Hintergrund: Der Tinnitus ist durch seine Multidimensionalität ein nur schwer durchschaubares Krankheitsbild. Um in Zukunft die bestehenden Behandlungskonzepte verbessern sowie effizientere Alternativen entwickeln zu können, ist es dringend erforderlich eine exakte Kenntnis von Ätiologie und Chronifizierungsmechanismen zu besitzen. Methode: Es wurden 250 Patienten mit chronischem Tinnitus untersucht und deren Angaben vom Aufnahmetag in die ambulante Tinnitusbehandlung retrospektiv ausgewertet. Als Messinstrument für die Tinnitusbelastung kamen sowohl der Tinnitus-Fragebogen nach Goebel und Hiller als auch drei Visuelle Analogskalen zum Einsatz. Die damit in Beziehung zu setzende Angstsymptomatik wurde mithilfe des Generalized Anxiety Disorder Screeners detektiert, während das Stressempfinden anhand des Perceived Stress Questionnaire, der Skalen zur Perceived Availability of Social Support, des Proactive Coping Inventorys und des Fragebogens zu Selbstwirksamkeit, Optimismus und Pessimismus ermittelt wurde. Jeder dieser Fragebögen wurde von den betroffenen Personen durch subjektive Selbsteinschätzung beantwortet. In die Untersuchung der Patienten war darüber hinaus die audiometrische Beurteilung des Hörvermögens inbegriffen. Ergebnisse: Ein Zusammenhang zwischen Angstsymptomatik und Tinnitusbelastung konnte aufgezeigt werden. Dieser besitzt seine markanteste Ausprägung für das weibliche Geschlecht in der Altersgruppe bis 45 Jahre. Ebenfalls in dieser Altersklasse, allerdings bei den männlichen Tinnituspatienten, konnte zugleich das höchste Stressempfinden eruiert werden. Es bestand eine Korrelation auf mittelgradigem Niveau zwischen dem Stresserleben der Patienten und ihrer Beeinträchtigung durch das Ohrgeräusch. Zusammengefasst korrelierten die Subskalen psychische und emotionale Belastung des TF am hervorstechendsten sowohl mit dem ausgemachten Angstempfinden als auch mit dem angegebenen Maß an Stress. Schlussfolgerung: Die vorliegenden Ergebnisse bekräftigen den Stellenwert sowohl der Angststörung als auch des Stressempfindens bei von Tinnitus betroffenen Patienten. Daraus abgeleitet sollten chronische Tinnituspatienten frühzeitig auf das Vorliegen dieser Faktoren untersucht und wenn nötig behandelt werden. Konkrete Empfehlungen sind der Einsatz von Messinstrumenten, welche das Vorhandensein psychischer Komorbiditäten bei an Tinnitus Erkrankten überprüfen sowie ferner die feste Integration des Stressmanagements in die bestehenden Therapiekonzepte.
Background: Due to its multidimensionality tinnitus is a complex disease. To improve existing treatment protocols and develop more efficient alternatives it is necessary to have an exact knowledge of aetiology and mechanisms of chronicity. Methods: We studied 250 patients with chronic tinnitus and analysed their information from admission to outpatient treatment retrospectively. As a measurement tool for tinnitus distress the Tinnitus Questionnaire of Goebel and Hiller were used, as well as three visual analogue scales. The anxiety disorder was detected by using the Generalized Anxiety Disorder Screener. Examining the perception of stress, the Perceived Stress Questionnaire, the scale for Perceived Availability of Social Support, the Proactive Coping Inventory and the Questionnaire on Self-efficacy, Optimism and Pessimism were utilized. Each of these questionnaires was answered via subjective self-assessment. Furthermore, the audiometric assessment of the patients’ hearing was included. Results: An association between anxiety symptoms and tinnitus distress was demonstrated. Its most striking characteristic was found in the female sex within the age group of up to 45 years. Also within this age group, but in male tinnitus patients, the highest perception of stress was elicited. There was a correlation on a moderate level between the stress experience of patients and their impairment by tinnitus. The subscales of the Tinnitus Questionnaire’s mental and emotional burden correlated most with the anxiety sensitivity and the level of distress. Conclusion: The present results confirm the importance of both anxiety and distress in patients affected by tinnitus. As a result, chronic tinnitus patients should be examined on an early stage for the presence of these factors and treated if necessary. Specific recommendations include the use of measuring tools, which detect psychiatric comorbidity in patients suffering from tinnitus, as well as the detailed integration of stress management in the existing therapeutic concepts.