Depression ist die häufigste psychische Erkrankung des Menschen. Die Zahl der Betroffenen nimmt seit Jahren stetig zu und damit die Notwendigkeit, bestehende Therapien zu verbessern und neue zu entwickeln. Seit über fünfzig Jahren steht das serotonerge Transmissionssystem im Interessensfokus der neuropharmakologischen Forschung zur Aufklärung der genauen Ätiopathogenese der Depression. Anfangs wurde in Neurotransmitterimbalancen die Ursache für die Entstehung einer Depression gesehen. Neuere Befunde vor allem aus PET- Studien zeigen Veränderungen in Serotoninrezeptordichten und -bindungskapazitäten in Gehirnarealen, die mit der Krankheit Depression in Verbindung gebracht werden. Besondere Aufmerksamkeit wird dem 5-HT1A-Rezeptor gewidmet. Dieser zeichnet sich dadurch aus, dass er in zwei Lokalisationen exprimiert wird: als präsynaptischer somatodendritischer Autorezeptor in der Raphe und als postsynaptischer Heterorezeptor in den Projektionsgebieten serotonerger Neurone wie Cortex und Hippocampus. An unserem Institut existiert erstmalig eine Mauslinie, die den 5-HT1A-Rezeptor postsynaptisch im Cortex und Hippocampus überexprimiert. Ziel dieser Arbeit war, die Rolle des postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptors im depressionsähnlichen Verhalten dieser Mäuse nach der Behandlung mit Antidepressiva, die unterschiedlich am serotonergen und noradrenergen Transmissionssystem angreifen, in zwei Verhaltenstests (Porsolt-Schwimmtest und Open-field Test) zu untersuchen. Zusätzlich wurden die Tiere in einem Tiermodell der Depression (Sucrose- preference Test) getestet. Das Verhalten der transgenen Tiere wurde mit dem von Wildtyptieren verglichen. Um eine von Bert et al. (2006) postulierte Stressresistenz der transgenen Tiere zu überprüfen, wurde die Reaktion der Mäuse auf definierte Stressreize mittels Radiotelemetrie gemessen und aufgezeichnet. In einer geschlechtervergleichenden Rezeptorautoradiographie wurde mit [3H]8-OH-DPAT das Verteilungsmuster des 5-HT1A-Rezeptors von transgenen und Wildtyptieren untersucht. Im Porsolt-Schwimmtest, einem Test zur Beurteilung der antidepressiven Potenz eines Pharmakons verhielten sich die transgenen Mäuse ohne Substanzapplikation so, als wären sie mit einem Antidepressivum behandelt worden. Dies wurde im Sucrose-preference Test, einem Modell, welches das Freudverhalten der Tiere (Hedonie) untersucht, bestätigt. Sie zeigten nach einer chronischen, milden Stressperiode ein gleichbleibendes Maß an Hedonie und bestätigten den „antidepressiven“ Phänotyp aus dem Porsolt- Schwimmtest. Der Vergleich der Immobilitätszeiten des vollen (8-OH-DPAT) und des partiellen 5-HT1A-Rezeptoragonisten (Buspiron) scheint die Hypothese, nach der die Überexpression zu einer postsynaptischen Rezeptorreserve geführt hat, zu bestätigen. Auf Grund der Auswirkungen beider Substanzen auf die motorische Aktivität der Tiere konnte dies jedoch nicht mit Sicherheit festgestellt werden. Die Behandlung mit Citalopram, einem Selektiven Serotonin Wiederaufnahmehemmer (SSRI), hat bei beiden Genotypen und Geschlechtern eine Abnahme der Immobilitätszeit bedingt. Der besonders ausgeprägte Effekt bei den transgenen Tieren unterstreicht die Rolle des postsynaptischen 5-HT1A- Rezeptors im Wirkungsmechanismus dieses SSRI. Die Effekte von Reboxetin, einem Selektiven Noradrenalin Wiederaufnahmehemmer (SNRI), auf das Schwimmverhalten der transgenen Mäuse waren überraschend. Die Behandlung mit Reboxetin veränderte die Immobilitätszeit der transgenen Tiere nicht. Dieses Ergebnis belegt die Schwierigkeit nur ein Transmissionssystem isoliert zu untersuchen. Der Eingriff in das physiologische Gleichgewicht durch die Überexpression hat bei den transgenen Tieren zu einem erhöhten Noradrenalinspiegel im Hypothalamus geführt. Dieser hat möglicherweise Auswirkungen auf die Rezeptorsensibilitäten des noradrenergen Systems, was so die fehlende Wirkung von Reboxetin bei den transgenen Tieren im Porsolt-Schwimmtest erklären könnte. Die Ergebnisse zum depressionsähnlichen Verhalten nach der Behandlung mit Tianeptin, einem atypischen Antidepressivum, das die Wiederaufnahme von Serotonin beschleunigt (SSRE), sind dahingehend zu interpretieren, dass die akute Wirkung von Tianeptin, die eine Abnahme der Immobilitätszeit zur Folge hat, durch den postsynaptischen 5-HT1A-Rezeptor vermittelt wird, die Überexpression diese Wirkung aber nicht begünstigt. Aus den Ergebnissen der Radiotelemetrieversuche lässt sich die postulierte Stressresistenz ableiten. Die transgenen Tiere zeigen im Gegensatz zu den Wildtyptieren nach der ersten NaCl-Injektion keinen Anstieg der Körpertemperatur. Dieses Ergebnis sollte, beispielsweise durch Corticosteronbestimmung, verifiziert werden. Die Bilder der Rezeptorautoradiographie zeigen eine ausgeprägte Überexpression des 5 -HT1A-Rezeptors bei den transgenen Tieren in den untersuchten Regionen des Cortex und Hippocampus. Die Expression des 5-HT1A-Rezeptors war bei den weiblichen Tieren beider Genotypen höher als bei den männlichen. Hierin ist wahrscheinlich die neurobiologische Grundlage für Geschlechterdifferenzen im depressionsähnlichen Verhaltender Maus zu suchen.
Depression is the most common psychiatric disorder in humans. The number of patients has been increasing for years which, in turn, rised the necessity to improve existing treatments and to develop new ones. For over fifty years the serotonergic system has been in focus of neuropharmacologic research with the aim of discovering the exact pathogenesis of depression. In the beginning an imbalance of transmitters was thought to be the cause for developing depression. More recent results, especially from PET-studies, showed changes in the concentration and binding potential of serotonin receptors in brain areas that have been linked with depression. Special attention has been paid to the 5-HT1A-receptor. It is notable by being expressed in two locations, presynaptic as a somatodendritic autoreceptor in the raphe and postsynaptic as a heteroreceptor in the areas of projections of serotonergic neurons, e.g. cortex and hippocampus. At our institute exists for the first time a mouse line overexpressing the 5-HT1A-receptor postsynaptically, mainly in cortex and hippocampus. Aim of this study was to investigate the role of the postsynaptic 5-HT1A-receptors for depression-like behaviour in these mice after treating them with antidepressants, that affect either the serotonergic or noradrenergic transmission system in two behavioural tests. Additionally the animals were tested in an animal model of depression. The behaviour of transgenic animals was compared with wild type mice behaviour. In order to test a stress resistance of the transgenic animals, as postulated by Bert et al. (2006), the reaction of mice to defined stress stimuli was measured by radiotelemetry. In a receptor autoradiography using [3H]-labeled 8-OH-DPAT, the distribution pattern of the 5-HT1A-receptor in transgenic and wild type mice as well as male and female mice was compared. In the Porsolt-swim test, a test to assess the antidepressant potential of a drug, non-treated transgenic mice behaved as if they had been treated with antidepressants. This was supported in the sucrose-preference test, a model that examines hedonistic impulses of the animals. After a chronic mild phase of stress, they still showed a constant level of hedonic behaviour and thus affirmed the „antidepressant“ phenotype at the Porsolt-swim test. The comparison of immobility times between the full (8-OH-DPAT) and partial 5-HT1A-agonist (buspirone) seemed to confirm the hypothesis that the overexpression led to a postsynaptic receptor reserve. Since both substances affect the animal´s locomotor activity, this could not be proved conclusively and needs further elucidation. Treatment with citalopram, a selective serotonin reuptake inhibitor (SSRI), caused decreased immobility times in both genotypes and sexes. The marked effect in transgenic animals underlines the role of 5-HT1A- receptors in the mediation of the antidepressant effect of Citalopram The effects of reboxetine, a selective noradrenalin reuptake inhibitor on the swimming behaviour of transgenic mice were surprising. The administration of reboxetine did not have a modulating effect on the immobility time. This shows the challenge set by trying to examine only one transmission system isolatedly. The change of the physiologic balance, the overexpression, led to an increase of the level of noradrenalin in the hypothalamus. This might have affected the sensibility of the noradrenergic receptors and could explain the lack of effect of reboxetine in transgenic animals in the Porsolt-swim test. The results concerning depression-like behaviour after treatment with tianeptine, an atypic antidepressant which enhances the reuptake of serotonin (SSRE), suggest that the acute effects of tianeptine in the Porsolt-swim test, the decreased immobility time, are not primarily caused by the postsynaptic 5 -HT1A-receptor. The results of the radiotelemetric study confirm the postulated stress resistance of transgenic mice. The transgenic animals showed no increase in body temperature after the first saline-injection in contrast to the wild type. The images of the receptor autoradiography showed a marked overexpression of the 5-HT1A-receptor in areas of cortex und hippocampus. The expression of the 5-HT1A-receptor in female animals of both genotypes was higher than in the males.