Hintergrund: In Deutschland besteht durch eine ungünstige Verteilung zwischen ländlichen und städtischen Gebieten ein Ärztemangel, der von einer ebenso unproportionalen Verteilung zwischen alten und neuen Bundesländern begleitet wird. Die regionalen KVen der betroffenen Bundesländer erproben seit einigen Jahren entsprechende Maßnahmen, um Ärzte für defizitär versorgte Regionen zu gewinnen. Die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg Vorpommern (KVMV) beauftragte das Institut für Allgemeinmedizin der Charité mit der unabhängigen Evaluierung der in Mecklenburg-Vorpommern (MV) realisierten „arztentlastenden, gemeindenahen, E-Health gestützten systemischen Intervention“ (AGnES-Projekt), um gemäß internationaler Empfehlungen zur Programmevaluierung die durch den Projektträger (Institut für Community Medicine der Universität Greifswald) vorgenommene interne Projektevaluierung zu ergänzen. Die unabhängige Evaluierung wurde als Spätevaluierung konzipiert. Methodik: In der Zeit vom 01.02.2008 bis 30.12.2008 wurden folgende Arbeitsbereiche realisiert: 1\. Quantitative Befragung aller Hausärzte MVs zur Einstellung gegenüber dem AGnES-Projekt; möglich-delegierbare Anteile der Hausbesuchstätigkeit; erforderliche Kompetenzen von Arzthelferinnen; Präferenzen und Selbstverständnis bezüglich berufsübergreifender Behandlungssteuerung, 2\. Fallbezogene Vorher-Nachher-Studie von Patienten-Outcomes bei über 75 jährigen Patienten mit Hochdruck und Diabetes, die im Hausbesuch ≥ fünf mal von AGnES- Schwestern in MV betreut wurden 3\. Qualitative Befragung der am AGnES-Projekt beteiligten Ärzte und Arzthelferinnen Ergebnisse: An der quantitativen Befragung beteiligten sich 515 von 1096 registrierten Hausärzten (47 %). Die Akzeptanz des AGnES-Konzeptes war bei der Hausärzteschaft MVs relativ hoch. Die Delegierung wurde vor allem von jüngeren Ärzten und Hausärztinnen befürwortet, die auch schon zum Zeitpunkt der Befragung Hausbesuche durch ihre medizinischen Fachangestellten (MFAs) durchführen ließen. Vor allem würden Hausärzte Tätigkeiten delegieren wie z. B. Temperaturmessung, Blutzuckerbestimmung, Blutdruckmessung und Blutentnahme (venös). Der Übernahme der erforderlichen Qualifizierung der MFAs für die Hausbesuchsdurchführung stand die Mehrzahl der Befragten ablehnend gegenüber. Im Rahmen der fallbezogenen Vorher-Nachher-Studie konnten 24 über 75-jährige Patienten mit Hochdruck und Diabetes eingeschlossen werden, die mindestens fünf Mal zusätzlich im Hausbesuch pro Jahr betreut wurden. Es resultierten bei ihnen häufigere Kontrollen und bessere Einstellungen der medizinischen Parameter (Blutdruck, Blutzucker, HbA1C, Kreatinin). Die Berufszufriedenheit der Hausärzte und der AGnES-Schwestern wurde positiv beeinflusst. Schlussfolgerung: Die Beteiligung der Hausärzte aus MV an der Befragung zum AGnES Projekt war überdurchschnittlich gut und kennzeichnet ihr großes Interesse an der Problematik. Die Meinung der Hausärzte sollte bei der Entwicklung zukünftiger arztentlastender Versorgungskonzepte stärker berücksichtigt werden, um die Attraktivität der strukturschwachen Regionen für den Nachwuchs zu erhöhen. Die Delegierung von Hausbesuchstätigkeiten an MFAs unterstützt die Anerkennung dieser Berufsgruppe. Zukünftig könnten komplexe populationsbezogene sektorenübergreifende Versorgungsnetze mögliche Lösungswege für eine optimierte Versorgung multimorbider älterer Patienten insbesondere in strukturschwachen ländlichen Regionen darstellen.
Background: Germany’s crisis in ambulatory adult care is characterized by shortages in numbers and maldistribution of primary care practitioners (PCPs) particularly in rural areas and in the eastern states. Regional associations of statutory health insurance physicians (KV) in the affected states are trying out different measures to entice physicians. The KV of Mecklenburg Western Pomerania (MV) commissioned the Institute for General Medicine of the Charité-Universitätsmedizin Berlin to independently evaluate the AGnES project, in accordance with international guidelines for program evaluation. This evaluation was conducted independently from the project implementors (Institut für Community Medicine der Universität Greifswald). Methods: This study, conducted between February and December 2008, included three phases: 1\. quantitative postal survey of all PCPs working in MV, regarding their attitude towards the AGnES project, identification of home visit tasks they would delegate to a qualified practice assistant (MFA), their preferred profile, organizational and preventive skills expected of an MFA conducting home visits 2\. Before and after study on patient outcomes, of all patients aged ≥75 with hypertension and diabetes receiving at least five home visits from the MFA during the study period 3\. Qualitative interviews of all PCPs and MFAs participating in the AGnES project Results: 515 of 1096 (47 %) registered PCPs responded the survey. The acceptance of home visits delegation to qualified MFAs was high. Delegation was mainly supported by younger, female and those PCPs already informally delegating some home visits to their MFAs. Home visit tasks acceptable for delegation were identified (i.e. take temperature, measure blood sugar, take blood pressure and obtain venous blood samples). PCPs were finding it too expensive to cover costs of PAs’ training. The before and after study included 24 patients. They showed improved outcomes regarding the number of controls and medical parameters values (blood pressure, blood sugar, HbA1C, Creatinine). Participation in the AGnES project had a positive effect on the work satisfaction of PCPs and MFAs. Conclusions: The high response rate (almost 50%) shows the relevance of the topic to PCPs in MV. The opinion and perceptions of PCPs practicing in affected areas should be taken into account when introducing health care reforms and strategies aiming to attract young PCPs to rural areas. Delegation of home visits to MFAs supports the mutual recognition of cadres. Complex population based integrated interventions to improve health care delivery should include addressing solutions to improve the quality and delivery of care to older patients in rural regions.