Im Rahmen der forensischen Altersdiagnostik bei Lebenden im Strafverfahren ist die radiologische Beurteilung des Ossifikationsstandes der medialen Klavikulaepiphysenfuge im jungen Erwachsenenalter von herausragender Bedeutung. In einer Studie wurden 873 Röntgen-Thorax-Aufnahmen von Personen der Altersgruppe 16-30 Jahre retrospektiv ausgewertet. In 699 Fälle war mindestens eine Seite sicher auswertbar. Zusätzlich zur üblichen Stadieneinteilung (1: Ossifikationskern nicht verknöchert, 2: Ossifikationskern verknöchert, Epiphysenfuge nicht verknöchert, 3: Epiphysenfuge teilweise verknöchert, 4: Epiphysenfuge vollständig verknöchert) wurde ein 5. Stadium definiert, welches das Verschwinden der Epiphysenfugennarbe beschreibt. Beide Geschlechter erreichten das Stadium 3 erstmals mit 16 Jahren, Stadium 4 wurde bei der männlichen Population erstmals mit 21 Jahren beobachtet, bei der weiblichen mit 20 Jahren. Ein Stadium 5 trat in beiden Fällen erst mit dem 26. Lebensjahr auf. Es wurde geschlussfolgert, dass die Beurteilung der Schlüsselbeinossifikation mit konventionellen Aufnahmen grundsätzlich möglich ist. Sollte in der Altersschätzungspraxis aufgrund von Überlagerungen die posterior-anteriore Aufnahme nicht sicher auswertbar sein, empfiehlt es sich, zusätzlich seitlich gedrehte Aufnahmen anzufertigen. Die für die Stadien präsentierten statistischen Maßzahlen können für die forensische Anwendung empfohlen werden. In einer weiteren Studie wurden 629 CT-Aufnahmen von Patienten der Altersgruppe 15 bis 30 Jahre retrospektiv ausgewertet. Der Ossifikationsstand der medialen Klavikulaepiphysenfugen konnte in 556 Fällen mit der oben genannten Stadieneinteilung sicher beurteilt werden. Das Stadium 3 wurde bei männlichen Patienten frühestens mit 17 Jahren, bei weiblichen Patienten frühestens mit 16 Jahren erreicht. Das Stadium 4 wurde von beiden Geschlechtern frühestens mit 21 Jahren erreicht. Das Stadium 5 wurde bei Frauen mit 21, bei Männern mit 22 Jahren und damit 4 bzw. 5 Jahre früher als in der konventionellen Röntgenstudie beobachtet. Als mögliche Ursache wurde der Partial-Volume-Effect bei CT in Dickschichttechnik diskutiert. Die für das Stadium 5 präsentierten statistischen Maßzahlen können somit für die forensische Anwendung nicht empfohlen werden. Aus dieser Konsequenz heraus wurden in einer dritten Studie CT-Datensätze von 40 lebenden Personen ausgewertet, die im Rahmen von forensischen Altersbegutachtungen gewonnen wurden. Aus den akquirierten Daten wurden Aufnahmen mit Schichtdicken von 1, 3, 5 und 7 mm rekonstruiert. Bei sieben von 80 Klavikulaepiphysenfugen traten schichtdickenabhängige Unterschiede in den Ossifikationsstadien auf. Unterschiede fanden sich in einem Fall zwischen den Schichtdicken 1 und 3 mm, in drei Fällen zwischen 3 und 5 mm und in drei Fällen zwischen 5 und 7 mm. Es wurde geschlussfolgert, dass in der Altersschätzungspraxis zur Erreichung einer größtmöglichen Aussagesicherheit Schichtdicken von 1 mm zu verwenden sind.
Radiological assessment of the degree of ossification of the medial clavicular epiphyseal cartilage plays a vital part in forensic age diagnosis of living adolescents and young adults. A total of 873 plain chest radiographs of living people aged 16-30 were evaluated retrospectively. Of these X-rays 699 permitted an assessment of ossification of at least 1 side of the clavicle. In addition to the customary stages (1: non-ossified epiphysis, 2: discernible ossification centre, 3: partial fusion, 4: total fusion) a stage 5 was also defined, characterised by the disappearance of the epiphyseal scar following total fusion. The earliest age at which stage 3 was detected in either gender was 16 years. Stage 4 was first observed in women at 20 years and in men at 21 years. In both genders, the earliest observation of the stage 5 was 26 years. It was concluded that plain chest radiographs can essentially be used to assess clavicular ossification. In practice, if overlap in posterior-anterior views impedes evaluation, a lateral view should also be taken to facilitate age estimation. In forensic practice the reference values of the present paper should be applied. In a second study a total of 629 CT images of patients between 15 and 30 years were analyzed retrospectively. For the purposes of this study, the author reliably determined the ossification status of the medial epiphysis of the clavicle in 556 cases, using the classification of the first study. In both sexes, stage 2 was first noted at age 15. In male patients, the earliest occurrence of stage 3 was noted at age 17, in female patients at age 16. Stage 4 was first achieved by both sexes at age 21. Stage 5 was fist noted in female patients at age 21 and in male patients at age 22, which is 4 or 5 years earlier than was observed by the conventional study. The partial volume effect in computed tomography using the thick slice scanning mode was discussed as a possible explanation for this early visualization. The statistical measurement data presented for ossification stage 5 cannot be applied for forensic purposes. In consequence of this, computed tomography scans originally obtained to assess the ossification status of 40 live subjects for forensic age estimation purposes were analysed. From the data acquired, images with slice thickness of 1, 3, 5 and 7 mm were reconstructed. Of the 80 clavicular epiphyseal plates examined, seven displayed slice- thickness-dependent differences at certain ossification stages. In one case a slice thickness of 1 mm led to a different diagnosis of the ossification stage than a slice thickness of 3 mm, in three cases of 3 and of 5 mm, an in another three cases, between 5 and 7 mm. It was concluded that for age estimation purposes, the slice thickness should be 1 mm to ensure maximum accuracy and diagnostic reliability.