In dem letzen Abschnitt dieser Arbeit möchte ich meine Untersuchungsergebnisse kurz zusammenfassen und geplante Projekte skizzieren. Meine Arbeit beruht auf den in den letzten Jahren als Erstautor in peer reviewed Zeitschriften veröffentlichten Arbeiten zum Thema prognostische Faktoren beim Prostatakarzinom. Das Prostatakarzinom ist die häufigste maligne Erkrankung bei Männern in der westlichen Welt.(Jemal, Siegel, Ward, Hao, Xu, Thun) Trotz verbesserter Vorsorge und zeitgemäßer Therapie erfahren bis zu 35% der Männer ein Tumorrezidiv innerhalb von 10 Jahren nach Therapiebeginn.(Pound, Partin et al 1999) Die Identifizierung von Patienten, die ein erhöhtes Risiko für ein Tumorrezidiv aufweisen, ist von höchstem Interesse, damit beispielsweise eine adjuvante Therapie angeboten werden kann. Ein Nachteil bei der Untersuchung von Patienten, die sich einer RP bei Prostatakarzinom unterzogen haben, sind die sehr langen Nachsorgeintervalle, welche notwendig sind, um suffiziente Aussagen treffen zu können. Daher beruhen die meisten Untersuchungen wie auch meine auf retrospektiven Datenanalysen. Bei meinen Untersuchungen habe ich besonderen Wert auf eine gute Reproduzierbarkeit und einfache klinische Applikation der Ergebnisse gelegt. Es wurden nur Parameter in die Analyse einbezogen, die üblicherweise in allen Kliniken, die Prostatakarzinome behandeln, erfasst werden. Für die Anwendung an den eigenen Patienten sind keine aufwendigen Kalkulationen oder sonstige Hilfsmittel notwendig. Zudem habe ich durch die bislang in der Urologie noch nicht angewandte Methode des propensity score matchings versucht, die Limitation fast aller zu dem Thema Prostatakarzinom durchgeführten Untersuchungen zu reduzieren: den retrospektiven Charakter der Untersuchungen mit dem daraus resultierenden Bias. Durch das propensity score matching ist es möglich, trotz retrospektivem Studiendesign einige Charakteristika einer randomisierten Studie zu replizieren und somit eine Balance der gemessenen Parameter in den gematchten Gruppen hervorzurufen, so dass die Verteilung der gemessenen Variablen zwischen den untersuchen Gruppen ähnlich ist.(Austin 2008) Das Zeitalter des zuletzt in hochrangigen wissenschaftlichen Zeitschriften als sehr kritisch beurteilten PSA-Screenings hat zu einer deutlich erhöhten Inzidenz des Prostatakarzinoms geführt. Dieses hat zu einer relativ höheren Anzahl von jüngeren Männern, die früher meist nur bei sehr fortgeschrittenen Tumorstadien auffielen und älteren Männern, die früher aufgrund fehlender medizinscher Konsequenzen nicht untersucht wurden, mit Prostatakarzinomen geführt. In unserer Untersuchung der Bedeutung des Patientenalters zum Operationszeitpunkt konnten wir unter Zuhilfenahme des propensity score matchings nachweisen, dass jüngere Patienten zwar signifikant bessere pathologische Resultate und somit auch niedrigere Tumorrezidivraten nach RP aufweisen. Allerdings scheint das Alter hierbei nur als Surrogatmarker für eine zu einem früheren Zeitpunkt stattgehabte Diagnose zu fungieren, da in der multivariaten Analyse das Alter kein unabhängiger Prädiktor des Krankheitsverlaufes ist. Bei aktuell immer höheren Raten von Übergewicht und Fettleibigkeit in der Bevölkerung der westlichen Welt ist für kardiovaskuläre Erkrankungen und eine Vielzahl von malignen Erkrankungen der negative Einfluss des erhöhten BMI auf das Outcome beschrieben. Für Patienten mit Übergewicht (BMI 25-29,9 kg/m2) oder Fettleibigkeit (BMI ≥ 30 kg/m2) wurde nachgewiesen, dass sowohl das pathologische Stadium nach RP als auch die biochemischen Rezidivraten im Vergleich zu Normalgewichtigen statistisch signifikant schlechter sind.(Magheli, Rais-Bahrami, Trock, Humphreys, Partin, Han, Gonzalgo) So haben Übergewichtige verglichen mit Normalgewichtigen ein 1,3-faches und Fettleibige sogar ein 2-faches Risiko, ein biochemisches Rezidiv nach RP zu entwickeln. Im Gegensatz zu unserer Untersuchung des Alterseinflusses auf die Rezidivraten, hat diese Aussage auch im multivariaten Modell bestand. Limitierend muss hinzugefügt werden, dass eine weitere interessante Fragestellung, nämlich ob es durch eine postoperative Gewichtsreduktion zur Verbesserung der Rezidivraten kommen kann, aufgrund fehlender Daten leider unbeantwortet bleiben musste. Für Patienten mit einem präoperativen PSA-Wert von > 20 ng/ml (Normbereich bis 4,0 ng/ml) haben wir nachgewiesen, dass die Tumorlokalisation – anterior vs. posterior – mit erheblichen Differenzen bezüglich des pathologischen Stadiums und des biochemischen Rezidivs behaftet ist. Patienten mit dem klassischen posterioren, von rektal palpablem Tumor, haben erwartungsgemäß ein höheres klinisches Tumorstadium, da anteriore Tumoren nur bei sehr großer Tumorlast von rektal palpabel sind.(Magheli, Rais-Bahrami, Peck, Walsh, Epstein, Trock, Gonzalgo) Zudem haben sich posteriore Tumoren – auch dieses ist aufgrund der Tumorlokalisation nicht überraschend – durch einen verminderten Samenblasenbefall ausgezeichnet. Patienten mit anterioren Tumoren hatten signifikant niedrigere Tumorrezidive in der univariaten Analyse. Im multivariablem Modell unter Berücksichtigung anderer Prädiktoren (PSA, Gleason Grad, klinisches Stadium, Rase, Alter) geht der prädiktive Wert der Tumorlokalisation jedoch verloren. Es bleibt als Fazit für den Patienten mit hohen PSA-Werten (PSA >20 ng/ml), dass eine Heilung – unabhängig von der Tumorlokalisation – in circa 50% durch eine RP gewährleistet werden kann und dass eine anteriore Tumorlokalisation grundsätzlich eher mit einer besseren Prognose vergesellschaftet ist, so sich nicht andere Prädiktoren durch schlechte Werte auszeichnen. Die Subklassifikation des klinischen Tumorstadiums T1 hat einen historischen Hintergrund: Vor der Zeit der Vorsorgeuntersuchungen und des PSA-Screenings, ein nicht unerheblicher Anteil von Prostatakarzinomen (bis zu 25%) durch eine TUR-P diagnostiziert worden. Diese Karzinome bezeichnet man als inzidentelle Karzinome (T1a ≤ 5% Karzinomgewebe; T1b > 5% Karzinomgewebe). Heutzutage werden die meisten Karzinome durch Stanzbiospie bei erhöhtem PSA-Wert entdeckt (T1c). Die Untersuchung dieser Subklassifikation hat ergeben, dass Patienten mit einem T1a-Tumor einen signifikant niedrigeren Gleason Grade, nach RP ein besseres postoperatives Tumorstadium, und weniger positive Schnittränder aufweisen.(Magheli, Rais-Bahrami et al 2007) Dies führt zusignifikant besseren biochemischen Rezidivraten nach RP. Der unabhängige prädiktive Wert dieser Subklassifikation konnte allerdings nicht in der multivariaten Analyse bestehen. Zusammenfassend muss also gesagt werden, dass die Subklassifikation des Tumorstadium T1, gerechtfertigt ist, da sie prognostisch relevant ist, andere Prognosefaktoren bei der Patientenberatung allerdings unbedingt Berücksichtigung finden müssen. In der letzten hier aufgeführten Untersuchung wurde die PSA-Dichte (PSAD) als wertvolles zusätzliches Instrument zur Prognoseabschätzung bei Patienten nach RP herausgestellt. Dieses ist insbesondere wichtig, weil die PSAD bislang meist nur zur Indikationsstellung für eine Prostatabiopsie herangezogen wurde. Es wurde nachgewiesen, dass die PSAD bei Patienten mit low-grade Karzinomen (Gleason Grad ≤ 6) gegenüber dem PSA eine signifikant höhere Aussagekraft für die Vorhersage eines biochemischen Rezidivs hat.(Magheli, Rais-Bahrami et al 2008) Inwieweit sich diese statistische Signifikanz klinisch durchsetzen kann, müssen zukünftige Studien zeigen. Die vorangegangen Studien beruhen auf Analysen an einem Patientenkollektiv des Johns Hopkins Hospitals, Baltimore, USA. Ziel meiner gegenwärtigen Arbeit ist es, zusammen mit der Arbeitsgruppe Prostatakarzinom an der Charité Campus Mitte, eine vorbestehende Datenbank von Patienten, die sich einer laparoskopischen Prostatektomie an unserem Standort unterzogen haben, weiter auszubauen und mit einer Gewebedatenbank zu vernetzen. Somit könnten dann die klinischen Arbeiten durch entsprechende molekularbiologische Untersuchungen und potentielle neue Marker ergänzt werden. Des weiteren sollen in Kooperation mit der biostatistischen Abteilung der Charité verschiedene prognostische Modelle – auch unter Einbeziehung molekulare Marker – auf ihre Vorhersagequalität untersucht werden. Dazu gehören die ANN sowie Nomogramme und score counts. Ein entsprechender Antrag an die Stiftung Urologische Forschung erhielt dazu im Oktober 2009 einen positiven Förderbescheid (Stephan C, Lein M, Magheli A, Moritz A, Cammann H und Meyer H. Prognosemodelle für Patienten mit einem Prostatakarzinom auf der Basis artifizieller neuronaler Netzwerke).
This thesis is based on a number of peer-reviewed scientific articles on prognostic factors to predict pathological and clinical outcome following radical prostatectomy which have been published by our group over the last few years. Prostate cancer is the most common malignancy in men in the Western world. Up to 35% of men experience prostate cancer recurrence despite recent advances in prostate cancer screening. It is therefore of utmost clinical importance to identify patients at high risk for disease recurrence following radical surgery. My work is based on retrospective analyses of extended radical prostatectomy series in the United States and Germany. One of the innovative statistical procedures used is "propensity score matching" a method to simulate a randomized clinical trial. The main results of my studies are as follows: In the recent years more and more patients are diagnosed with prostate cancer at a younger age and the impact of patient age at the time of diagnosis on clinical outcome has not been extensively investigated. In one of our studies we found out that younger patient age at the time of diagnosis is associated with favorable clinical stage and lower biochemical recurrence rates following radical prostatectomy. However, a critical analysis of the results suggests that age is rather a surrogate marker than a real prognosticator, since it loses it statistical significance in multivariable analysis. We were furthermore able to identify a higher BMI as a predictor of clinical outcome following radical prostatectomy. In this study overweight and obese patients had a statistically significant higher risk of biochemical recurrence compared to normal weight patients. This association was also seen in multivariable analysis. In another study we identified tumor location (anterior vs. posterior tumor location) as a prognosticator for advanced disease and unfavorable clinical outcome in men with a preoperative PSA greater 20 ng/ml prior to radical prostatectomy. However, in multivariable analysis, tumor location lost its statistical significance and patient counseling should not be based on this variable alone in patients with high preoperative PSA-values. Furthermore, we re-evaluated the clinical significance of pT1-subcategories (pT1a, pT1b, pT1c) on biochemical outcome following radical prostatectomy. We found out that pT1-subclassification alone is not sufficient to counsel patients on treatment options, since it is not a statistically significant variable to predict biochemical outcome in multivariate analysis. Rather clinical stage has to be evaluated with consideration of the preoperative PSA-value and Gleason score. In one of our more recent studies we highlighted the value of PSA-density as an additional tool for the prediction of clinical outcome following radical prostatectomy: In patients with low grade prostate cancer (Gleason score 6 or less) PSA- density was statistically significant better for the prediction of biochemical recurrence than PSA alone. The above mentioned work is based on the analysis of extended clinical databases on prostate cancer in the United States (Johns Hopkins Hospital Baltimore) and Germany (Charité UniversitÀtsmedizin Berlin). Our plan for the near future is to extend the databases and link them to a tissue bank in order to perform basic research in this field.