HINTERGRUND: Die atopische Dermatitis gehört mit einer Lebenszeitprävalenz von circa 10-25% zu den häufigsten Hauterkrankungen. Juckreiz ist ein Hauptsymptom dieser Erkrankung. Zwar werden Antihistaminika häufig zur Behandlung des Juckreizes bei Patienten mit atopischer Dermatitis eingesetzt, jedoch zeigen diese eine große Varianz in ihrer Wirksamkeit. Schmerz und Juckreiz werden zum Teil über gemeinsame Nervenfasern übertragen. Im Bereich der Analgesieforschung wurde die schmerzreduzierende Wirkung des Placeboeffektes durch viele Studien nachgewiesen. Ziel dieser Arbeit war es, die Intensität und Dauer des Placeboeffektes bei Patienten mit atopischer Dermatitis zu untersuchen. Hierzu wurde der Effekt eines Placebo- und Verumpräparates gekoppelt mit Konditionierung und Instruktion auf die Stärke eines künstlich ausgelösten Juckreizes bei Probanden mit atopischer Dermatitis untersucht. MATERIAL UND METHODEN: Die Studienteilnehmer wurden randomisiert in zwei Gruppen (Placebo/ Verum) eingeteilt. An zwei Untersuchungstagen erfolgte in einem vorgegebenen psychologischen Rahmen die Auslösung von Juckreiz mit einer Histaminlösung. Dieser psychologische Rahmen beinhaltete die Eigenschaften des Placebos (Infusion, Beschriftung), die Umgebung (Krankenhaus), das Verhalten des Arztes (Worte, Haltung) sowie die Interaktion mit dem Patient. Die Probanden erlernten nach gezielter Informationsvermittlung und Handlungsanweisung (Instruktion) Reiz-Reaktions-Assoziationen durch wiederholte Reizkopplung (Konditionierung). Die Verumgruppe erhielt intravenös eine pharmakologisch aktive Infusion (das Antihistaminikum Dimetindenmaleat) verdeckt verabreicht ohne Konditionierung und Instruktion. Die Placebogruppe erhielt intravenös eine pharmakologisch inaktive Infusion (Kochsalz) offen verabreicht mit Konditionierung und Instruktion. Als Erhebungsparameter wurden die subjektive Juckreizstärke, die Quaddelgröße und die Erythemfläche analysiert. Bei jedem Probanden wurde darüber hinaus der Schweregrad der atopischen Dermatitis vor und nach der Untersuchung erhoben. ERGEBNISSE: In der Verumgruppe waren die Juckreizstärke (p=0.009) und Erythemfläche (p<0.001) nach der Intervention am ersten Untersuchungstag signifikant vermindert, jedoch nicht die Quaddelgröße (p=0.179). In der Placebogruppe waren die Juckreizstärke (p<0.001), die Erythemfläche (p=0.041) und die Quaddelgröße (p=0.025) nach der Intervention am ersten Tag signifikant vermindert. Der Gruppenvergleich bezüglich der Juckreizintensität am ersten Untersuchungstag zeigte nach Intervention einen signifikanten Unterschied (p=0.004). Der Juckreiz war in der Placebogruppe weniger stark als in der Verumgruppe. Jedoch ließ sich in der Verumgruppe eine signifikant kleinere Erythemfläche feststellen (p=0.025) als in der Placebogruppe. Die Veränderungen der Quaddelgrößen waren im Gruppenvergleich nicht unterschiedlich (p=0.212). SCHLUSSFOLGERUNG: Die Ergebnisse der Untersuchung zeigen, dass die Konditionierung und die Erwartung signifikante Wirkungen in einem experimentellen Juckreiz-Modell haben. Bezüglich der Juckreizstärke war eine pharmakologisch inaktive Infusion im Kontext einer Konditionierung und Instruktion einer pharmakologisch aktiven Substanz gegenüber überlegen. Durch die Konditionierung und Steigerung der Erwartung kann die Wirkung von juckreizreduzierenden Medikamenten bei Patienten mit atopischer Dermatitis signifikant verstärkt werden.
BACKGROUND: With a lifetime prevalence of about 10-25% atopic dermatitis (AD) belongs to one of the most common skin diseases. Pruritus is the main symptom of AD. Although antihistamines are often used to treat pruritus in AD patients, these show a high variance regarding their effectiveness. Pain and pruritus show many similarities in the neurophysiological pathway. In the field of analgesia the pain-reducing impact of the placebo effect has already been demonstrated in many studies. In this work the intensity and duration of the placebo effect in patients with AD was examined. Therefore, the effect of a placebo and verum linked to conditioning and instruction on the intensity of a histamine-induced itch in AD patients was studied. MATERIAL AND METHODS: The probands were randomly divided into two groups (placebo/ verum). At two consecutive examination days pruritus was triggered by intracutaneous application of histamine embedded in a defined psychological setting (placebocharacteristics: infusion, marking; environment: hospital; physician's behaviour: words, attitude; interaction with the patient). The probands learned stimulus-response-associations by the repeated link of stimuli (conditioning). The verum group received the pharmacological active infusion (the antihistamine dimetindenmaleat) without conditioning and instruction in a hidden setting. The placebo group received the pharmacological inactive infusion (sodium chloride) with conditioning and instruction in an open setting. Data of the subjective parameter itch intensity, but also whealsize and flaresize were assessed. Furthermore the AD severity from each patient was determined before and after the experiment. RESULTS: The verum group showed a significant lower itch intensity (p=0.009) and smaller flaresize (p<0.001), but no significant change in the whealsize (p=0.179) after the intervention. The placebo group also presented a significant lower itch intensity (p<0.001), a significant smaller flaresize (p=0.041) and whealsize (p=0.025). The itch intensity after intervention was significantly (p=0.004) different among the investigated groups. The itch in the placebo group was less intense than in the verum group. By contrast, the verum group showed a significant smaller flaresize (p=0.025). Changes in the whealsize showed no significant difference in the group comparison (p=0.212). CONCLUSION: The results of this study show that the use of conditioning and expectation is significantly effective in an experimental itch model. The pharmacological inactive infusion was superior to the pharmacological active infusion in the context of conditioning and instruction. The findings of this study suggest that the effect of antipruritic therapeutics can be significantly increased by the application of conditioning and expectation in AD patients.