In dieser Studie wurden Beckenbodenfunktionsstörungen unter Primiparae mit Einlingsgravidität in Schädellage von 38 bis 42 Schwangerschaftswochen und vaginaler Entbindung im Kreißsaal der Charité (Campus Mitte) vor und während der Schwangerschaft sowie nach Entbindung per Befragung erfasst und auf maternale, neonatale und geburtsmedizinische Risikofaktoren hin untersucht. Die Pathophysiologie von Beckenbodenfunktionsstörungen ist noch nicht abschließend geklärt. Von einem Zusammenhang zwischen Geburt und Beckenbodenfunktionsstörungen haben während der Schwangerschaft in Bezug auf Störungen der Sexualität 74,2% der Erstgebärenden Kenntnis, bei Harnkontinenz 51,6% und bei Analinkontinenz nur 28%. Harninkontinenz trat in der 2. Schwangerschaftshälfte bei 26,3% auf (nach Entbindung 28,5%); Flatusinkontinenz bei 20,7% (bzw. 29,9%) und Stuhlinkontinenz bei 12,9% (bzw. 21%). Anhand Transition Plots zu einzelnen Beckenbodenfunktionsstörungen konnte gezeigt werden, dass die im Verlauf der Schwangerschaft zunächst zunehmende, nach der Geburt weiter ansteigende und im späteren Verlauf wieder sinkende Prävalenz der verschiedenen Kontinenzstörungen nicht gleichermaßen für alle Individuen gilt. Unter den bereits präpartal inkontinenten Erstgebärenden gibt es eine Gruppe, für die die Geburt keine weitere Verschlechterung bedeutet, sondern im Gegenteil, ein wesentlicher Anteil unter ihnen wird nach dem Ereignis Geburt wieder kontinent. Umgekehrt gibt es auch die Gruppe unter den präpartal noch kontinenten Primiparae, die erst durch die Geburt selbst inkontinent wird.. Für die Flatus- und Stuhlinkontinenz lassen sich ähnliche Aussagen zu den verschiedenen Untergruppen des Kollektivs treffen, hier hat aber die Entbindung selbst eine prozentual größere Auswirkung als die Schwangerschaft. Die Untersuchung erlaubt den Schluss¸ dass in Bezug auf die Harninkontinenz während der Schwangerschaft und nach Entbindung unterschiedliche Pathomechanismen wirken. Um Frauen individuell zu ihrem Risiko für Beckenbodenfunktionsstörungen in der Schwangerschaft und durch Entbindung beraten und dementsprechende risikomindernde Maßnahmen empfehlen zu können bzw. Leitlinien zwecks Beckenbodenprophylaxe für die Geburtshilfe zu entwickeln, müssen weitere Untersuchungen zur Pathophysiologie noch folgen.
In this study we examined pelvic floor functional disorders in primiparae with single pregnancies, cephalic presentation at term at the Charité delivery department before and during pregnancy as well as after vaginal delivery by means of questionnaire in relation to maternal, neonatal and obstetric risk factors. The pathophysiology of pelvic floor disorders is still not statisfyingly resolved. During pregnancy 74% of primiparae knew about the interrelation between delivery and sexual disorders, whereas 51% knew about urinary incontinence and only 28% about anal incontinence. In our study, urinary incontinence during the second half of pregnancy had 26,3% of primiparae (after delivery 28,5%); incontinence of gas 20,7% (29,9% resp.) and incontinence of stool 12,9% (bzw. 21%). By means of transition plots we were able to show that the over-all rising prevalence of different pelvic floor disorders during pregnancy and resp. the fall after delivery differs considerably between individuals. Among the already in pregnancy incontinent individuals there is one group whose urinary incontinence is not worsened by delivery, on the contrary these women become continent again after delivery (appr. half of this group). On the other hand, there is a group – continent throughout pregnancy – that becomes incontinent for urine after (or presumably caused by) delivery. Similar groups can be shown for incontinence of stool or gas, whereas here the delivery has a bigger impact on the prevalence of incontinence than during pregnancy. In our study we come to the conclusion that for urinary incontinence there must be different pathomechanisms taking effect during pregnancy and through delivery. Therefore in order to be able to counsel women on their individual risks for pelvic floor disorders during pregnancy and through delivery and advise them on prophylactic measures as well as to establish standardized risk-minimizing obstetrical procedures, further investigation concerning the pathophysiology during pregnancy and delivery must follow.