial experiments showed that 190 ml/min is an optimal value for the flow of perfusate. The oxygen saturation was adjusted to 100 % and the pH preset between 7.35 and 7.45. Glucose was added as nutrient. The weight increase of the limb and the perfusion pressure served as vitality indicators. The threshold for an acceptable weight gain of the distal limb was 10 % and for the upper and lower values of perfusion pressure 150 mmHg and 30 mmHg respectively. In addition, systematic light- and electron microscopic examination of tissue samples from all segments of the claws was carried out to evaluate tissue vitality according to a list of standardised morphological criteria. A thermographic camera was used to detect cold spots as an indicator for ischemic areas. A complete electrolyte solution added with washed erythrocytes (haematocrit 8 10 %) turned out to be optimal for perfusion and was used as standard perfusate.
The model was challenged in a series of 23 experiments. Thereby the effects of candidate bioactive molecules relevant for the pathogenesis of laminitis on perfusion pressure and resulting tissue alterations were tested. The modern hypotheses on the pathogenesis of laminitis attribute a central role to disturbances in microcirculation and direct damage to the vascular endothelium in the initial phase of the development of laminitis. These disturbances and alterations are caused by toxins, vaso-active substances of metabolic by- products. Therefore, in the perfusion experiments of this work the effects of some of these substances most frequently discussed in relation to laminitis have been tested.
The claw tissue was perfused under oxygen deficiency and reduced flow rates. Furthermore the model was challenged by endotoxin, lactate and histamine to detect whether these substances produce changes in perfusion or structure of the vascular system or cause tissue alterations relevant for the development of laminitis.
It was possible to show that an oxygen deficiency between 15 30 % for 4 hours and agents like histamine and E. coli endotoxin provoke changes in perfusion parameters and alterations in tissue structure. The following changes were detected: An increase in pressure and organ resistance, alterations of vascular permeability, formation of oedema and cell damage. These alterations perfectly fit in the actual hypotheses on the pathogenesis of laminitis. The limited period of 5 hours however does not permit final conclusions whether this condition finally would lead to clinical laminitis.
The model introduced here is interesting to investigations on a variety of specific questions in Veterinary Medicine. It is attractive in particular for further research into equine and bovine laminitis. Furthermore it is also attractive for research in human medicine with possible applications in Pharmacology and Toxicology. In combination with modern analytical methods such as PCR techniques the reactions of cells to the challenging factors could be detected on the molecular level. The combination of the described novel ex vivo model with real-time PCR for quantitative analysis of effects on the cellular protein expression is recommended for future investigations using this model.