Einleitung: Etwa die Hälfte der ischämischen Schlaganfälle ist auf ungesunde Lebensstilfaktoren zurückzuführen. Allein durch die Reduktion modifizierbarer Risikofaktoren, wie arterielle Hypertonie, Rauchen und Hypercholesterinämie, kann ein großer Teil der Schlaganfälle verhindert werden. Ergebnisse großer Kohortenstudien weisen darauf hin, dass ein niedriger sozioökonomischer Status und eine Migrationsgeschichte das Risiko für einen Schlaganfall steigern. Risikofaktorwissen ist eine Voraussetzung dafür, dass Betroffene Maßnahmen zur Verhaltensmodifikation einleiten und Behandlungen zur Reduktion von Risikofaktoren in Anspruch nehmen. Die vorliegende Arbeit soll Aufschluss darüber geben, welchen Einfluss verschiedene soziale und demographische Faktoren, dabei insbesondere der Migrationshintergrund und sozioökonomische Faktoren, auf das Risikofaktorwissen einer gezielten Gruppe von Schlaganfallpatienten in Berlin ausüben, um mögliche Ansätze für die Sekundärprävention in dieser oder ähnlichen Bevölkerungsgruppen zu liefern. Methodik: Die vorliegende Promotionsarbeit wurde im Rahmen der Neuköllner Schlaganfallstudie (NESS), einem populationsbasierten Schlaganfallregister durchgeführt, welches auf die Ermittlung aller Schlaganfälle in einer geographisch definierten Region in Berlin, Deutschland, abzielt. Die Studienregion wurde, mithilfe des Einwohnermeldeamtes Neukölln, anhand von Postleitzahlen exakt definiert. Berücksichtigt wurden, entsprechend der WHO- Kriterien, alle Patienten mit erstmaligem Schlaganfall, deren klinische Symptome länger als 24 Stunden anhielten oder vorher zum Tode führten. Grundlage der Datenerhebung bildeten das ADSR-Basismodul, der Befragungsdatensatz sowie der Fragebogen zum Schlaganfallwissen. Eine Subgruppe der Schlaganfallpatienten wurde persönlich oder telefonisch mittels eines standardisierten Fragebogens zum Risikofaktorwissen befragt. Ergebnisse: Im Zeitraum von Februar 2010 bis Januar 2012 wurden 377 Schlaganfallpatienten in die NESS eingeschlossen. Hiervon wurden 216 Patienten zum Risikofaktorwissen befragt. Das Wissen um Risikofaktoren bei Schlaganfallpatienten war insgesamt gering. Ein «Mangelndes Risikofaktorwissen» war signifikant häufiger bei den über 74-Jährigen (p<0,001), bei Personen mit Migrationshintergrund (p=0,024), bei Befragten, die vor dem Schlaganfall in einer Pflegeeinrichtung lebten bzw. zu Hause gepflegt wurden (p=0,007), sowie denjenigen mit unter 13 Schul- und Ausbildungsjahren (p=0,001), mit einem niedrigen Schul- (p=0,031) und Berufsabschluss (p=0,037) sowie Erwerbslosen (p=0,041) zu verzeichnen. Die multiple logistische Regressionsanalyse zeigte, dass vergleichsweise ältere Befragte (>74 Jahre) und Befragte mit einem Migrationshintergrund signifikant häufiger über mangelndes Risikofaktorwissen verfügten. Schlussfolgerung: Das Wissen um Risikofaktoren bei diesen Schlaganfallpatienten ist gering, insbesondere bei Personen mit Migrationshintergrund, niedrigem Bildungsstand sowie der älteren Bevölkerung. Schlaganfallpatienten sollten bereits im Rahmen der Akutbehandlung in Schulungsprogramme eingegliedert werden. Hausärzte und Krankenhausärzte sollten gezielt Schlaganfallpatienten sowie die ermittelten Hochrisikogruppen über Möglichkeiten der Risikoreduktion aufklären. Um auch Personen mit Migrationshintergrund den Zugang zu Schlaganfall-Information zu gewährleisten, müssen sprachliche und kulturelle Barrieren vermindert werden. Migranten sowie die weiteren Hochrisikogruppen sollten gezielt in Studien rekrutiert und in Bildungsprogramme einbezogen werden.
Introduction: Approximately half of all ischemic strokes can be attributed to unhealthy lifestyle factors. Many strokes might therefore be avoided by reducing modifiable risk factors, such as hypertension, smoking and hypercholesterolemia. Evidence from large cohort studies indicates that a lower socio-economic status and a history of migration increase the risk of stroke. Risk factor knowledge is prerequisite for the behavioural changes or uptake of treatments required to reduce those risks. This study aims to examine the impact of various social and demographic factors, in particular the migration background and socio-economic factors, on risk factor knowledge in a subgroup of a cohort of stroke patients in Berlin. The study results might provide approaches relevant for secondary prevention in this, or similar, populations. Methodology: The study was conducted as part of the Neukölln Stroke Study (NESS), a population-based stroke register, which aims to record all cases of stroke in a geographically defined area of Berlin, Germany. The study area was defined precisely with assistance of the registration office Neukölln, in terms of postal codes. Stroke was defined by the WHO criteria. Patients with first-ever stroke, with clinical symptoms lasting longer than 24 hours or leading to death before this time were included in the study. The data collection consisted of the ADSR-module, the survey dataset and the questionnaire on stroke knowledge. A subgroup of stroke patients was interviewed face to face or by telephone using a standardized questionnaire to assess stroke risk factor knowledge. Results: In the period from February 2010 to January 2012, 377 patients with stroke were included in the NESS. From this total, 216 eligible patients were interviewed about risk factor knowledge. Overall, knowledge of risk factors in these stroke patients was low. A lack of risk factor knowledge occurred significantly more often in the over 74-year-olds (p<0,001), people with migration background (p=0,024), people who received care at home or in an institution (p=0,007) and those who had less than 13 years of education (school and work) (p=0,001), those with a low graduation degree (p=0,031) and work degree (p=0,037) as well as unemployed persons (p=0,041). Multiple logistic regression analysis showed that the elder population (>74 years) and people with migration background had significantly more often a lack of risk factor knowledge. Conclusion: Knowledge of risk factors amongst these stroke patients was low, especially amongst people with migration background, those with lower educational status and in older people. Stroke patients should be included in education programs during the acute hospital admission. Physicians and hospital doctors should inform all stroke patients (including the high risk groups identified) about possibilities of risk reduction. Access to stroke information might be made easier for people with migration background by reducing language and cultural barriers. Migrants and other high risk groups should be included in studies of the delivery of education programs.